Im Bereich der Diabetologie haben neue wissenschaftliche Studien vielerorts zu einem kompletten Umdenken geführt. So wird die bei Typ-1-Diabetes lebenserhaltende Insulintherapie bei Typ-2-Diabetes zunehmend kritisch gesehen. "Einmal Typ-2-Diabetes - immer Typ-2-Diabetes", auch das gilt nicht mehr, da durch eine radikale Gewichtsabnahme langanhaltende klinische Remissionen möglich sind. Hier ein Überblick aktueller Studien auch vor dem Hintergrund der Coronavirus-Pandemie.

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Low-Insulin-Diät oder Insulintherapie? Auch diese Entscheidung muss für jeden Patienten individuell getroffen werden.

In diesem Jahr feiert die Diabetologie weltweit den 100. Jahrestag der Entdeckung und Isolierung des Hormons Insulin. Damit wurde es möglich, dass Menschen mit Typ-1-Diabetes oder anderen Insulinmangel-Erkrankungen überleben konnten. Dies ist zwei kanadischen Medizinern, Grant Banting, dessen Freund an Diabetes gestorben war, und Charles Best, dem Sohn eines Arztes, nach langjährigem Experimentieren gelungen. Zwei Jahre später, 1923, erhielten Frederick Banting und der Physiologe John Macleod, der maßgeblich an den Forschungen beteiligt war, den Nobelpreis für Medizin. Charles Best ging leer aus. Banting, der sich später Sir Frederick Banting nennen durfte, protestierte erfolglos und teilte daraufhin sein Preisgeld mit seinem Mitarbeiter Charles Best. Auch Macleod behielt das Geld nicht für sich selbst, sondern gab die Hälfte an den an den Forschungsarbeiten beteiligten Biochemiker James Bertram Collip ab. Bereits einige Jahre zuvor hatte ein rumänischer Professor, Nicolae Paulescu, mit Schlachtabfällen experimentiert und herausgefunden, dass die Bauchspeicheldrüse ein Hormon zur Regulierung des Zuckerstoffwechsels produziert. Mit "Pankrein", einem Extrakt aus den Rinderpankreas, behandelte er zuckerkranke Hunde und ließ sich das Mittel 1922, also ein Jahr vor der Verleihung des Nobelpreises an Banting und Macleod beim Ministerium für Industrie und Handel in Bukarest patentieren. Die Kanadier sollen seine Entdeckungen und Aufzeichnungen sogar gekannt haben - bei der Preisverleihung ging Paulescu jedoch leer aus. 1922, also schon ein Jahr nach der Isolierung von Insulin, gelang dem Team um Banting und Best die erste Rettung eines Menschen mit Diabetes, jenen den wir heute als Typ-1-Diabetes bezeichnen: Der 13 Jahre alte Leonard Thompson, der seit eineinhalb Jahren an der Krankheit litt, wurde von ihnen im Toronto General Hospital mit Rinderinsulin behandelt. Schon nach drei Tagen war sein Harn frei von Zucker und Aceton und auch die Blutglukosewerte sanken [1]. Thompson überlebte 14 Jahre lang, bis er an einer Lungenentzündung starb. Der im Juli 1922 behandelte Theodore Ryder, zum damaligen Zeitpunkt fünf Jahre alt, überlebte sogar 70 Jahre lang.

Kann Insulin auch gefährlich sein?

Als wichtigste Nebenwirkung einer Insulintherapie steht die Hypoglykämie im Vordergrund. Hinsichtlich der Bedeutung von chronisch erhöhten Insulinspiegeln gibt es unterschiedliche Auffassungen. Meist wird die Hyperinsulinämie als kompensatorische Mehrproduktion aufgrund einer Insulinresistenz gesehen. Gleichzeitig wird die kardiovaskuläre Sicherheit einer Insulintherapie immer wieder angezweifelt, wobei in der ORIGIN-Studie, als einzige randomisierte Interventionsstudie zu dieser Fragestellung, keine Sicherheitsbedenken aufkamen. Jedoch wurde in dieser Studie im Mittel 0,4 IE/kg Insulin glargin gegeben, was bei einer Person mit 90 kg nur 36 IE Insulin bedeutet [2]. Eine retrospektive Kohortenstudie ergab, dass die Mortalität bei Patienten mit einem Insulinbedarf > 100 U/Tag etwa doppelt so hoch lag wie bei denen mit einer Insulindosis von < 25 U/Tag [3]. Bei dieser Diskussion der pathogenetischen Rolle einer Insulintherapie bei Typ-2-Diabetes bzw. einer Hyperinsulinämie bei Adipositas stellt sich immer die Frage nach der Henne und dem Ei, da es sich um Beobachtungsstudien handelt, sodass die Ergebnisse reine Assoziationen sind. Auf der anderen Seite kann aus ethischen Gründen keine Studie durchgeführt werden, bei der man Personen in unterschiedliche Gruppen mit niedrigen, mittleren und hohen Insulintherapiedosen randomisiert.

