Hintergrund

PatientenzufriedenheitFootnote 1 ist ein Merkmal der Qualität im Gesundheitswesen (Heidegger et al. 2006). Obschon viele Institutionen die Patientenzufriedenheit messen, ist nur ansatzweise geklärt, über welche Faktoren sich die Patientenzufriedenheit zusammensetzt und welche Rolle die Bedarfe, Bedürfnisse und Erwartungen von Patienten bei der Entstehung von Zufriedenheit spielen (Gehrlach und Güntert 2015). Patientenzufriedenheit wird oft mit einer Verbraucherzufriedenheit gleichgesetzt (Batbaatar et al. 2015) und als Differenz zwischen der Wahrnehmung und der Erwartung an die Behandlung beschrieben (Ayanian und Markel 2016; Donabedian 1988). Crow et al. (2002) gehen davon aus, dass Erfüllung und Übererfüllung von Erwartungen zu Zufriedenheit führen, Nichterfüllung von Erwartungen dagegen führt zu Unzufriedenheit. Somit ist die subjektive Wahrnehmung der Behandlung und Betreuung, neben der Erwartung des Patienten, eine essenzielle Grundlage der Patientenzufriedenheit (Schiff et al. 2008). In der Anästhesie wurden bisher Sicherheit der Versorgung und Risikominimierung gegenüber der Patientenzufriedenheit deutlich höher gewichtet. Es wurde angenommen, dass das, was für die Patientinnen und Patienten zählt, dem entspricht, was für die Anästhesieerbringenden am wichtigsten ist: die Sicherheit der Versorgung, definiert durch ein geringes Risiko für Mortalität oder schwere Morbidität während der perioperativen Periode (Memtsoudis et al. 2019). Anästhesieerbringende haben die Qualität der erbrachten Leistungen an diesen Parametern gemessen (Wazir et al. 2018). Dies misst jedoch nicht notwendigerweise die Patientenzufriedenheit (Heidegger et al. 2013).

Der aktuellen Forschungsliteratur zufolge wird die Patientenzufriedenheit durch mehrere Faktoren beeinflusst. Einige diese Faktoren sind patientenbezogen (z. B. Alter, Geschlecht, Bildung) und nicht veränderbar (Wazir et al. 2018). Auch vergangene Erfahrungen mit Anästhesieleistungen und präoperatives Empfinden, wie z. B. Angst, beeinflussen die Patientenzufriedenheit (Falco et al. 2017). Erfahrungen und Empfindungen kann das Anästhesieteam jedoch aufnehmen und beeinflussen. Untersuchungen konnten aufzeigen, dass die Patientenzufriedenheit durch Pflegeleistungen beeinflusst wird (Otani und Kurz 2004; Lake et al. 2016). In der Untersuchung von Hudson et al. (2015) konnte aufgezeigt werden, dass eine gute Beziehung der Patienten zu den Pflegefachpersonen, die während der perioperativen Phase für sie sorgten, sie bestärkte und ihnen ein gewisses Gefühl der Verbundenheit gab sowie das Wohlbefinden der Patienten steigerte (Hudson et al. 2015). Diese Untersuchung lässt vermuten, dass die Patientenzufriedenheit steigt, wenn das Anästhesieteam sich emotional auf den Patienten einlässt. Insbesondere der Einfluss der Kommunikation zwischen Fachpersonen und Patienten auf die Patientenzufriedenheit ist belegt (Kim et al. 2004; Trant et al. 2019). Batbaatar et al. (2017) erläutern in ihrem Review, dass die zwischenmenschliche Interaktion den größten Einfluss auf die Patientenzufriedenheit hat. Diese zwischenmenschliche Interaktion und Betreuung ist im Pflegekonzept Caring nach Swanson (1991) beschrieben. In der Profession Pflege ist das Caring ein zentraler Punkt. Aspekte wie Patientenzentrierung und Fürsprache für die Patienten sind darin ebenso enthalten. Mit dem Konzept „Advocacy“ (Sundqvist et al. 2018) wird die Fürsprache für die Patienten als ein Aspekt des Carings während einer Anästhesie konkret beschrieben. Es ist anzunehmen, dass die Inhalte des Pflegekonzeptes Caring von den Patienten mit einer guten Betreuung, einer guten Pflegeleistung, gleichgesetzt werden. Dass die Inhalte des Konzepts Caring für die Patientenzufriedenheit eine wichtige Rolle spielen, konnte in weiteren Arbeiten bestätigt werden (Hudson et al. 2015; Walsh et al. 2019). Die Anästhesiepflege wird in ihrer Tätigkeit als ein „Wachen über den Patienten“ mit Schwerpunkten der Profession Pflege beschrieben (Schreiber und Macdonald 2010). Bei Messungen zur Patientenzufriedenheit mit den Anästhesieleistungen soll auch dieser Aspekt der Betreuung und Behandlung abgefragt werden (Falco et al. 2017). Im Setting Anästhesie in der Schweiz arbeitet die Anästhesiepflegefachperson in Delegation oder in Zusammenarbeit mit einem Facharzt für Anästhesie und handelt eigenverantwortlich (Reanimation SSGfAu 2020). Die Anästhesiepflege hat dabei eigene Standards (Herion et al. 2019). Konkret wird die Anästhesieleistung in der Schweiz in einem Tandem von Anästhesiepflege und ärztlichem Dienst erbracht.

