Die gastroenterologische Endoskopie hat in den letzten zehn Jahren enorme technische Fortschritte und Veränderungen erlebt. Diagnostisch wurde mit der Kapselendoskopie der Dünndarm als der letzte "weiße Fleck" auf der gastroenterologischen Landkarte weitgehend beseitigt. Die Endosonografie erlaubt eine genaue Darstellung der Darmwand und angrenzender Strukturen. Mit der digitalen Bildgebung können beliebig viele Zuschauer potenziell weltweit an Untersuchungen teilnehmen, wodurch Lehre und Weiterbildung einen enormen Aufschwung nahmen. Mithilfe von Chromoendoskopie, veränderten Lichtwellen und konfokaler Laserendomikroskopie können Malignome wesentlich besser identifiziert werden. Am ferneren Horizont zeichnen sich Programme mit künstlicher Intelligenz zur zuverlässigeren Erkennung von Polypen ab.

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Endoskopisch: kurativ auch ohne Operation

Auch bei der therapeutischen gastrointestinalen Endoskopie hat sich viel getan. Es blieb nicht bei Blutstillung, Polypenabtragung mit der Schlinge, Stent-Platzierungen, Lithotripsie, Drainagen, Dilatationen, bariatrischen Eingriffen und Anlagen von PEG. Die vor allem in Japan entwickelten Techniken der endoskopischen Mukosaresektion (EMR) und der endoskopischen Submukosadissektion (ESD) erlauben es, bestimmte Formen von früh erkannten Neoplasien zuverlässig und kurativ ohne Operation zu behandeln. Im Kolon werden diese Techniken schon seit längerem angewandt. In jüngster Zeit erobern diese Verfahren auch den Magen und den Ösophagus. Sie gingen auch in die S3-Leitlinie zu Diagnostik und Therapie der Adenokarzinome des Magens und des ösophagogastralen Übergangs ein.

Unabhängig von der Lokalisation erfolgt eine ESD in mehreren festgelegten Schritten: Die Läsion muss gegen die gesunde Umgebung abgegrenzt und markiert werden, wobei ein Sicherheitsabstand von fünf Millimetern einzuhalten ist. Die Läsion wird unterspritzt und zirkumzisiert. Nun erfolgt die eigentliche submuköse Dissektion zum Beispiel mit einem Wasserstrahl. Das Präparat wird geborgen, Gefäßstümpfe im Wundgrund versorgt. Für diese Technik werden von der Industrie mehrere kleine Zusatzinstrumente wie aufsetzbare Kunststoffkappen, das HybridKnife oder ein rotierender Innenkatheter mit Schneideseele angeboten. Auch für die Lösung zum Unterspritzen gibt es mehrere Kandidaten. Insgesamt hat man den Eindruck, als befinde sich das Verfahren noch im Fluss. Offensichtlich haben einzelne Endoskopiker "ihre" Spezialausrüstung etabliert.

Im Trend der Zeit

Informieren Sie sich anhand unseres CME-Beitrags über nähere Details und Ergebnisse der endoskopischen Therapie von Frühkarzinomen im oberen Gastrointestinaltrakt. Auch wenn noch nicht alle Details der Methode einheitlich gehandhabt werden, so liegt das Verfahren im Trend der Zeit und passt in den Wandel der Ansprüche sowie zu den Veränderungen des Versorgungssystems. Es ist ambulant durchführbar, die Rate interventionsabhängiger Komplikationen bewegt sich in kleinen Studien aus Deutschland im Bereich von zirka 10 %. Auch die Zahl der Rezidive ist unter engmaschiger Nachsorge akzeptabel gering. Natürlich besteht auch hier das allgemeine Problem der Lernkurve und des Zeitaufwands. Derartige Zahlen sind nur zu erzielen, wenn ein eingespieltes Team von verantwortungsvollen Endoskopikern zur Verfügung steht.

Willkommene Alternative

Und dennoch: Mit der Zunahme immer älterer Patienten mit Malignomen des Magens und des Ösophagus steht der Arzt häufig vor der Frage, ob man dem Patienten angesichts seiner Begleiterkrankungen und der geringen Lebenserwartung noch einen großen chirurgischen Eingriff mit dem Risiko allgemeiner Komplikationen zumuten kann und soll. Sie kennen das Dilemma nur zu gut: Je älter der Patient, umso weniger wichtig wird die möglichst lange Lebenserwartung und stehen Befinden und Lebensqualität im Vordergrund. Eigentlich wollen Sie dem Patienten von einer Operation abraten, Sie haben aber gleichzeitig Hemmungen, ihn ohne Hilfe nach Hause zu schicken. Hier bieten die endoskopischen Resektionsverfahren tatsächlich eine willkommene Alternative. Und Sie kommen gemeinsam mit dem Patienten zu neuen Ufern.

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Prof. Dr. med. Hermann S. Füeßl

Internist - Gastroenterologe Privatpraxis für Integrative Innere Medizin

Renatstraße 50, 80639 München

E-Mail: hsfuessl@t-online.de