Liebe Leserin, lieber Leser,

eigentlich bot die IAA genügend zukunftsgerichtete Themen, um die Innovationskraft der Automobilindustrie zu untermauern. Davon ist nach „Dieselgate“ bei Volkswagen nichts übriggeblieben — leider! Stattdessen wird die öffentliche Wahrnehmung von einem Skandal beherrscht, der nicht nur Volkswagen selbst, sondern die gesamte Branche an den Pranger stellt.

Denn seit Jahren ist bekannt, dass die offiziellen Verbrauchs- und Emissionsangaben von den realen Werten abweichen und die tatsächlichen NOx-Emissionen von Fahrzeugen im Realbetrieb um ein Vielfaches höher sind als auf den Prüfständen. Die auch dadurch anhaltend hohen NO2-Werte in deutschen Städten sind ebenfalls nichts Neues. Dennoch wird seit Jahren um neue Testverfahren, Ausnahmen und den richtigen Zeitpunkt der Einführung gefeilscht, als befände man sich auf dem Viehmarkt — stattdessen geht es hier um die Welt, die wir unseren Kindern hinterlassen wollen.

Wichtig ist, nun endlich einen weltweit harmonisierten Prüfzyklus (WLTC) mit neuen Testprozeduren (WLTP) zügig, nachhaltig und effektiv im Sinne der Realfahremissionen (RDE) einzuführen. Noch wichtiger aber wäre es, wenn die Automobilbranche nun das schmale Zeitfenster nutzt, das ihr zur Verfügung steht — ehe die europäischen und nationalen politischen Entscheider die Eckpunkte festlegen —, und das Thema Clean-Diesel-Technik offensiv angeht. Nur so kann sie zeigen, wie mit innovativer Technik NOx-Emissionen gesenkt werden können, und dokumentieren, dass sie das Thema RDE ernst nimmt. ATZ und MTZ wären froh, sich mit diesem Thema umfassend und kenntnisreich auseinanderzusetzen. Bisher scheiterte dies noch zu oft an der fehlenden Bereitschaft der Industrie, Informationen zur Verfügung zu stellen. Nun wäre die Zeit, dies zu tun und damit die Innovationskraft und das Verantwortungsbewusstsein der Unternehmen zu untermauern.

Die Elektromobilität ist nicht mehr aufzuhalten und wird sich gerade nach diesem Skandal wohl stärker durchsetzen als bisher prognostiziert. 48 V wird sowohl top-down als auch bottom-up Einzug in künftige Fahrzeugmodelle halten — gerade als Bordnetz für Hybridfahrzeuge, aber die benötigen auch einen Verbrennungsmotor. Soll dieser und speziell der Diesel in den kommenden Jahrzehnten des Übergangs zum elektrifizierten Zeitalter nicht in die „Schmuddelecke“ gedrängt werden, tut sofortiges proaktives Handeln Not.

Es gilt also, das Zeitfenster effektiv und kraftvoll zu nutzen. ATZ und MTZ werden diesen Bereich noch stärker fokussieren und sind auf die Themen aus der Industrie gespannt.

Beste Grüße,

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