Instrumente zur Messung der Patientenzufriedenheit in der Anästhesie

In der Literatur wurden Fragebogen zur Erhebung der Patientenzufriedenheit mit den Anästhesieleistungen beschrieben (Barnett et al. 2013). In der Anästhesie gibt es Fragebogen, die sich auf die Patientenzufriedenheit mit den Anästhesieleitungen unabhängig vom Anästhesieverfahren beziehen (Auquier et al. 2005; Bauer et al. 2001; Caljouw et al. 2008; Mui et al. 2011). Es gibt auch Fragebogen, die für definierte Settings, wie die ambulante Versorgung, entwickelt und validiert wurden (Chanthong et al. 2009). Zudem gibt es Fragebogen, welche die Patientenzufriedenheit nach einem bestimmten Anästhesieverfahren wie Regionalanästhesie (Maurice-Szamburski et al. 2013) oder einer Monitored Anaesthesia Care (MAC) (Dexter et al. 1997) erfassen.

Es wurden jedoch erst wenige Fragebogen zur Patientenzufriedenheit mit den Anästhesieleistungen gemeinsam mit Patientinnen und Patienten entwickelt und anschließend psychometrisch getestet (Barnett et al. 2013). Einer der validierten Fragebogen, der bei allen erwachsenen Patienten angewendet werden kann, ist der Heidelberger Peri-anaesthetic Questionnaire (Schiff et al. 2008; Barnett et al. 2013) (nachfolgend Heidelberger Fragebogen genannt). Dieser Fragebogen wurde in deutscher Sprache verfasst und in diesem kulturellen Kontext validiert. Die Dimensionen wurden inhaltsanalytisch festgelegt und beinhalten folgende 5 Themenbereiche: Vertrauen und Atmosphäre, Angst, Unbehagen, Behandlung durch Personal, Information und Warten (Schiff et al. 2008). Die Autoren dieses Fragebogens beschreiben diese Subskalen der Patientenzufriedenheit, berichten jedoch keine empirischen Daten, wie diese Dimensionen die Patientenzufriedenheit mit der Anästhesie abbilden. Da dieser Fragebogen im Jahr 2008 publiziert und in Deutschland entwickelt wurde, bedarf es zudem einer Überarbeitung und Adaptation des Fragebogens auf aktuelle Gegebenheiten und den Schweizer Kontext. Das Ziel dieser Arbeit ist daher die Erstellung eines Fragebogens zur Patientenzufriedenheit mit den Anästhesieleistungen, bei dem auch Pflegeleistungen der Anästhesiepflege im Schweizer Kontext abgebildet werden. Dieser Fragebogen soll auf Basis des Heidelberger Fragebogens erstellt werden.

Forschungsfragen

Wie sehen Konstruktvalidität, Reliabilität und Faktorstruktur des Luzerner/Heidelberger Fragebogens aus? Welche Prädiktoren können identifiziert werden?