Ein neues Analyseverfahren - die sogenannte Mendelsche Randomisierung - hat aber das Potenzial, solche Zusammenhänge kausal zu bewerten. Dazu werden genetische Marker und klinische Ereignisse mit speziellen biostatistischen Methoden in Beziehung gesetzt. Eine chinesisch/amerikanische Forschergruppe hat bei über 390.000 Teilnehmern der UK-Biobank 12 Genpolymorphismen untersucht, für die bekannt ist, dass sie die Insulinsekretion regulieren [4]. Das heißt, wenn Personen viele dieser Polymorphismen in ihrem Genom haben, produzieren sie deutlich mehr Insulin als diejenigen, die diese genetischen Marker nicht haben. Anders ausgedrückt hat hier die Natur die Randomisierung vorgenommen, sodass externe Einflussfaktoren ausgeschlossen werden können. In den biostatistischen Untersuchungen zeigte sich für Personen mit genetisch bedingter Hyperinsulinämie ein fast 3-fach erhöhtes Myokardinfarktrisiko (Odds Ratio (OR) 2,87; 95%-KI 1,30-6,33, p = 0,009). Bei Frauen ergab sich kein erhöhtes Risiko; Bei Männer war dieses Risiko aber um mehr als das 4-Fache erhöht (OR 4,27; 95%-KI 1,6-11,3, p = 0,004). Ähnliche Ergebnisse ergaben sich für den Zusammenhang mit Insulinresistenzgenen. Auch für das Auftreten von Angina pectoris ergaben sich bei Männern signifikante Zusammenhänge sowohl für die Untersuchungen mit Insulin als auch mit den Insulinresistenz-Genen, jedoch nicht für eine Herzinsuffizienz.

Einer Übersichtsarbeit hat sich kritisch mit einem begrenzten physiologischen Konzentrationsbereich von Insulin auseinandergesetzt [5]. Dabei wird herausgestellt, dass neben der Aufrechterhaltung der Glukosehomöostase Insulin auch ein anaboles Hormon ist, das eine große Zahl von Zellreaktionen stimuliert. Nicht nur zu niedrige, sondern auch zu hohe Insulinkonzentrationen beeinträchtigen das physiologische Gleichgewicht. Neue Theorien gehen davon aus, dass die Insulinresistenz nicht Ursache, sondern Folge der Hyperinsulinämie ist, da durch Dämpfung der Effizienz des Insulinsignals auf den Glukosestoffwechsel Hypoglykämien vermieden werden. Interessanterweise betrifft die Insulinresistenz nur die glukosesenkende Wirkung von Insulin, nicht die meisten seiner anderen hormonellen Wirkungen, einschließlich der Stimulation der Proteinsynthese und der De-novo-Lipogenese. Zu den weiteren Funktionen gehört auch die Hemmung der Lipolyse, des autophagieabhängigen Zellumsatzes sowie andere Abwehrmechanismen. Generell gibt es keine allgemeine Insulinresistenz, sondern eine selektive Beeinträchtigung der Signalwirkung von Insulin, die eine geringere Glukoseaufnahme aus dem Blut und eine verringerte Aktivierung der endothelialen Stickstoffmomoxid(NO)-Synthase verursacht. Aufgrund der weitgehend uneingeschränkten Insulinwirkung erhöht eine Hyperinsulinämie das Risiko für Adipositas, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und verkürzt die Lebenserwartung. Dabei wird hervorgehoben, dass nicht nur in der zuvor erwähnten [3], sondern in weiteren epidemiologischen Studien eine hochdosierte Insulintherapie mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden ist.

Mögliche Gefahren durch eine Insulintherapie wurden kürzlich auch im Zusammenhang mit COVID-19-Erkrankung berichtet [6]. In vielen Untersuchungen wurden der Typ-2-Diabetes als auch eine ausgeprägte Adipositas als Risiken für einen schweren Verlauf beschrieben. So ergab zum Beispiel eine retrospektive Studie aus Wuhan in China eine erhöhte Sterberate von Menschen mit Typ-2-Diabetes im Vergleich zu Menschen ohne Diabetes [7]. Allerdings war die Mortalität in dieser Risikogruppe bei guter Stoffwechseleinstellung im Vergleich zu schlechten Werten geringer. In einer anderen Analyse aus China wurde eine Hyperglykämie unabhängig von einer Diabetesdiagnose als Prädiktor für eine 28-Tage-Mortalität beschrieben [8]. Diese Daten könnten zu der Schlussfolgerung führen, dass bei COVID-19 eine aggressive Glukoseeinstellung mit Insulin einzuleiten wäre, da nur so eine schnelle Stoffwechseloptimierung möglich ist. Wie immer ist bei solchen retrospektiven Untersuchungen Vorsicht geboten, da keine kausalen Zusammenhänge untersucht werden können. Die zuvor bereits erwähnte Studie unterstreicht diese Zurückhaltung, denn eine weitere retrospektive Analyse aus Wuhan zeigt, dass Personen mit einer Insulintherapie ein ganz besonders hohes Risiko für einen tödlichen COVID-19-Verlauf haben [7].

