Liebe Leserin, lieber Leser,

Sie kennen das bestimmt auch: Da fährt ein Auto vor Ihnen, wird langsamer und wieder schneller und scheint Mühe zu haben, auf seiner Spur zu bleiben. Überholt man, ist gerade in der dunklen Jahreszeit gut zu sehen, dass sich der Fahrer auf sein hell erleuchtetes Smartphone konzentriert und, im Blindflug unterwegs, seine Fahraufgabe nicht so ernst nimmt.

Insbesondere junge Autofahrer lassen sich zum Hantieren mit dem Smartphone verleiten. Von den bis 25-Jährigen schrieben 5 % noch während der Fahrt eine Antwort, wenn sie eine Kurznachricht erhalten. 15 % der jungen Fahrer nutzten am Steuer das Smartphone — rund doppelt so viele wie im Durchschnitt. Dies sind die Ergebnisse einer Dekra-Umfrage für 2015. In den nächsten Jahren werden diese Zahlen sicher eklatant steigen. Eine Studie des Versicherers DA Direkt bestätigt die Beobachtung: Während der Fahrt nutzt jeder achte Autofahrer sein Handy zum Lesen und Schreiben von Nachrichten.

Laut ADAC spielt bei jedem zehnten Verkehrsunfall Unachtsamkeit eine entscheidende Rolle. Damit bewege sich die Unfallursache “Ablenkung“ bei Unfällen mit Getöteten in der gleichen Größenordnung wie bei jenen mit “Alkohol am Steuer“. Alkohol wird zwar vom Statistischen Bundesamt als Unfallursache erfasst, nicht aber das Thema Ablenkung. Als dringend notwendige Maßnahme nannte daher der Psychologe Gregor Bartl auf einem DVR-Kolloquium die standardisierte Erfassung dieser Unfallursache.

Den ersten Schritt zur Lösung hat Verkehrsminister Alexander Dobrindt nun gemacht. Er plant, die Geldbußen von 60 auf 100 Euro anzuheben, wenn während der Fahrt mobile Geräte benutzt werden. Ob das ausreicht? Tatsächlich würden nach Angaben der DA-Direkt-Studie deutlich mehr als die Hälfte der Befragten ihr Handy oder Smartphone erst dann nicht benutzen, wenn das Bußgeld spürbar erhöht würde, etwa auf 200 Euro. Doch müsste es mehr Kontrollen geben, um sie auch zu erwischen.

Im nächsten Schritt sind auch die Automobilhersteller gefordert, die — sowieso auf dem Weg zur Vision Zero unterwegs — moderne Assistenzsysteme so weiter entwickeln müssen, dass sie einen abgelenkten Fahrer warnen, überstimmen oder gleich seine Internetverbindung stoppen. Als positives Beispiel heißt es, die Deutsche Bahn hätte für ihre Ruhewagen schon überlegt, sie in einen faradayschen Käfig zu verwandeln und damit das Telefonieren unmöglich zu machen. Dies und einiges mehr können Sie auf unserer 3. ATZ-Fachtagung “Fahrerassistenzsysteme“ am 25. und 26. April in Frankfurt/Main mit Ingenieuren und Versicherungsvertretern ausführlich diskutieren.

Herzliche Grüße, Ihr

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