Methode

Entwicklung des Fragebogens

Die Entwicklung des Fragebogens erfolgte in 3 Phasen: (1) Erstellung eines neuen Fragebogens auf der Basis des Heidelberger Fragebogens, (2) Fragebogenkonferenz, (3) quantitativer Pretest (Döring und Bortz 2016). Elf Fragen aus dem Originalfragebogen wurden in der Expertenkonferenz entfernt und eine neue hinzugefügt. Es wurden Fragen zur Zufriedenheit mit dem System, wie beispielsweise der räumlichen Infrastruktur, entfernt. Es ist der Expertengruppe bekannt, dass die Patientenzufriedenheit in eine Zufriedenheit mit den menschlichen Dienstleistungen und in eine Zufriedenheit mit dem System unterteilt werden kann (Ng und Luk 2019). Bei der Erarbeitung des neuen Fragebogens (nachfolgend Luzerner/Heidelberger Fragebogen genannt) wurde der Fokus bewusst auf die Zufriedenheit mit den menschlichen Dienstleitungen gelegt. Die Spitäler sollten die Patientenzufriedenheit bezüglich ihrer menschlichen Dienstleistungen und technischen Kompetenz in der Anästhesie und nicht in Bezug auf die Infrastruktur (Zugänglichkeit) und Wirksamkeit der chirurgischen Behandlung messen und miteinander vergleichen können. Die Befragung wurde hinsichtlich der Anwendung im Schweizer Kontext überprüft und sprachlich angepasst. Das Antwortformat bestand in einer 4‑stufigen Likert-Skala von 1 „trifft nicht zu“ bis 4 „trifft zu“. Die Augenscheinvalidität wurde durch Anästhesiefachärztinnen und -fachärzte beurteilt. Diese unterstützten die Eliminierung der Fragen und regten weitere sprachliche Präzisierungen an.

Als deskriptive Daten wurden Alter, Geschlecht, Bildung und Gesundheitszustand erhoben, da diese Parameter Einfluss auf die Patientenzufriedenheit haben können (Bacon und Mark 2009). Für die Erhebung des Gesundheitszustands wurde die ASA-Klassifikation (Physical Status Classification der American Society of Anesthesiologists) verwendet.

Der quantitative Pretest des Luzerner/Heidelberger Fragebogens erfolgte mittels einer mündlichen Abfrage oder einer schriftlichen Befragung von Patientinnen und Patienten, die perioperativ Anästhesieleistungen in Anspruch genommen haben. Die Schlussversion des Fragebogens wurde der Expertengruppe nach dem Pretest nochmals vorgelegt und von dieser gutgeheißen.

Stichprobe

Die Stichprobe wurde in Form einer Gelegenheitsstichprobe an 2 Schweizer Zentrumsspitälern erhoben. Patienten, die im regulären Operationsprogramm gemäß dem Standardprozess der Anästhesie (Prämedikationsvisite, Eingriff mit Anästhesie und Betreuung im Aufwachraum) stationär oder ambulant behandelt wurden, sind in die Untersuchung eingeschlossen worden. Von der Untersuchung ausgeschlossen wurden Patientinnen und Patienten, die jünger als 18 Jahre alt waren, sich nicht bezüglich ihrer Zufriedenheit äußern konnten (kognitive Beeinträchtigung, Sprachbarriere) und Patientinnen und Patienten, die unmittelbar postoperativ auf der Intensivstation behandelt und betreut wurden.

Die Befragung fand bei Patientinnen und Patienten innerhalb den ersten 24–48 h nach Ende des operativen Eingriffs statt. Die Befragung erfolgte schriftlich oder mündlich.

