Liebe Leserin, lieber Leser,

man kennt das von der Rolltreppe am Flughafen. Betritt man oben das metallene Laufband, dann lässt sich gut mit einem amüsierten Schmunzeln beobachten, wie sich der ein oder andere Reisende unten verzweifelt damit abmüht, den Gepäckwagen wieder sicher auf festen Boden zu bugsieren, während Koffer und Taschen rundum von der Karre purzeln. Das Amüsement über solcherlei Schauspiel währt exakt so lange, bis man selbst am Treppenende angelangt ist und sich die Räder des eigenen Trolleys in den Rillen verkeilt haben.

Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Alter. Als jüngerer Mensch blickt man zuweilen mit einer gewissen Belustigung auf die Probleme bejahrterer Zeitgenossen und verschwendet wenig Energie auf den Gedanken, dass die Rolltreppe des Lebens jeden von uns dorthin transportiert, wo man Probleme mit den Taschen bekommt. Regelmäßig poppt die Frage nach der Fahrtüchtigkeit von Senioren in den Medien auf. Laut einer Studie des Umweltbundesamts ist die Mobilität der Älteren in den vergangenen beiden Jahrzehnten spürbar gestiegen.

Bei einer Umfrage des MDR von 2023 äußerte eine Mehrheit von 87 % der Teilnehmer die Ansicht, dass die Mobilität im hohen Alter wichtig sei. Darüber hinaus sprachen sich 75 % für Maßnahmen zur Überprüfung der Fahrtauglichkeit aus. AutoScout24 hat in Zusammenarbeit mit Innofact ebenfalls 2023 eine repräsentative Umfrage unter Autobesitzern durchgeführt, um herauszufinden, wie die Fahrer selbst zu diesem Thema stehen. Das Ergebnis ist eindeutig: 86 % der Befragten unterstützen die Idee einer Fahrtauglichkeitsprüfung. Eine entsprechende Regelung ist bei der EU in Arbeit. In Zukunft sollen Personen im Alter ab 70 Jahren möglicherweise alle fünf Jahre ihre Fahrtauglichkeit überprüfen lassen.

Im Gegensatz zur weit verbreiteten Annahme, dass ältere Autofahrer überdurchschnittlich viele schwere Unfälle verursachen, zeichnet die Unfallstatistik ein anderes Bild. Laut dem statistischen Bundesamt haben Personen ab 65 Jahren im Jahr 2021 lediglich 17,4 % der Unfälle mit Personenschaden verursacht. Dies entspricht allerdings weniger Unfällen, als ihrem Bevölkerungsanteil von etwa 22 % gleichkommen müsste. Manfred Wirsch, Präsident des deutschen Verkehrssicherheitsrats, meint daher, „dass verpflichtende Fahreignungstests für ältere Pkw-Fahrende derzeit nicht das erste Mittel der Wahl sein können“.

Wenig bekannt ist der Umstand, dass ein Tatter-TÜV auch zur Diskriminierung einer ganzen Gesellschaftsgruppe führen würde: Die Reaktionszeit nimmt im Alter bei Frauen stärker zu als bei Männern, sie müssten ihren Lappen daher wohl als erste abgeben.

Im Übrigen gäbe es ja auch eine deutlich einfachere und effektivere Methode, die Verkehrssicherheit in Deutschland sofort drastisch zu erhöhen. Sie trägt den Namen Tempolimit.

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Frank Jung

Redakteur