In diese Studie wurden 689 Patienten mit COVID-19 und Typ-2-Diabetes einbezogen. Patienten mit einer Insulintherapie zeigen im Vergleich zu denen ohne Insulintherapie in 27,2 % gegenüber 3,5 % einen tödlichen Verlauf (▶Abb. 1). Die Unterschiede konnten in ganz unterschiedlichen Subanalysen wie Propensity-Scoring oder Berücksichtigung nur der kritisch Kranken bestätigt werden. Nach einer statistischen Adjustierung für ganz unterschiedliche Faktoren ergab sich für eine Insulintherapie eine Risikosteigerung (Hazard Ratio) von 5,38 mit einem Konfidenzintervall (KI) von 2,75-10,54. Der erste Gedanke, dass es sich hierbei möglicherweise um einen Selektionsbias handelt, wird durch eine Vielzahl an weiteren Subanalysen entkräftet. So bleibt der deutliche Unterschied zwischen Patienten mit Typ-2-Diabetes mit oder ohne Insulintherapie bestehen, auch wenn man die Patienten aufgrund basaler Laborwerte wie Glukose, HbA1c, N-terminales pro B-Typ natriuretisches Peptid (NT-proBNP) oder den Entzündungsparametern C-reaktives Protein (CRP) und Interleukin (IL)-6, aber auch der Diabetesdauer, stratifiziert. Bei der Untersuchung von unterschiedlichen antidiabetischen Therapien zeigte sich, dass eine Kombinationstherapie mit Insulin im Vergleich zu der jeweiligen Monotherapie eine deutlich höhere Mortalität nach sich zieht, auch unabhängig von einer Hyperglykämie. In weiteren Subanalysen konnte gezeigt werden, dass diese Befunde nicht mit Hypoglykämien im Zusammenhang stehen. Hingegen finden die Autoren einen unerwarteten Zusammenhang der Entzündungswerte zwischen Patienten mit und ohne Insulintherapie: Während es zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme keine Unterschiede gab, kam es im Verlauf der Insulintherapie zu einem Anstieg der Entzündungsparameter CRP und IL-6. Diese sehr prominent publizierten Daten wurden von Marc Donath aus Zürich kommentiert [9]. Darin führt er aus, dass durch die Insulintherapie der für COVID-19 beschriebene "Zytokinsturm" möglicherweise verstärkt wird und bestimmte virusbedingte Organschäden verschlimmert werden. Möglicherweise erklären diese Befunde aber auch, warum Personen mit Adipositas ein deutlich erhöhtes Risiko für einen ungünstigen Verlauf von COVID-19- haben, da mit steigendem BMI auch die endogenen Insulinspiegel ansteigen.

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Kaplan-Meier-Überlebenskurven für Patienten mit COVID-19 und Typ-2-Diabetes, mit bzw. ohne Insulintherapie.

Diese Daten stellen die behandelnden Ärzte vor das Dilemma, dass bei COVID-19 eine Hyperglykämie vorliegt, die mit einer erhöhten Mortalität assoziiert ist, wobei jedoch der Versuch einer Korrektur durch Insulin zu einer noch schlechteren Prognose führt. Die meisten anderen Antidiabetika sind bei kritisch kranken Menschen aufgrund der Kontraindikationen auch nur bedingt einzusetzen. Bis aber Ergebnisse von randomisierten Studien vorliegen, können diese retrospektiven Daten nur Hinweise für die klinische Entscheidung am Krankenbett geben.

Low-Insulin-Programm

Basierend auf den zuvor dargestellten Daten, dass permanent erhöhte Insulinspiegel eine wesentliche Rolle bei der Gewichtszunahme und der Entstehung von kardiometabolischen Erkrankungen spielen, wurde von uns das "Low-Insulin-Programm" zur Gewichtsabnahme entwickelt und in einer randomisiert-kontrollierten Studie evaluiert [1]). Dabei wurden verschiedene lebensstilbezogene Maßnahmen mit dem Ziel kombiniert, die endogenen Insulinspiegel langfristig zu senken. Mitarbeiter des Verbund Katholischer Kliniken Düsseldorf (VKKD) mit einem BMI > 27 kg/m2 wurden rekrutiert und in eine Interventionsgruppe (n = 15) oder eine Warte- bzw. Kontrollgruppe (n = 15) randomisiert. Das Low-Insulin-Programm bestand aus gruppenbasierten Seminaren, kohlenhydratarmer Ernährung einschließlich der Option einer Low-Insulin-Formula-Diät, kontinuierlicher Glukoseüberwachung, telemetrischem Monitoring und telemedizinischem Coaching. Zusätzlich wurden die Teilnehmer in der Interventionsgruppe darauf hingewiesen, künstliche Süßstoffe und Emulgatoren zu meiden, für die eine Steigerung der Insulinproduktion nachgewiesen wurde. Beide Gruppen erhielten zu Studienbeginn telemetrische Geräte. Intention-to-Treat-Analysen wurden nach 12, 26 und 52 Wochen durchgeführt. Der primäre Endpunkt, die Gewichtsreduktion nach 12 Wochen, zeigte im Vergleich zur Kontrollgruppe bei der Low-Insulin-Interventionsgruppe eine Gewichtsabnahme von -6,3 kg mit einem 95%-KI von -7,4 bis -4,5 (p < 0,001). Zudem verbesserte sich im 12-wöchigen Verlauf in der Interventionsgruppe sowohl Nüchternglukose und -insulin als auch HbA1c, die Lebensqualität, der Blutdruck und das Essverhalten (alle p < 0,05). In der Kontrollgruppe konnten hingegen keine Verbesserungen nachgewiesen werden. Nach 12 Wochen wurde den Teilnehmern das Low-Insulin-Programm ebenfalls angeboten, sodass hier die Effektivität der Intervention ebenfalls geprüft werden konnte.