Datenanalyse

Die Datenanalyse erfolgte mit der Software IBM SPSS® (Version 27, Armonk, NY, USA). Vor der Datenauswertung wurden die negativ formulierten Fragen umgepolt. Zur Konstruktvalidierung des Fragebogens wurde die Methode der explorativen Faktorenanalyse mit einer Varimax-Rotation (Field 2013) gewählt. Der Bartlett-Test und der Kaiser-Meyer-Olkin-Test wurden zur Überprüfung der Eignung der Daten durchgeführt. Weil die deskriptive Datenanalyse aufgezeigt hat, dass 14,9 % fehlende Werte im Datensatz vorhanden waren und SPSS über kein geeignetes Imputationsverfahren für die Faktorenanalyse verfügt, wurde die Faktorenanalyse mit der Software R, package mifa mittels multiplem Imputationsverfahren geprüft (Nassiri et al. 2018). Nach der Definition der Faktoren wurde die interne Konsistenz der Faktoren mit Cronbachs α berechnet.

Die Patientenzufriedenheit wies keine Normalverteilung auf. Um dennoch signifikante Prädiktoren (Signifikanzniveau α kleiner 0,05) zu ermitteln, wurde eine binäre logistische Regression gerechnet. Für die Zufriedenheit wurden die binären Ausprägungen „zufrieden“ und „unzufrieden“ gewählt. Als „cut off“ für die Zufriedenheit wurde der Median genommen. Das Modell wurde mit den 6 unabhängigen Variablen (1) Alter, (2) Spital, (3) Art der Befragung, (4) Art des Aufenthalts, (5) Bildung und (6) dem ASA Score gerechnet. Der Zusammenhang zwischen den unabhängigen Variablen und der Zielvariable Patientenzufriedenheit wurde mittels „odds ratios“ und deren 95 %-Konfidenzintervallen aufgezeigt.

Ethische Überlegungen

Gemäß schweizerischem Humanforschungsrecht erklärt sich die Ethikkommission als nicht zuständig für die eingereichte Studie (Req-2020-00980). Die Zustimmung des Erstautors des Heidelberger Fragebogens zur Verwendung dieses Instruments als Basis für die Erstellung des neuen Fragebogens wurde eingeholt. Der Erstautor gab explizit auch die Zustimmung zur Entfernung einzelner Items. Alle Patientendaten wurden direkt nach der Erhebung anonymisiert.

Ergebnisse

In den Monaten November und Dezember 2020 wurden 522 Fragebogen vollständig ausgefüllt. An der Befragung haben 256 (49 %) Frauen und 266 (51 %) Männer im Alter zwischen 18 und 92 Jahren (M = 53,39, SD ∓ 17,25) teilgenommen (Tab. 1).

Tab. 1 Demografische Daten der befragten Patientinnen und Patienten

Konstruktvalidierung

Die orthogonale Faktoranalyse der 33 Items konnte durchgeführt werden, weil sich mit dem signifikanten Bartlett-Test gezeigt hat, dass die Daten nicht vollständig unkorreliert sind (X2 = 12.723,443, df = 528, p = 0,001). Der Kaiser-Meyer-Olkin-Test verifizierte dies mit dem Wert 0,972. Der Scree-Plot zeigt (Abb. 1) eine Einfaktorlösung des Fragebogens auf.

Abb. 1
figure 1

Scree-Plot des Luzerner/Heidelberger Fragebogens

Aus der Faktoranalyse mit den imputierten Werten resultierte eine Faktorlösung mit 3 Faktoren. Bei dieser Lösung enthielten 2 Faktoren jeweils nur 2 inhaltlich nichtschlüssige Items. Zwei weitere Items ließen sich keinem Faktor zuordnen. Somit wurde entschieden, mit einer Einfaktorlösung weiterzuarbeiten und die Items, die nicht auf den Hauptfaktor laden (F 18, 19, 21, 22, 29 und 30) für die weiteren Analysen auszuschließen. Der verbleibende Faktor wurde „Betreuung und Vertrauen Anästhesieteam“ genannt und enthielt 27 Items.

Das Cronbachs α für den Faktor „Betreuung und Vertrauen Anästhesieteam“ (insgesamt 27 Fragen) betrug α = 0,955. Die Trennschärfe der Items zeigte, dass alle Items mit der Ausnahme von Frage 25 mit einem Wert von 0,278 eine Korrelation von 0,3 und mehr erreichten. Das Cronbachs α konnte nur minimal gesteigert werden, wenn Items aus diesem Faktor weggelassen wurden. Somit wurden alle 27 Items für die weiteren Analysen beibehalten und aus diesen Items die Summenscores berechnet.

