Wie relevant ein frühzeitiger Behandlungsbeginn bei Patienten mit Multipler Sklerose (MS) ist, steht außer Frage. Aber auch die Wahl der Erstbehandlung spielt eine entscheidende Rolle für den Behandlungserfolg.

Dies untermauern nun Real-World-Daten aus Norwegen: Patienten, die als erstes Medikament mit einer hochwirksamen krankheitsmodifizierenden Medikation begannen, erreichten signifikant häufiger den NEDA-3-Status, definiert als Abwesenheit eines klinischen Schubs, Fehlen von Krankheitsprogredienz im Sinne einer dauerhaften, auch bei nächster klinischer Vorstellung weiterbestehenden EDSS-Verschlechterung sowie keine neuen oder vergrößerten Läsionen im Gehirn in MRT-Untersuchungen [Simonsen CS et al. Front Neurol 2021;12:693017; doi: 10.3389/fneur. 2021.693017]. Die Odds-Ratio, diesen Zustand nach einem Jahr zu erreichen, betrug im Vergleich zu weniger potenten Arzneimitteln 3,9 (95 %-Konfidenzintervall [KI]: 2,4-6,1; p < 0,001), wie die Neuropsychologin Prof. Dr. Dawn Langdon von der Universität London präsentierte.

Allerdings sollte auch die kognitive Evaluation in NEDA eingeschlossen werden, forderte die kognitive Neurowissenschaftlerin und Neuropsychologin Prof. Dr. Iris-Katharina Penner, Universität Düsseldorf. Mehr als jeder zweite Patient mit aktiver schubförmig-remittierender MS (RRMS) weise trotz NEDA eine kognitive Beeinträchtigung auf, und habe damit ein erhöhtes Risiko für Arbeitsunfähigkeit, ein schlechtes Langzeitergebnis sowie eine verringerte Lebensqualität. Eine langanhaltende Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit bei Patienten mit einer RRMS zeigte bereits Fingolimod im Vergleich zu Placebo [Langdon DW et al. Eur J Neurol 2021;28:4135-45; doi: 10.1111/ene.15081].

Vielversprechende Ergebnisse auf die Kognition werden auch für den seit 2020 bei RRMS zugelassenen, selektiven Agonisten der Sphingosin-1-Phosphat(S1P)-Rezeptoren 1 und 5 Ozanimod (Zeposia®) berichtet. In der DAYBREAK-Studie, bei der RRMS-Patienten (n = 2.257) frühzeitig von einer Interferon-β-1a-Therapie auf Ozanimod umgestellt wurden, verringerte sich die Atrophie des gesamten Hirnvolumens, der grauen Substanz und des Thalamus unter Ozanimod stärker als unter Interferon-β-1a [Arnold D et al. Posternr. OPR-088, Kongress der European Academy of Neurology 2021], berichtete der Facharzt für Neurologie Prof. Dr. Hans-Peter Hartung, Universitätsklinikum Düsseldorf. Auch nach einem Follow-up nach vier bis fünf Jahren lagen die Ergebnisse deutlich höher als in der Interferon-β-1a-Gruppe.

ECTRIMS-Kongress 2021, Virtuelles Symposium "Treating early MS and the challenge of cognition: An Expert Conversation", 14.10.2021; Veranstalter: Bristol Myers Squib