Bei der Analyse der Werte beider Gruppen nach 26 und 52 Wochen ergab sich eine Gewichtsreduktion in Höhe von -6,7 kg (95%-KI -9,5 bis -3,8, p < 0,001) und -6,1 kg (95%-KI -9,2 bis -2,7, p < 0,01) (▶Abb. 2a). Das Low-Insulin-Programm wurde in einer weiteren Studie bei Mitarbeitern der Deutschen Bundesbank Düsseldorf durchgeführt. In dieser Kohortenstudie konnten die o.g. Ergebnisse bestätigt werden; wobei die Gewichtsabnahme nach 1 Jahr mit -10 kg (95%-KI -13 bis -7) sich sogar noch etwas ausgeprägter darstellte. Die Ergebnisse der Kohortenstudie sprechen für eine Generalisierbarkeit der Ergebnisse der bereits zuvor publizierten randomisiert-kontrollierten Studie. Zusätzlich wurde bei den Teilnehmern der randomisierten Studie Gewichtsveränderungen in Abhängigkeit der basalen Insulinspiegel untersucht (▶Abb. 2b). Dabei zeigt sich, dass je höher die Insulinspiegel zu Beginn der Studie lagen, umso ausgeprägter war die Gewichtsabnahme. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Low-Insulin-Programm zu einer klinisch relevanten Gewichtsreduktion führt und die langfristige Aufrechterhaltung des Gewichtsverlusts bei Personen mit Übergewicht oder Adipositas unterstützt. Das Low-Insulin-Programm wurde parallel zur Publikation anwenderfreundlich in einem Buch zusammengefasst [11].

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Gewichtsverläufe des Low-Insulin-Programms über 1 Jahr der Teilnehmer der randomisierten Studie und einer weiteren Kohorte im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements der Deutschen Bundesbank (a), sowie Gewichtsabnahmen in Abhängigkeit von den basalen Insulinspiegeln (b) [10])

Künstliche Süßstoffe und Insulinspiegel

Auch wenn Getränke mit Zuckerersatzstoffen als kalorienarme Getränk zur Gewichtsabnahme propagiert werden, gibt es keine Studie, die diesen Zusammenhang mit entsprechenden Gewichtsverläufen untermauert. Vielmehr wird immer wieder diskutiert, dass durch den Konsum von entsprechenden Light-Getränken auch gesundheitliche Risiken entstehen können. In einer kürzlich publiziertenn Studie wurden die Daten der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Kohorte verwendet. Diese umfasst über 450.000 Probanden, die in den Jahren 1992-2000 untersucht und bis 2018 nachbeobachtet wurden [12]. Zu Beginn der Untersuchung wurden die Teilnehmer nach ihrem Getränkekonsum befragt. Insgesamt traten über 41.000 Todesfälle auf, die in statistischen Analysen in Bezug auf den initial berichteten Getränkekonsum analysiert wurden. Bei einem täglichen Konsum von mindestens 2 Gläsern im Vergleich zum Konsum von weniger als einem Glas pro Monat ergab sich sowohl für Zucker- wie auch mit künstlichen Süßstoffen gesüßte Getränke eine signifikant erhöhte Gesamtmortalität. Interessanterweise war dieses Risiko bei den Light-Getränken 3-mal höher als beim Konsum zuckergesüßter Getränke. Kardiovaskuläre Todesfälle waren signifikant mit den mit künstlichen Süßstoffen gesüßten Getränken assoziiert, während bei zuckergesüßten Getränken Todesfälle durch gastrointestinale Ursachen im Vordergrund standen. Die andere Studie mit Daten der Nurses' Health Study bestätigte diese Assoziationen von Light-Getränken mit Gesamt- und kardiovaskulärer Mortalität [13]. Im letzten Jahr wurden nun diese Ergebnisse für kardiovaskuläre Erkrankungen anhand der Daten der NutriNet-Santé-Kohorte bestätigt [14]. Hier wurden 104.760 Teilnehmer eingeschlossen, von denen im Verlauf 1.379 erstmals ein kardiovaskuläres Ereignis entwickelten. Sowohl für den Konsum von mit Zucker wie auch von mit künstlichen Süßstoffen gesüßten Getränken konnte ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse nachgewiesen werden.

