Je niedriger der HbA1c-Wert, desto geringer ist der Einfluss des Nüchternblutzuckers darauf. Es steigt dann der Einfluss des postprandialen Blutzuckers. Diesen zu senken, ist auch klinisch relevant.

Werden Patienten mit Typ-2-Diabetes eingestellt, stehen der HbA1c-Wert und der Nüchternblutzucker (NBZ) im Mittelpunkt. Schließlich definieren diese beiden Kenngrößen auch die Diagnose: Ein HbA1c >6,5 % bedeutet Diabetes mellitus. Das gilt auch bei einem NBZ >126 mg/dl, wenn der HbA1c-Wert von 5,7 bis 6,5 % liegt. Hier kann die Diagnose durch einen oralen Glukosetoleranztest (OGTT) gefestigt werden, wenn der 2-Stunden-Wert über 200 mg/dl liegt, erinnerte Dr. Ralph-Detlef Köhn, niedergelassener Internist und Diabetologe aus Essen.

Für die glykämische Kontrolle sind sowohl der NBZ als auch der postprandiale Blutzucker (ppBZ) von Bedeutung, sagte Köhn: "Je höher der HbA1c-Wert, desto größer ist der Beitrag des Nüchternblutzuckers." Bei HbA1c-Werten >10 % betrage der NBZ-Anteil ca. zwei Drittel. Liege das HbA1c <7,3 %, ist der NBZ nur zu einem Drittel beteiligt, den Rest bestimmt der ppBZ, so Köhn (Diabetes Care 2003; 26: 881). Das sei klinisch relevant. Bei einem ppBZ von >200 mg/dl war das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse ca. 50 % höher bei einem NBZ von >126 mg/dl (Arch Intern Med. 2001;161:397).

Im Vordergrund der Therapie steht die HbA1c-Senkung bis zum individuellen Zielwert. Ist das Ziel erreicht, rät Köhn seinen Patienten, mal nach Frühstück oder Mittagessen in die Praxis zu kommen, um dann auch den ppBZ zu bestimmen. Gerade bei jungen und mittelalten Patienten sollte das Standard sein, da sich das Drehen am ppBZ lohnen kann.

Eine Option, postprandiale Blutzuckerspitzen in den Griff zu bekommen, sind Mahlzeiten-Insuline wie das Analogon Insulin lispro (vom Unternehmen als Liprolog® angeboten) - ergänzend zu oralen Antidiabetika. Vorteile biete eine konzentrierte Variante des Insulins mit 200 E/ml, so Köhn. So sei belegt, dass die Umstellung von Lispro100 auf bioäquivalentes Lispro200 die Stoffwechsellage positiv beeinflusst: HbA1c und die Insulindosis wurden reduziert, Hypoglykämien vermieden (Expert Opin Drug Saf 2018; 17:445).

Das liege an der geringeren Injektionsmenge, die sich über eine geringere Fläche im Unterhautfettgewebe ausbreitet, so Köhn. Das erleichtere den Spritzstellenwechsel und vermeide Lipohypertrophien. Und der Kraftaufwand sei geringer. Die Patienten könnten den Pen durchdrücken, es komme die vollständige Insulindosis im Gewebe an. ZUdem müssen die Patienten weniger zuzahlen. Dabei mache es für das Arzneimittelbudget keinen Unterschied, ob Lispro100 oder 200 verordnet werde. "Ab 20 IE pro Tag lohnt sich der Wechsel auf das konzentrierte Präparat", schloss Köhn. Dr. Michael Hubert

Quelle: Stoffwechsel in Balance. 25.- 27. 10.2019 in Berlin, Veranstalter: Berlin-Chemie