In einer Metaanalyse untersuchten Wissenschaftler, wie hoch der spezifische Behandlungseffekt von CGRP-Antikörpern tatsächlich ist, verglichen mit dem unspezifischen (Placebo-)Effekt.

Seit nun knapp zwei Jahren sind auf dem deutschen Markt drei monoklonale Calcitonin Gene-Related Peptide(CGRP)-Antikörper beziehungsweise CGRP-Rezeptor-Antikörper erhältlich: Galcanecumab, Fremanezumab und Erenumab. Die Rationale hinter der Entwicklung dieser Antikörper war, dass CGRP während einer Migräneattacke aus trigeminalen Afferenzen zu den Meningen ausgeschüttet wird, mit messbar erhöhten Plasmaspiegeln, und eine Infusion von CGRP bei Patienten mit positiver Migräneanamnese eine verzögerte Migräneattacke auslösen kann. Tatsächlich führt die Blockade des CGRP zu einer Besserung des Migräneschmerzes beziehungsweise einer Reduktion der Migräneattacken. Wie hoch ist aber hierbei der spezifische Behandlungseffekt und verglichen mit dem unspezifischen (Placebo-)Effekt?

In einer Metaanalyse, in die alle bis September 2019 publizierten randomisierten, placebokontrollierten Studien mit CGRP-Antikörpern eingingen, untersuchte eine Arbeitsgruppe aus Großbritannien das Verhältnis beider Effekte zueinander. Insgesamt wurden 21 Studien eingeschlossen, wobei neben Phase-III-Studien auch Phase-II-Studien mit noch nicht festgelegten Dosierungen berücksichtigt wurden. Insgesamt stützte sich die Studie auf 13.367 eingeschlossene Personen, von denen 8.252 Verum und 5.115 Placebo erhielten. Die meisten Studien umfassten einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten.

Für die episodische Migräne fand sich eine Nettoreduktion um 1,5 Tage (Verum gegen Placebo), für die chronische Migräne um 2,24 Tage. In allen Studien war das Ergebnis für den primären Endpunkt statistisch signifikant. Das Verhältnis von Verum zu Placebo zeigte, dass 66-68 % des beobachteten Effekts dem unspezifischen Behandlungseffekt zugerechnet werden kann. Für die Standardprophylaxe fanden sich Werte um 57-73 %. Interessant ist auch, dass der Nettoeffekt bei OnabotulinumtoxinA 1,8 Tagen einem Quotienten von 78 % entspricht [Dodick DW et al. Headache 201;50:921-36]. Letztlich liegt das Verhältnis von unspezifischer zu spezifischer Wirkung auch in dem Bereich, den man von den Behandlungen anderer Schmerzerkrankungen kennt.

Kommentar

Diese sehr gut durchgeführte Metaanalyse zeigt erneut auf, dass auch bei hochspezifischen Therapien ein erheblicher unspezifischer Effekt zu dem zu beobachtenden klinischen Effekt beiträgt. Dabei ist festzuhalten, dass der spezifische Effekt bei den CGRP-(Rezeptor)-Antikörpern besonders stabil ist und sich in jeder der eingeschlossenen Studie nachweisen lässt.

Eine weitere Besonderheit sämtlicher monoklonaler Antikörper ist, dass sich in Studien die Nebenwirkungsraten nicht von jenen unter Placebo unterschieden, wobei einschränkend beachtet werden muss, dass es sich um Studien mit einer Dauer bis sechs Monate handelt und über Langzeitnebenwirkungen keine Aussage gemacht werden kann.

In einem Review über die Sicherheit von CGRP-(Rezeptor)-Antagonisten fanden sich Nebenwirkungen von 40-70 % in der Verumgruppe und 40-65 % in der Placebogruppe [Rivera-Mancilla et al. Expert Opin Drug Saf 2020;19:1237-50]. Die am häufigsten genannten Nebenwirkungen waren Schmerzen an der Injektionsstelle, Übelkeit, Infektionen der oberen Atemwege, Nasopharyngitis und Blasenentzündungen. Als klinische Beobachtung wurde außerdem vermehrt Obstipation berichtet. Insgesamt zeigte sich eine ausgezeichnete Verträglichkeit, eine sehr schnell einsetzende (innerhalb der ersten Tage) und konsistente Wirksamkeit bei 50 bis 60 % der Patienten.

Forbes RB, McCarron M, Cardwell CR. Efficacy and Contextual (Placebo) Effects of CGRP Antibodies for Migraine: Systematic Review and Meta-analysis. Headache. 2020 [E-Pub ahead of print]; doi: 10.1111/head.13907