Eine hochrangig publizierte Studie beschreibt den möglichen Mechanismus der zuvor beschriebenen Assoziationen von künstlichen Süßstoffen mit Mortalität bzw. kardiovaskulären Ereignissen [15] im Kontext der zuvor dargestellten Risiken erhöhter Insulinspiegel. Dabei wurde herausgefunden, dass der Konsum von mit dem künstlichen Süßstoff Sucralose gesüßten Getränken keinen Einfluss auf die Insulinproduktion und die Insulinsensitivität hat. Wurde Sucralose mit Kohlenhydraten kombiniert eingenommen, kam es zu einer so großen Steigerung der Insulinproduktion und folglich einer Reduktion der Insulinsensitivität, dass die Studie durch die Ethikkommission der Yale Universität vorzeitig beendet wurde. Diese Untersuchungen wurden bei gesunden Personen durchgeführt. Parallel wurden Untersuchungen mit der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) durchgeführt, bei denen sich herausstellte, dass dieser Effekt mit einer Verringerung der Reaktionen des Mittelhirns, der Insel und des Cingulums auf einen süßen, aber nicht auf sauren, salzigen oder herzhaften Geschmack hatte. Die Geschmackswahrnehmung war unverändert und der Verzehr der Kohlenhydrate allein hatte keine Wirkung. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass viele der bisherigen Studien, die die Wirkung von künstlichen Süßstoffen alleine geprüft hatten, wohl wiederholt werden müssen. In der täglichen Praxis werden Produkte mit künstlichen Süßstoffen in der Regel immer in Kombination mit Kohlenhydraten eingenommen. Vielmehr glauben viele Menschen durch die Einsparung von Kalorien durch die Nutzung von kalorienarmen künstlichen Süßstoffen dafür mehr von anderen kohlenhydrathaltigen Produkten zu sich nehmen zu dürfen.

Diese Daten zeigen, dass die aktuelle gesundheitspolitische Diskussion zur Einführung einer "Zuckersteuer" zu kurz greift. Wenn man über ordnungspolitische Eingriffe nachdenkt, müss-te man neben der Zuckersteuer auch Brot, Reis oder Kartoffeln besteuern, zumal Kartoffelpüree bekanntlich einen höheren glykämischen Index als Haushaltszucker hat. Wenn nun auch der Konsum von Light-Getränken mit gesundheitlichen Risiken, wie Adipositas, Diabetes sowie kardiovaskuläre und Gesamt-Mortalität assoziiert werden kann, würde die reine Zuckersteuer sicherlich zu kurz gedacht sein. Auch erklären diese Daten, warum in den Ländern, die eine Zuckersteuer haben, bisher keine Auswirkungen auf die genannten Erkrankungen nachgewiesen werden konnten. Vielleicht ist da der Weg, den Norwegen mit einer "Süßsteuer" eingeschlagen hat, der bessere, um uns zu entsüßen!

Im Bereich der Endokrinologie ist hinreichend bekannt, dass sowohl erhöhte als auch zu niedrige Hormonspiegel zu Erkrankungen und gesundheitlichen Beschwerden führen (▶Abb. 3).

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Grundprinzipien der Endokrinologie. (CVD = kardiovaskuläre Erkrankung) [11].

Bei zu niedrigen Spiegeln an Schilddrüsenhormon treten die typischen Beschwerden eine Hypothyreose mit u. a. Gewichtszunahme, depressiver Verstimmung oder Bradykardie auf. Sind dagegen die Spiegel erhöht, so weisen u. a. vermehrtes Schwitzen, Gewichtsabnahme, Tremor, aber auch Tachykardie, auf eine Hyperthyreose hin. Bei niedrigen Cortisolspiegeln tritt ein Morbus Addison, bei erhöhten ein Morbus Cushing auf. Dieses Grundprinzip der Endokrinologie kann auf alle Hormone angewendet werden, so auch auf die endogenen Insulinspiegel: Bei zu niedrigen Spiegeln wie bei Typ-1-Diabetes oder einem pankreopriven Diabetes war die Entdeckung von Insulin vor 100 Jahren ein wirklicher Segen. Bei erhöhten Insulinspiegeln müssen die zuvor dargestellten Ergebnisse, die auf ein erhöhtes Risiko für Adipositas, kardiovaskuläre Ereignisse, sowie eine gesteigerte Mortalität hinweisen zu einem Umdenken führen. Die neuen Leitlinien weisen da in die richtige Richtung, die bei Typ-2-Diabetes, der durch eine Hyperinsulinämie charakterisiert ist, eine Insulintherapie nur in sehr späten Stadien vorsehen.

