_ In die Pathogenese von Neuropathien, chronischen Schmerzen und kognitiven Defiziten ist oftmals eine Unterversorgung mit B-Vitaminen involviert. Diese Tatsache wird im klinischen Alltag zu wenig beachtet, lautete die übereinstimmende Expertenmeinung beim Vitamin-B-Symposium anlässlich der 51. Medizinischen Woche Baden-Baden.

Besonders ältere und chronisch kranke Menschen haben häufig einen Mangel an B-Vitaminen, der zu beträchtlichen Störungen im peripheren und zentralen Nervensystem führen kann. „Der Mangel tritt schleichend auf, die hierdurch eintretenden Folgeschäden sind aber nur in den Anfangsstadien reversibel“, warnte Professor Karlheinz Reiners, Facharzt für Neurologie in Erkelenz. Daher sei es wichtig, diese frühzeitig zu erkennen und rasch zu behandeln.

Diabetiker weisen oftmals sowohl Neuropathien als auch ein Defizit an Vitamin B1 (Thiamin) auf, betonte Professor Hilmar Stracke, Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen aus Gießen. Bedingt durch die Stoffwechselstörung haben sie einen erhöhten Bedarf an diesem Vitamin, scheiden es jedoch vermehrt über die Nieren aus. Der Ausgleich des Vitamin-B1-Mangels habe daher in der Behandlung der Neuropathie beim Diabetiker — neben einer optimalen Blutzuckereinstellung — einen hohen Stellenwert, sagte Stracke. Da Thiamin nur begrenzt resorbierbar ist, wird in der oralen Therapie die fettlösliche Thiamin-Vorstufe Benfotiamin (z. B. enthalten in milgamma® protekt) angewendet. Das Prodrug verfügt über eine fünffach höhere Bioverfügbarkeit als wasserlösliche Thiaminsalze und gleicht einen nervenschädigenden Mangel effektiv aus.

Reiners wies darauf hin, dass eine Unterversorgung mit B-Vitaminen auch die geistige Leistungsfähigkeit und die Psyche beeinträchtigen kann. „Bei fast 10 % der geriatrischen Patienten mit Verdacht auf Demenz findet sich ein Vitamin-B12-Mangel als potenziell reversible Krankheitsursache“, so Reiners. Ein Vitamin-B12-Mangel kann selbst bei Resorptionsstörungen auf oralem Weg wirksam ausgeglichen werden, wenn ausreichend hoch dosiert wird. Dosierungen von 1.000 – 2.000 μg Cyanocobalamin (z. B. B12 Ankermann®) haben sich als ebenso effektiv erwiesen wie die parenterale Gabe.

Bei Neuritiden und schmerzhaften Muskel-Skeletterkrankungen hat sich eine Kombination der Vitamine B1, B6 und B12 bewährt. „Durch die neuroregenerative Wirkung können B-Vitamine die überwiegend symptomatische Wirkung der konventionellen Arzneimitteltherapien sehr gut unterstützen“, unterstrich Dr. Dietrich Göthel, Arzt und Apotheker in Bergisch Gladbach. Dadurch könne der Bedarf an Analgetika und Antiphlogistika, und damit auch deren Nebenwirkungen, verringert werden.