Regressionsanalyse

Die binäre logistische Regressionsanalyse zeigte, dass das gewählte Modell als Ganzes signifikant ist X2 (11) = 55,597, p < 001. Die Odds Ratios (OR) und deren Konfidenzintervalle (KI) indizierten, dass die Variablen Alter, mündliche Befragung und das weibliche Geschlecht Prädiktoren für die Patientenzufriedenheit sind. Die mündliche Befragung mit einer OR von 2,495 (95 %-KI 1,279–4,870) war der stärkste Prädiktor in dieser Untersuchung. Das Alter war mit einer OR von 1,025 (95 %-KI 1,001–1,040) ebenfalls ein positiver Prädiktor auf die Patientenzufriedenheit. Das weibliche Geschlecht mit einer OR von 0,583 (95 %-KI 0,389–0,875) war ein negativer Prädiktor für die Patientenzufriedenheit mit den Anästhesieleistungen. Die weiteren erfassten Prädiktoren wie das Spital, die Art des Spitalaufenthalts, die Schulbildung und der Gesundheitszustand (ASA-Status) hatten keinen Einfluss auf die Patientenzufriedenheit. Die Klassifizierungstabelle bei einem Trennwert von 0,500 zeigte, dass mit diesem Modell 59,7 % der unzufriedenen und 71,7 % der zufriedenen Patientinnen und Patienten korrekt vorhergesagt werden konnten.

Diskussion

Aufgrund der Basis des „Heidelberg peri-anaesthetic Questionnaire“ (Schiff et al. 2008) wurde ein Instrument zur Messung der Patientenzufriedenheit mit Anästhesieleistungen, welches auch Pflegeleistungen erfasst, auf den Schweizer Kontext angepasst und validiert. Die explorative Faktoranalyse hat gezeigt, dass dieser Luzerner/Heidelberger Fragebogen mit 27 Items eine Einfaktorlösung mit der Dimension „Betreuung und Vertrauen“ bildet. Die interne Konsistenz dieser Dimension mit einem Cronbachs α von 0,955 kann als sehr gut bezeichnet werden (Field 2013).

Im Gegensatz zum Heidelberger Fragebogen konnte im Luzerner/Heidelberger Fragebogen nur ein Faktor herausgearbeitet werden. Dass sich die Faktorlösung vom Original unterscheidet, erstaunt nicht, da bei der Überarbeitung durch die Expertengruppe mehrere Veränderungen vorgenommen wurden. Der Heidelberger Fragebogen zeigt mit den 38 Fragen die 5 Faktoren „Vertrauen und Atmosphäre“, „Angst“, „Unbehagen“, „Behandlung durch das Personal“ und „Information und Warten“. Es ist in der Publikation zur Validierung des Heidelberger Fragebogens nicht ersichtlich, welches Item auf welchem Faktor lädt (Schiff et al. 2008). Der Luzerner/Heidelberger Fragebogen ist nach der Faktoranalyse ein Instrument mit 27 Items, welches alle Anästhesieleistungen von der Prämedikationsvisite bis zur Betreuung im Aufwachraum abbildet. Fragen des Originalfragebogens, welche die Betreuung auf der Bettenstation, die Verständlichkeit des Fragebogens und die Atmosphäre in den Räumlichkeiten der Prämedikationsvisite abfragen, wurden im Luzerner/Heidelberger Fragebogen nicht mehr aufgeführt. Es ist also nicht erstaunlich, dass im Luzerner/Heidelberger Fragebogen die Themen „Vertrauen und Atmosphäre“, „Unbehagen“ und „Behandlung durch das Personal“ nicht als einzelne Themen abgebildet werden, sondern auf den Gesamtfaktor laden.

Im Luzerner/Heidelberger Fragebogen konnte die Dimension „Angst“ aus dem Original nicht mehr bestätigt werden. Nach der Überarbeitung des Fragebogens wurde das Thema Angst nicht separat, sondern vielmehr der Umgang mit der Angst durch das Anästhesieteam abgefragt. Angst kann im Rahmen der Patientenbetreuung durch Anästhesiefachpersonen als Pflegeleistung beeinflusst werden (Khajian Gelogahi et al. 2018).