Remission des Typ-2-Diabetes

Die Arbeitsgruppe von Roy Taylor hat im Jahr 2017 eine bahnbrechende Arbeit, die DiRECT-Studie, publiziert [16]. Dabei handelt es sich um eine offene, clusterrandomisierte Studie in 49 hausärztlichen Praxen in Schottland und der Tyneside-Region in England. In der Interventionsgruppe wurde ein Gewichtsmanagement-Programm und in denen der Kontrollgruppe eine Leitlinienorientierte Behandlung durchgeführt. Die Intervention beinhaltete am ersten Tag der Ernährungsumstellung ein komplettes Absetzen der antidiabetischen und antihypertensiven Therapie. Es wurde ein kompletter Mahlzeitenersatz von 825-853 kcal pro Tag mit einer flüssigen Formuladiät für drei bis fünf Monate eingeführt. Anschließend wurde über zwei bis acht Wochen die normale Nahrung wieder stufenweise eingeführt. Der coprimäre Endpunkt bestand innerhalb von 12 Monaten aus einer Gewichtsreduktion von mehr als 15 kg bzw. einer Diabetesremission, definiert über einen HbA1c von weniger als 6,5 % (< 48 mmol/mol) zwei Monate nach komplettem Absetzen jeglicher Medikation. Insgesamt wurden 306 Personen, mit einer mittleren Typ-2-Diabetesdauer von 4,1 Jahren rekrutiert. Nach 12 Monaten hatten in der Interventionsgruppe 36 Teilnehmer (24 %) 15 kg Gewicht oder mehr verloren, während dies in der Kontrollgruppe keiner Person gelang (p < 0,0001). Eine Diabetesremission wurde bei 68 Teilnehmern (46 %) in der Interventionsgruppe und bei sechs Teilnehmern (4 %) in der Kontrollgruppe erreicht (OR 19,7; 95%-KI 7,8 bis 49,8; p < 0,0001). In der Zwischenzeit wurde der 2-Jahres-Verlauf publiziert [17]. Eine klinische Remission konnte bei 36 % in der Interventionsgruppe und 3 % in der Kontrollgruppe aufrechterhalten werden (OR 25,82, 95%-KI 8,25-80,84; p < 0,0001).

Die posthoc Analysen, bei denen der erreichte Gewichtsverlust mit dem Ausmaß der Remissionsrate korreliert wurde, zeigt, dass 64 % der Teilnehmer, die mindestens 10 kg Gewicht verloren hatten, eine klinische Remission erreichten. Mit diesen Daten konnte gezeigt werden, dass Langzeitremissionen, bei bereits im Mittel seit 4 Jahren bestehendem Diabetes, auch über 24 Monate möglich sind. In weiteren Subanalysen der DiRECT-Studie wurde zu Studienbeginn, 5 Monate, 12 Monate und 24 Monate nach Beginn der Intervention Pankreasvolumen, intrapankreatischer Fettgehalt und die Abgrenzung der Pankreasgrenzen mittels MRT zwischen Respondern und Non-Respondern verglichen [18]. Diese Daten wurden zusätzlich mit einer nicht diabetischen Vergleichsgruppe (NDC) verglichen. Zu Studienbeginn hatten Teilnehmer mit Typ-2-Diabetes mit 61,7 cm3 (SD 16,0) im Vergleich zu 79,8 cm3 (14,3) in NDC-Gruppe ein signifikant niedrigeres mittleres Pankreasvolumen (p < 0,0001). Nach 24 Monaten ist das Pankreasvolumen bei den Respondern um 9,4 cm3 (95%-KI 6,1 bis 12,8) im Vergleich zu Non-Respondern um 6,4 cm3 (2,5 bis 10,3) signifikant (p = 0,0008) angestiegen. Die Pankreasgrenzen zu Studienbeginn waren bei Teilnehmern mit Typ-2-Diabetes unregelmäßiger als in der NDC-Gruppe und hatten sich nur bei den Respondern im Verlauf von 24 Monaten normalisiert. Der intrapankreatische Fettgehalt nahm bei den Respondern um 1,0 % (95%-KI 0,53 bis 1,51) und bei 13 Non-Respondern um 0,51 % (-0,17 bis 1,19) ab (p = 0,023). Diese Daten zeigen zum ersten Mal, dass es bei einer durch gewichtsverlustinduzierten Remission des Typ-2-Diabetes, zu einer Reversibilität einer anormalen Pankreasmorphologie kommt. In einer weiteren Analyse wurden Prädiktoren für die Typ-2-Diabetes-Remission im Interventionsarm von DiRECT untersucht [19]. Als Prädiktoren für eine Remission nach 12 und 24 Monaten wurden folgende Parameter zu Beginn der Studie identifiziert: geringere Verschreibung von Antidiabetika, niedrigere Spiegel der Triglyzeride und der Gamma-GT (Gamma-Glutamyl-Transferase) sowie eine bessere Lebensqualität mit weniger Angstzuständen/Depressionen. Das basale HbA1c war ein Prädiktor nach 12 Monaten und ein höheres Alter sowie das männliche Geschlecht waren Prädiktoren nach 24 Monaten. Die Verschreibung von Antidepressiva war ein Prädiktor für ein Nichtauftreten einer Remission. Einige, aber nicht alle Effekte konnten durch das Ausmaß des Gewichtsverlustes erklärt werden. Der Gewichtsverlust war der stärkste Prädiktor für die Remission nach 12 Monaten (adjustierte OR pro kg Gewichtsverlust 1,24, 95%-KI 1,14 bis 1,34; p < 0,0001) und 24 Monaten (adjustierte OR 1,23, 95%-KI 1,13 bis 1,35; p < 0,0001). Der Gewichtsverlust in Kilogramm und der prozentuale Gewichtsverlust waren vergleichbar gute Prädiktoren. Ein zeitlich früherer Gewichtsverlust und eine höhere Teilnahmerate am Programm waren mit einer höheren Remissionsrate assoziiert. Interessanterweise hatten der BMI, das Nüchterninsulin, das Nüchtern-C-Peptid zu Beginn der Studie und die Diabetesdauer keine prädiktive Bedeutung für Remissionen.

