Zusammenfassung
Hintergrund
Weltweit besteht seit Jahren ein Mangel an Fachkräften in der Pflege; das österreichische Gesundheitssystem stellt in dieser Hinsicht keine Ausnahme dar. Ein beträchtlicher Teil der Pflege wird in Österreich durch Angehörige der Pflegeassistenz- und Sozialbetreuungsberufe mit Pflegekompetenz geleistet. Bisher existierten jedoch keine Studien dazu, was Auszubildende dazu bewegt, diesen Beruf zu wählen. Die vorliegende Studie schließt diese Forschungslücke, indem sie sich mit den Motivationen zur Berufswahl dieser Schüler:innen befasst.
Ziel der Arbeit
Das Ziel der Studie war es, die Motivationen für die Berufswahl von Schüler:innen der Pflegeassistenz- und Pflegefachassistenzausbildungen sowie der Fachsozialbetreuungsberufe mit Pflegekompetenz an zwei Ausbildungseinrichtungen in Österreich zu explorieren.
Methode
Die Studie wurde mittels Online-Fragebogen mit offenen und geschlossenen Fragen durchgeführt. Es nahmen Schüler:innen teil, die an zwei Bildungseinrichtungen im Bereich der nichtakademischen Pflege ihre Ausbildung absolvieren. Insgesamt füllten aus der Pflegefachassistenz 235 Personen (53 %), aus der Pflegeassistenz 174 Personen (40 %) und aus den anderen Fachsozialbetreuungsberufen 31 Personen (7 %) den Online-Fragebogen aus. Zur Überprüfung von Zusammenhängen wurde Pearsons χ2 verwendet. Folgende Gruppen wurden auf Ähnlichkeiten und Unterschiede untersucht: Männer – Frauen, Altersgruppen, Hauptwohnsitz (Bundesland), Herkunftsland, Ausbildungsrichtung.
Ergebnisse
Von 539 Schüler:innen machten 440 Angaben zu ihrer Motivation für die Ausbildungswahl. Besonders in Bezug auf die 5 am häufigsten gewählten Motive gab es kaum signifikante Unterschiede in Bezug auf soziodemografische Merkmale. Die 5 am häufigsten genannten Gründe für die Ausbildungswahl waren: (1) etwas Sinnvolles machen zu wollen und anderen Menschen helfen zu wollen, (2) den eigenen Interessen an medizinischen, pflegerischen und/oder sozialen Themen nachgehen zu wollen, (3) einen sicheren Arbeitsplatz haben zu wollen, (4) einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leisten zu wollen und (5) bereits eigene positive Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt zu haben.
Unterschiede treten bei weniger häufig genannten Motivationen für die Ausbildungswahl auf. So geben Männer signifikant häufiger als Frauen an, die Ausbildungswahl auf Basis von Gesprächen mit Personen, die bereits im Bereich Pflege und Betreuung tätig sind, getroffen zu haben. Darüber hinaus antworteten Personen mit einem anderen Herkunftsland als Österreich häufiger, diese Wahl aufgrund der Arbeitsplatzsicherheit und guter Chancen auf dem Arbeitsmarkt getroffen zu haben. Dieser Unterschied ist allerdings nicht signifikant.
Schlussfolgerung
Der oben beschriebene Wunsch, anderen Menschen helfen zu wollen, wird auch von der Literatur gestützt. Insofern kann auf eine hohe intrinsische Motivation der Angehörigen dieser Berufsgruppe geschlossen werden. Zudem wird eine hohe Bedeutung von Praktika und pflegerischer Vorerfahrung deutlich. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass eine hohe Qualität der Praxisanleitung bedeutsam für den erfolgreichen Abschluss und den Berufsstart in den Pflege- und Sozialbetreuungsberufen sein könnte und eine konsequente Arbeit der Ausbildungseinrichtungen an Qualitätsstandards empfehlenswert ist.
