Intraoperative Untersuchungen während der Implantation von Elektroden zur tiefen Hirnstimulation (THS) öffnen auf eine einzigartige Weise ein Fenster zum Verständnis der Lokalisationen verschiedener Hirnfunktionen. Eine Studie zeigt, dass es auch für affektive Veränderungen spezifische Zielregionen zu geben scheint.
Bei der Behandlung von Bewegungsstörungen durch THS können seit Jahren intraoperativ die Wirksamkeit der angestrebten Behandlung überprüft und unerwünschte motorische Effekte reduziert werden. Bei der noch nicht so gut untersuchten Behandlung affektiver Störungen stellt sich vielmehr die Frage nach akuten Gefühlsänderungen. Ob es einen „Schalter“ für die Veränderung des Affektes gibt, sollte in der vorliegenden Studie untersucht werden.
Das Team der Emory University School of Medicine aus Atlanta untersuchte eine kleine Gruppe von neun Patienten mit therapieresistenter Depression, die mittels THS behandelt wurden. In jeder Hemisphäre wurden Elektroden mit je vier Kontakten in den subgenualen Gyrus cinguli implantiert und die Reaktionen der Patienten auf die Stimulation erfasst. Es konnten Veränderungen in der extero- und interozeptiven Wahrnehmung identifiziert werden. Die Untersuchung wurde doppelt verblindet, es wurden 72 tatsächliche Stimulationen von drei Minuten Dauer durchgeführt und 36 Sham-Stimulationen.
Bei den Verumstimulationen kam es im Mittel bei 30 von 72 Stimulationen zu einer transienten Verbesserung der interozeptiven Wahrnehmung, was nur bei vier von 36 Sham-Stimulationen der Fall war. Zu einer Veränderung der exterozeptiven Wahrnehmung kam es im Mittel bei neun der 72 Verumstimulationen aber bei keiner der Sham-Stimulationen. Mittels probabilistischer Traktografie wurden Faserbündelverbindungen zum ventromedialen frontalen Kortex und zum anterioren Cingulum identifiziert, die bei der hier gewählten Form der Stimulation eine Rolle zu spielen scheinen.
Kommentar
Auch für affektive Veränderungen scheint es spezifische Zielregionen zu geben, die mittels THS therapeutisch genutzt werden können. Auch wenn es sich hier nur um eine kleine Anzahl von Patienten handelt, ermutigen die Ergebnisse doch zu weiteren Studien in diesem Bereich, wobei vor allem Längsschnittbeobachtungen von Interesse sein werden.
Literatur
Choi KS, Riva-Posse P, Gross RE et al. Mapping the “depression switch” during intraoperative testing of subcallosal cingulate deep brain stimulation. JAMA Neurol 2015; 72 (11): 1252 – 60
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Eberlein, C. Auf der Suche nach dem Depressionsschalter. DNP 17, 22 (2016). https://doi.org/10.1007/s15202-016-1316-9
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