Dass das Thema Betreuung einen Einfluss auf die Patientenzufriedenheit hat, beschrieben bereits Hudson et al. (2015). Insbesondere der Einfluss der Kommunikation zwischen Fachpersonen und Patientinnen und Patienten auf die Patientenzufriedenheit sind belegt (Kim et al. 2004; Trant et al. 2019). Batbaatar et al. (2017) erläutern in ihrem Review, dass die zwischenmenschliche Interaktion den größten Einfluss auf die Patientenzufriedenheit hat.

Im Luzerner/Heidelberger Fragebogen werden spezifische Missempfindungen im Zusammenhang mit der Anästhesie ebenfalls abgefragt. Weil die Patientenzufriedenheit die Differenz zwischen Wahrnehmung und Erwartung (Ayanian und Markel 2016; Donabedian 1988) darstellt, können Missempfindungen nach einer Anästhesie wie Übelkeit, Halsschmerzen oder Harndrang unerwartet sein und die Patientenzufriedenheit beeinflussen. Diese Empfindungen bilden sowohl im Heidelberger wie auch im Luzerner/Heidelberger Fragebogen keine eigene Dimension in der Patientenzufriedenheit.

Die Faktoranalyse beim Luzerner/Heidelberger Instrument hat aufgezeigt, dass die Fragen stark untereinander korrelieren und einzig der Faktor „Betreuung und Vertrauen“ herausgearbeitet werden konnte. Die Patientenzufriedenheit mit den Anästhesieleistungen im Luzerner/Heidelberger Fragebogen ist also eindimensional. Diese Einfaktorlösung scheint plausibel, da die Patientinnen und Patienten die Zufriedenheit mit den Dienstleistungen der Anästhesie offenbar als Ganzes beurteilen. Weil sich die Patientinnen und Patienten im Setting der Anästhesie in einem Ausnahmezustand befinden, ist es für sie postoperativ schwierig, einzelne Dienstleistungen der Anästhesie retrospektiv zu differenzieren. Es scheint daher sinnvoll, die Patientenzufriedenheit mit den Anästhesieleistungen als Gesamtleistung zu messen.

Prädiktoren für die Patientenzufriedenheit mit den Anästhesieleistungen

Die binäre logistische Regressionsanalyse in dieser Arbeit zeigt, dass die mündliche Befragung, das weibliche Geschlecht und das Alter einen signifikanten Einfluss auf die Patientenzufriedenheit mit den Anästhesieleistungen hatten. Die Erkenntnis, dass die Patienten, welche mündlich abgefragt worden sind, zufriedener waren, als jene, die den Fragebogen schriftlich ausgefüllt haben, entspricht nicht der Forschungslage. Beispielsweise berichten Bauer et al. (2001) einen gegenteiligen Sachverhalt. Auch Voutilainen et al. (2015) ziehen in ihrer Metaanalyse den Schluss, dass sich bei einer mündlichen Befragung die Patienten weniger zufrieden äußern, als wenn die Befragung schriftlich durchgeführt wird. In dieser Arbeit wurden die Patienten durch Fachpersonal mündlich befragt. Eine soziale Erwünschtheit in den Antworten kann dadurch nicht ausgeschlossen werden und führte möglicherweise deshalb zu einer höheren Zufriedenheit. Bei der Entwicklung weiterer Instrumente zur Messung der Patientenzufriedenheit mit den Anästhesieleistungen wurden die Daten ausschließlich in schriftlicher Form erhoben, sodass keine Vergleiche zwischen den Befragungsmethoden vorgenommen wurden (Schiff et al. 2008; Auquier et al. 2005; Caljouw et al. 2008; Mui et al. 2011).

