Bereits seit einigen Jahren dauert der regelrechte Hype ums autonome Fahren an. Technologien wurden entwickelt, und erste fahrerlose Fahrzeuge kommen bereits zum Einsatz. Doch obwohl Deutschland mit seiner starken Automobilbranche hier eine Vorreiterrolle einnimmt, lässt eine flächendeckende Nutzung für jedermann auf sich warten. Die Akteure der Mobilitätswende müssen jetzt aktiv werden, sonst wird China seinen Vorsprung weiter ausbauen.

Die Markteinführung des autonomen Fahrens lässt sich mit dem Gartner-Hype-Zyklus erklären. Zu Beginn haben alle Automobilhersteller ihre ersten SAE-Level-5-Fahrzeugkonzepte präsentiert und eine große Öffentlichkeitswirkung ausgelöst. Anschließend zeigten sich Erfolgsbeispiele, begleitet jedoch von zahlreichen gescheiterten Versuchen. Die hohen Erwartungen wurden enttäuscht, und das Interesse der Öffentlichkeit erschlaffte. In der heutigen Phase haben wir mittlerweile einen Punkt erreicht, an dem wir erste Markteinführungen feiern dürfen.

In Deutschland wurde die Erlaubnis zum autonomen Fahren auf öffentlichen Straßen bereits im Mai 2021 durch ein Gesetz verabschiedet - weltweit zum ersten Mal. Man mag meinen, dass damit der Weg für eine fahrerlose Zukunft geebnet wurde. Doch in der Realität blockieren infrastrukturelle Schwächen, mangelnde Bevölkerungsakzeptanz, Verantwortlich- und Zuständigkeiten den Fortschritt. In Deutschland fehlt es aktuell an einer zentralen Instanz; in anderen Ländern wie beispielsweise Österreich existiert eine solche Anlaufstelle bereits.

Aspekte, wie zum Beispiel Technikentwicklung, Wartung und Reparatur, Datensicherheit, Entscheidungsfindung in kritischen Situationen und insbesondere die Frage nach der Haftung bei Unfällen, müssen klar definiert werden. Nur so ist es allen Beteiligten im autonomen Fahrzeugsektor möglich, die Verantwortung für ihre jeweiligen Bereiche zu übernehmen. Und nur so kann gewährleistet werden, dass autonome Fahrzeuge auch sicher betrieben werden und Nutzende langfristig Vertrauen in eine autonome Mobilität gewinnen können. Um dies zu erzielen, könnte bereits die Einrichtung eines regelmäßigen runden Tischs mit allen relevanten Akteurinnen und Akteuren zur Identifizierung von Problemen und zur Diskussion konkreter Lösungsansätze hilfreich sein.

Durch den langsamen Fortschritt in Deutschland hinken wir hinterher, und Player wie China bauen ihren strategischen Vorsprung weiter aus. Eine gute Chance ergibt sich durch unsere potenten Automobilhersteller wie Volkswagen, BMW, Mercedes-Benz und Audi sowie Zulieferer wie Bosch, Continental und ZF, aber auch Firmen wie Infineon und Deloitte. Ein großer Vorsprung im Bereich Zertifizierung entsteht durch nationale Prüfserviceinstitutionen wie den TÜV, die bereits jetzt europaweit die Sicherheit und Regelkonformität hochautomatisierten Fahrens überprüfen. Ihre Zusammenarbeit und Koordination entscheiden letztlich über den Erfolg. Deutschland hat großartige Unternehmen mit dem notwendigen Know-how - worauf warten wir?