Liebe Leserin, lieber Leser,

in einer Infografik von EnBW zum Thema Rekuperation fährt ein Auto bergauf und leert seine Batterie, nach der folgenden gleich langen Bergabfahrt ist die Batterie stärker geladen als zuvor. Künstlerische Freiheit, leider unrealistisch, aber ein Thema, über das man nachdenken sollte: Bei Aufzügen in Häusern ist es zwar häufig so, dass Rekuperation gefordert wird, aber in der Anwendung durch höhere Verlustleistung des rückspeisefähigen Inverters sogar mehr Energie benötigt wird als ohne Rückspeisung. Beim Kraftfahrzeug ist das Thema technisch aufwendig und ein Ertrag ebenfalls nicht zu 100 % sicher.

Zwar bremsen Pkw häufig, allerdings hängt die Effizienz der Rekuperation stark vom Nutzerverhalten und der Topologie ab. Da bei leichter Bergabfahrt Segeln besser sein kann als Rekuperieren, erfordert der Einsatz der Funktion für eine optimale Nutzung letztlich eine ständige aktive Beschäftigung mit den beiden Modi, nach heutigem Stand durch den Nutzer: nichts für technik-averse Fahrer. Und weil davon auszugehen ist, dass es letztlich jedem so geht, dass er sein Fahrzeug nicht immer perfekt führt, sollte man für die Optimierung von (Elektro-)Fahrzeugen der Umwelt zuliebe zur Automatisierung greifen: Das Fahrzeug muss regelungstechnisch selbst umschalten - die Topologie- plus Fahrdynamikdaten stehen dafür ja potenziell zur Verfügung. Dieser Weg sollte neben besseren internen elektrischen Wirkungsgraden verfolgt werden, um im echten Leben besser zu werden: Der Verbrauchswert eines Fahrzeugs pro 100 km liegt beim ADAC-Ecotest beispielsweise bei real 27,6 kWh und der WLTP-Wert bei 22 kWh. Der Unterschied beträgt also rund 20 %. Allein dieses Delta gibt einen Anhalt für mögliche Verbesserungen.

Nota bene, das gewählte Fahrzeugbeispiel ist mit 294 kW Leistung hoch angesiedelt. Will man den grünen Weg, als der die Elektromobilität insgesamt gern verkauft wird, konsequent beschreiten, gibt es eine weitere (bittere) Pille, die man schlucken muss: Man kann letzten Endes nicht denselben Fehler machen wie beim Fernsehgerät. War man früher mit einem (bösen) 84-cm-Röhrengerät und dessen "zu hoher" Stromaufnahme von 80 bis 100 W aus ökologischen Gründen unzufrieden, sitzt man heute vor (guten) LCD-Geräten - allerdings mit 65 Zoll Diagonale und 200 bis 300 W Stromaufnahme. Askese ist zugegeben nicht immer schön, aber am Ende des Tages müsste es beim Pkw mit seiner durchschnittlichen Motorleistung von 116 kW (Statista, 2019) vielleicht anders laufen.

Viel Spaß bei der Lektüre des Hefts.

Robert Unseld

Verantwortlicher Redakteur

figure 1