Liebe Leserin, lieber Leser,

die schöne neue Welt der Elektromobilität ist eine des Umsturzes: Laut Reuters und anderen liebäugelt auch Foxconn schon länger mit einem Einstieg in die Automobilherstellung und realisiert das nun mit Fisker als Partner. Das taiwanesische Unternehmen ist einer der größten Elektronikhersteller und Auftragsfertiger für so ziemlich alle Elektronik-OEMs von Rang und Namen. Geplant ist ab 2023 eine Fertigung von bis zu 150.000 Fahrzeugen pro Jahr an einem Foxconn-Standort in den USA. Zielpreis: 30.000 US-Dollar.

Für die etablierten Autohersteller weist die Meldung auf eine Tendenz: Es werden längerfristig stetig mehr Fische im Becken, Tesla und die chinesischen Hersteller wie Geely oder BYD waren erst der Anfang. Die Einstiegsschwelle wird geringer und der Druck steigt; sowohl die Umstellung auf Elektromobilität mit einfacheren Antriebsstrukturen als auch das viele "billige" Geld durch geringe Verzinsung für die ohnehin ertragsstarken Elektronikfirmen machen es möglich. Mit anderen Worten, die Auto-OEMs müssen sich auf Dauer warm anziehen, weil der bisherige Schutzmechanismus der hohen Investitionssummen in Produktionsstätten stetig abnimmt, ebenso wie jener der teuren F&E im Bereich Verbrennungsmotor beziehungsweise Gesamtfahrzeug. Dem stehen günstiger und flexibler realisierbare Elektromobilitäts-Plattformkonzepte samt ihrem Elektronik- und Softwareanteil diametral entgegen. Der Einstieg von der Elektronik- und Softwareseite her erscheint da dank Kompetenz logisch, mit einer selbstbewussten Haltung oder Ignoranz gegenüber dem mechanischen Anteil des Fahrzeugs von Chassis bis NVH-Themen - oder es liegt schlicht die Annahme zugrunde, dies zukaufen zu können. Möglich ist es, davon zeugt im vorliegenden Fall die Kooperation mit Fisker und dessen Know-how, aber auch Aktivitäten wie die von Magna für den Sony Vision-S. Man wird sicherlich mehr davon sehen in Zukunft. Denn neben den etablierten Fahrzeugherstellern könnte sich meiner Ansicht nach eine Schicht von Playern bilden, die als Dienstleistung die Visionen von Startups, Elektronikhersteller und anderen auf drei, vier oder mehr Räder stellen - eine Wachstumschance, die allerdings zu hoher Veränderungsbereitschaft und -geschwindigkeit zwingen würde.

Auftragsfertiger wäre eine mögliche künftige (zusätzliche) Positionierung auch für den einen oder anderen OEM: als Weg, um weiterhin wettbewerbsfähige Stückzahlen produzieren zu können, statt irgendwann scheibchenweise unter die Räder zu kommen.

Viel Spaß bei der Lektüre des Hefts.

Robert Unseld

Verantwortlicher Redakteur

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