Diese Studie liefert Hinweise darauf, wie Personengruppen, die eher seltener im Bereich Pflege und Betreuung tätig sind, angesprochen werden können. In Österreich ist der Großteil der in diesem Bereich tätigen Personen weiblich. Im Zuge der Erhebung gaben Männer häufiger als Frauen an, diese Berufswahl durch Gespräche mit bereits im Bereich tätigen Personen getroffen zu haben. Diese Aussage könnte die Basis für gezielte Maßnahmen zur Steigerung der Männerquote in Pflege und Betreuungsberufen bilden.
Abstract
Background
A shortage of nursing professionals worldwide has been reported and the Austrian healthcare system turns out to be no exception in this respect. A significant proportion of nursing care in Austria is provided by nursing assistant and social care professionals with nursing skills. So far, however, there have been no studies on what motivates trainees to choose this particular profession. The present study closes this research gap by scrutinizing the motivations of these students to choose such a career.
Aims
The aim of the study was to explore the motivations for the career choice of students in nursing assistant and social care courses at two vocational education and training institutions in Austria.
Method
The study was conducted using an online survey with open and closed questions. Students enrolled at two Austrian vocational education and training institutions participated in the study. Participants were 235 students (53%) in nursing assistant level 2 (Pflegefachassistenz), 174 students (40%) in nursing assistant level 1 (Plfegeassistenz) and 31 students (7%) in social care professions. Pearson’s χ2 was used to assess correlations. The following groups were scrutinized for similarities and differences: men and women, age groups, main residence (federal state), country of origin, education.
Results
Out of 539 participants 440 provided information on their motivations for their choice of training. There existed hardly any significant differences in terms of sociodemographic characteristics pertaining to the five most frequently chosen motives. The five most frequently mentioned reasons for choosing an apprenticeship were (1) wanting to do something useful and wanting to help other people, (2) wanting to pursue one’s own interests in medical, nursing and/or social issues, (3) having a secure job, (4) wanting to make a significant contribution to society and (5) already having had positive experiences in the field of nursing and/or social care.
Differences occur in less frequently mentioned motivations for the choice of training. Men stated significantly more often than women that they made their choice of training based on conversations with people already working in the field of nursing and care. In addition, people from a country of origin other than Austria stated more frequently that they had made this choice because of job security and good opportunities in the labor market; however, this difference turned out to be not significant.
Conclusion
The desire to help other people is also supported by the literature. In this respect a high intrinsic motivation of the members of this professional group can be concluded. In addition, the significance of internships and previous nursing experience becomes clear. Therefore, it can be concluded that a high quality of supervision during internships could be important for the successful completion and the start of a career in nursing and social care. Moreover, the continued development of quality standards in training institutions appear to be significant as well.
This study indicates how groups of people who are less likely at this stage to choose a career in nursing and social care could be motivated to change their minds. In Austria as elsewhere, most people working in this field are female. In the survey, men stated more often than women that they had made this career choice through conversations with people already working in the field. This statement could inspire measures to increase the proportion of men in nursing and social care professions.
Notes
Zu den 271 Personen zählen auch 30 Heimhelfer:innen. Diese wurden jedoch gesondert hervorgehoben, da Heimhilfe nicht als Gesundheitsberuf gilt und daher nicht der Registrierungspflicht unterliegt. Nichtsdestotrotz wurde die Befragung an alle Schüler:innen der Einrichtung ausgesendet.
Prinzipiell werden an den beiden Schulen auch Schüler:innen unterrichtet, die jünger als 18 Jahre sind. Deshalb verweist die Alterstabelle auch auf die Altersgruppe 15 bis 20 Jahre. Dadurch, dass diese Befragung allerdings nur an Schüler:innen im Abschlussjahrgang versendet wurde, konnte eine Befragung Minderjähriger ausgeschlossen werden.
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M. Jäger, B. Maderner, E. Schweitzer, S. Steinbauer und N. Zischka geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht; Angaben in alphabetischer Reihenfolge.
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Jäger, M., Maderner, B., Schweitzer, E. et al. Warum einen Pflegeberuf wählen? Motivationen zur Berufswahl von Pflegeassistenz- und Sozialbetreuungsschüler:innen in Österreich. HBScience (2024). https://doi.org/10.1007/s16024-024-00405-0
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DOI: https://doi.org/10.1007/s16024-024-00405-0