Eine weitere Studie mit hohen Remissionsraten bei Personen mit bereits seit weniger als 3 Jahren diagnostizierten Typ-2-Diabetes ist die "Diabetes Intervention Accentuating Diet and Enhancing Metabolism (DIADEM-I)"-Studie [20]. Bei DIADEM-I handelt es sich um die erste, randomisierte und kontrollierte Studie (RCT) in den Regionen Naher Osten/Nordafrika, bei der die Wirksamkeit einer intensiven Lebensstil-Intervention (ILI) zur Gewichtsreduktion und Diabetesremission getestet wurde. Eingeschlossen wurden Personen im Alter von 18 bis 50 Jahren mit einem Typ-2-Diabetes (Diabetesdiagnose ≤ 3 Jahre) und einem BMI > 27 kg/m2. Die Teilnehmer (n = 158) wurden aus dem Bereich der Grundversorgung in die übliche medizinische Versorgung oder ILI randomisiert. In der ILI erhielten die Teilnehmer in der ersten Phase einen kompletten Nahrungsersatz mit Mahlzeitenersatzprodukten, gefolgt von einer schrittweisen Wiedereinführung von Nahrungsmitteln und einer Unterstützung zur Steigerung der körperlichen Aktivität. Der primäre Endpunkt war der Gewichtsverlust nach 12 Monaten. Zu den wichtigsten sekundären Ergebnissen gehörten der HbA1c und die Diabetesremission. Zwischen dem Ausgangswert und 12 Monaten verringerte sich das mittlere Körpergewicht der Teilnehmer der Interventionsgruppe um 11,98 kg (95%-KI 9,72-14,23 kg) im Vergleich zu 3,98 kg (2,78-5,18) in der Kontrollgruppe (adjustierte mittlere Differenz -6,08 kg, 95%-KI -8,37 bis -3,79 kg, p < 0,0001). In der Interventionsgruppe erreichten 21 % der Teilnehmer einen Gewichtsverlust von mehr als 15 %, verglichen mit 1 % der Teilnehmer in der Kontrollgruppe (p < 0,0001).

Eine Diabetesremission trat bei 61 % der Teilnehmer der Interventionsgruppe im Vergleich zu 12 % in der Kontrollgruppe auf (OR: 12,03, 95%-KI 5,17 bis 28,03, p < 0,0001. 33 % der Teilnehmer der Interventionsgruppe hatten eine Normoglykämie im Vergleich zu 4 % der Teilnehmer der Kontrollgruppe (OR 12,07 95%-KI [3,43 bis 42,45], p < 0,0001) (▶Abb. 4). Diese Ergebnisse zeigen, dass eine intensive Lebensstil-Intervention nach 12 Monaten zu einem signifikanten Gewichtsverlust führen kann. Dieser Gewichtsverlust war bei über 60 % der Teilnehmer in der Interventionsgruppe mit einer Diabetesremission und bei über 30 % mit einer Normoglykämie assoziiert.

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Veränderung des HbA1c-Wertes (A) und der Rate an Diabetesremissionen (B) in der Studie von Taheri S et al. [29].