Die weiteren Prädiktoren für die Patientenzufriedenheit mit Anästhesieleistungen zeigen sich bei Geschlecht und Alter. Frauen hatten in dieser Befragung eine tiefere Patientenzufriedenheit als Männer. In der Literatur ist eine tiefere Patientenzufriedenheit von Frauen im Vergleich zu Männern beschrieben (Falco et al. 2017; Bacon und Mark 2009; Elliott et al. 2012). Ältere Personen gaben in dieser Arbeit eine höhere Zufriedenheit an als jüngere. Bei älteren Patienten wird die Patientenzufriedenheit generell als höher beschrieben (Batbaatar et al. 2017; Bacon und Mark 2009; Voutilainen et al. 2015). Das Alter wird als die stärkste bestimmende Variable für die Patientenzufriedenheit angesehen (Batbaatar et al. 2017).

Bacon and Mark (2009) beschreiben, dass auch der Gesundheitszustand einen Einfluss auf die Patientenzufriedenheit hat. Dies konnte in dieser Untersuchung nicht gezeigt werden. In dieser Arbeit diente der ASA-Status als Merkmal für den Gesundheitsstatus. Der ASA-Status wird in der Anästhesie flächendeckend angewendet, um die perioperative Morbidität und Letalität einzuschätzen (Irlbeck et al. 2017). In anderen Untersuchungen, welche bei einer Messung von Patientenzufriedenheit den Gesundheitsstatus erfassten, wurde ebenfalls der ASA-Status als Indikator für den Gesundheitszustand verwendet (Falco et al. 2017; Auquier et al. 2005; Mui et al. 2011). Der ASA-Status scheint im Setting der Anästhesie ein geläufiger Surrogatmarker für den Gesundheitsstatus zu sein. Diese Erkenntnis wird dadurch verstärkt, dass in dieser Untersuchung die Art des Spitalaufenthalts ebenfalls keinen Einfluss auf die Patientenzufriedenheit mit den Anästhesieleistungen zeigte.

In dieser Befragung hat sich die Schulbildung nicht als Prädiktor für die Patientenzufriedenheit gezeigt. Diese Erkenntnis steht im Widerspruch zum Review von Batbaatar et al. (2017), bei dem die Schulbildung mit der Patientenzufriedenheit invers korreliert.

Schlussfolgerung

  • Der Luzerner/Heidelberger Fragebogen mit 27 Items ist zur Messung von Patientenzufriedenheit, einschließlich der Pflegeleistungen, geeignet.

  • Das Instrument kann bei allen Anästhesieformen in der Praxis im deutschsprachigen Raum eingesetzt werden.

  • Alter, mündliche Befragung und weibliches Geschlecht konnten als Prädiktoren für die Patientenzufriedenheit mit den Anästhesieleitungen herausgearbeitet werden.

Limitationen

Diese Arbeit weist einige Stärken und Limitationen auf. Eine Stärke dieser Arbeit ist die große Anzahl von n = 522 Fragebogen, die ausgewertet werden konnten. Obschon die Befragung so objektiv wie möglich durchgeführt wurde, kann eine soziale Erwünschtheit, insbesondere bei der mündlichen Abfrage, nicht ausgeschlossen werden. Eine Stärke besteht jedoch darin, dass die mündliche Befragung nur von 2 von der Autorin instruierten Personen durchgeführt wurde. Somit besteht kein Hinweis auf einen Interviewer-Bias. Da die Patientinnen und Patienten kurz nach der erbrachten Anästhesieleistung befragt worden sind, werden die Resultate weniger durch weitere Erfahrungen des Spitalaufenthalts überlagert. Lange Wartezeiten haben einen negativen Einfluss auf die Patientenzufriedenheit (Ng und Luk 2019). Es konnte aufgezeigt werden, dass die Patientenzufriedenheit mit den Anästhesieleistungen mit der Qualität der Erholung korreliert (Berning et al. 2017). Dieser Bias konnte durch die frühe Befragung minimiert werden.

Die Auswertung der n = 522 ausgefüllten Heidelberger/Luzerner Fragebogen wurde mit 14,9 % fehlenden Werten ausgeführt. Diese Schwäche der Arbeit wird jedoch abgefedert, indem die Faktoranalyse mittels multiplem Imputationsverfahren überprüft wurde. Es bleibt unklar, wie die fehlenden Werte zustande gekommen sind.