Liebe Leserin, lieber Leser,

die deutsche Automobilindustrie ist für ihre Qualität und Innovationskraft weltweit anerkannt. Somit sind auch deutsche Ingenieure international gefragt, in den vergangenen Jahren unter anderem verstärkt in der Entwicklung von Elektrofahrzeugen. So wechseln führende Entwickler von deutschen zu chinesischen Automobilherstellern, vielmehr zu Elektrofahrzeugmarken. Diese bieten Elektroautos in China und bald auch in Europa wesentlich offensiver an, als es klassische OEMs derzeit vermögen. Denn die etabierten Hersteller haben mit internen Interessenskonflikten zu kämpfen. Das ist nachvollziehbar, schließlich bieten sie parallel verbrennungsmotorisch befeuerte Automobile an, mit denen sie viel Geld verdienen. Bedeutende Industriezweige leben davon.

„Exportschlager German Engineers“, so könnte man den Trend formulieren: Prominente Beispiele sind der ehemalige BMW-i8-Chefentwickler Carsten Breitfeld und der ehemalige BMW-Entwickler Marcus Hafkemeyer. Breitfeld führt jetzt Byton an, die Submarke von Future Mobility, die sich sinnbildlich mit „Bytes on Wheels“ auf erlebnis- und serviceorientierte Konnektivität spezialisiert. Hafkemeyer verantwortet die E-Antriebe von BJEV, der Elektroauto-Submarke von BAIC, einem der großen chinesischen OEMs. Es ließen sich weitere führende Ingenieure aus Deutschland nennen, die ihren heimischen Arbeitgebern den Rücken kehrten: Im April heuerte Dr. Karl-Thomas Neumann bei Evelozcity an. Der ehemalige Opel-Chef engagiert sich fortan für nachhaltige urbane Logistiklösungen auf elektrischen Achsen. Allen Genannten gemeinsam mag die Überzeugung sein, mehr in der Elektromobilität und Konnektivität bewegen zu können, als es ihnen vermutlich bei den bisherigen klassischen Autobauern in Deutschland möglich war.

Die langgedienten Ingenieure machen die vergleichsweise jungen und unerfahrenen Elektroautobauer zu richtig guten OEMs. Unter anderem vermitteln sie deutsche Zulieferer, die endlich mit den lang erwarteten repräsentativen Abnahmemengen rechnen können. Und die deutschen Autobauer? Einige beteiligen sich an den chinesischen Unternehmen, übrigens über die von der chinesischen Regierung verordneten Joint Ventures hinaus, wie jüngst Daimler mit einer Beteiligung von 3,9 % an BJEV.

Während manche Medien von einem „Elektroschock“ sprechen, dem die heimische Automobil- und Energieindustrie aktuell ausgesetzt sei, gilt es heute, bewährte und neue Rollenverteilungen realistisch zu bewerten — auch die guten Chancen deutscher Unternehmen. Die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) mag gescheitert sein, die Internationale wird gerade erfunden. So lädt die Stuttgarter Kongressmesse elect! am 8. und 9. Oktober 2018 zum Dialog ein, unter anderem mit asiatischen Größen.

Kommen Sie und engagieren Sie sich!

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