In einer weiteren Studie wurde der Ansatz der Kombination eines flüssigen Mahlzeitenersatzes (Formula-Diät mit hohem Proteinanteil) mit einer Lebensstil-Intervention bei Prädiabetes untersucht [21]. Bei der Prädiabetesgruppe handelt es sich um eine präspezifizierte Subanalyse der ACOORH-Studie, einer multizentrischen randomisiert-kontrollierten Studie (RCT) mit 463 Teilnehmer mit Übergewicht oder Adipositas (BMI: 27-35 kg/m²) und mindestens einer zusätzlichen Komorbidität des metabolischen Syndroms [22]). Die Studienteilnehmer wurden im Verhältnis 1:2 in eine Kontrollgruppe mit nur Lebensstil-Intervention (CON, n = 155 Personen) und eine Lebensstil-Interventionsgruppe mit flüssigem Mahlzeitenersatz (INT, n = 308) aufgenommen. Beide Gruppen verwendeten Geräte mit Telemonitoring-Funktion (Waagen und Schrittzähler), erhielten Informationen zu gesunder Ernährung und wurden angewiesen, die körperliche Aktivität zu steigern. Gewicht und Schritte wurden automatisch in ein personalisiertes Online-Portal übertragen und die erfassten Daten wurden regelmäßig in Gesprächen diskutiert. Die Formuladiät-Intervention war im Gegensatz zu dem mehrwöchigen Einsatz bei DiRECT [16, 17] oder DIADEM [20] weniger intensiv und entsprach der TeLiPro-Studie [23], d. h. die Teilnehmer in der INT-Gruppe erhielten innerhalb der ersten Woche einen niedrig-glykämischen, proteinreichen Mahlzeitenersatz (ca. 1.200 kcal/Tag). In den Wochen 2 bis 4 ersetzten die Teilnehmer zwei Mahlzeiten pro Tag und in den Wochen 5 bis 26 wurde nur eine Mahlzeit pro Tag ersetzt (1.300-1.500 kcal pro Tag). Die Teilnehmer wurden anschießend weitere 9 Monate nachverfolgt. Es wurden Intention-to-Treat-Analysen durchgeführt; der primäre Endpunkt war die Gewichtsänderung. Der adjustierte Behandlungsunterschied zwischen beiden Gruppen betrug -3,2 kg (95%-KI -4,0 bis -2,5, p < 0,001) nach 12 Wochen und -1,8 kg (95%-KI -2,8 bis -0,8) (p < 0,001) nach 52 Wochen. In einer präspezifizierten Subanalyse wurden die Teilnehmer der ACOORH Studie mit Prädiabetes separat analysiert [21]. Insgesamt hatten 141 Personen einen Prädiabetes. Diese wurden wie zuvor beschrieben 1:2 in eine Kontrollgruppe mit nur Lebensstilintervention (CON, n = 45) oder eine Lifestyle-Interventionsgruppe mit zusätzlichem Mahlzeitenersatz (INT, n = 96) randomisiert.

Im Vergleich zu CON erreichten nach 52 Wochen signifikant mehr Teilnehmer der INT-Gruppe eine Normoglykämie (50 % gegenüber 31 %; p < 0,05). Die Risikominderung führte zu einer INT (number needed to treat) von 5,3. Eine Lebensstil-Intervention mit einem niedrig-glykämischen, proteinreichen Mahlzeitenersatz reduzierte die Inzidenz des Prädiabetes stärker als eine Lebensstil-Intervention allein und ist für die Prävention eines Typ-2-Diabetes wirksam.

Diese Studien scheinen in Deutschland fast komplett ignoriert zu werden. Insbesondere wird die Nutzung von flüssigem Mahlzeitenersatz mittels Formuladiäten kritisch gesehen. Der National Health Service (NHS) hat basierend auf den Ergebnissen der DiRECT-Studie am 1. September 2020 mitgeteilt, dass in 10 Regionen Großbritanniens das entsprechende Lebensstil-Interventionsprogramm über 5.000 Patienten angeboten wird [24]. Dabei wird den teilnehmenden Patienten in der intensiven Gewichtsreduktionsphase sogar der flüssige Mahlzeitenersatz in Form von Formula Diäten für 3 Monate finanziert.

Zusammenfassung

In diesem Jahr wird weltweit der 100. Jahrestag der Entdeckung von Insulin gefeiert. Auch wenn eine Insulintherapie bei Typ-1- oder pankreoprivem Diabetes lebenserhaltend ist, mehren sich die Hinweise, dass eine chronische Hyperinsulinämie kausal mit der Entwicklung von Adipositas, kardiovaskulären Erkrankungen und einer erhöhten Mortalität im Zusammenhang steht. Ein innovatives Programm, basierend auf einer Low-Insulin-Ernährung, zeigt eine ausgeprägte und nachhaltige Gewichtsabnahme. Diese Erkenntnisse bestätigen ein Grundprinzip der Endokrinologie, wonach zu niedrige, aber auch zu hohe Hormonspiegel zu Erkrankungen führen. Im Bereich der Prävention zeigen radikale Gewichtsabnahmeprogramme bei bereits manifestem Typ-2-Diabetes eine hohe Rate an klinischen Remissionen, die über einen Zeitraum von 2 Jahren bestehen bleiben. Auch beim Prädiabetes zeigt der kurzzeitige Einsatz von einem flüssigen Mahlzeitenersatz eine erhöhte Rate an Regression zur Normoglykämie. Auch wenn in Deutschland diese Studien weitgehend ignoriert werden, scheinen andere Länder hier neue Wege im Bereich der Sekundärprävention des Typ-2-Diabetes zu gehen.

Dies ist eine gekürzte Form des Manuskriptes zum Vortrag "Pathophysiologie und Prävention" des Diabetes Update 2021 (https://diabetes-update.com/)

Literatur als Zusatzmaterial online: https://doi.org/10.1007/s15034-021-3705-1