Zeitgleich mit dem Beschluss des Deutschen Ärztetages, die online-Sprechstunde zuzulassen, gingen die Diabetologen noch einen Schritt weiter. Sie verkündeten beim Diabeteskongress in Berlin offiziell, dass sie ab sofort die Verantwortung für den Diabetiker, sprich das gesamte Diabetesmanagement, komplett an Apps abgegeben, also nicht nur delegiert haben. Und diese Apps dürfen jetzt eigenverantwortlich tätig sein. Die Erleichterung war unverkennbar. Schon seit einigen Jahren mussten sich die Diabetologen ja immer wieder anhören, dass der digitale Kollege das alles viel besser könne. Das ist eigentlich auch nicht verwunderlich, verfügt letzterer Dank multipler biometrischer Sensoren doch über sehr viel mehr Patientendaten als der Diabetologe. Man musste nun unumwunden zugeben, dass im Zweikampf ärztliche gegen künstliche Intelligenz, der über einige Jahre vehement geführt wurde, letztere obsiegt hat.

Und darüber ist man ja auch eigentlich nicht traurig; denn das alltägliche Auswerten von handschriftlich geführten Diabetes-Tagebüchern ist ja nicht gerade vergnügungsssteuerpflichtig, sondern eher mühsam und lästig und letztendlich für die Qualität der Stoffwechselkontrolle auch unerheblich. Jetzt müssen sich die digitalen Kollegen Gedanken darüber machen, wie man Diabetiker zu Lifestyleinterventionen motivieren und die Therapieadhärenz verbessern kann. Mal sehen, wie sie mit den Ausflüchten und Ausreden der Patienten umgehen, wenn die Therapieziele nicht erreicht werden. Und der Unmut der Krankenkassen über eine unzureichende Versorgungsqualität geht den Diabetologen jetzt auch nichts mehr an. So haben diese jetzt endlich mehr Zeit, sich mit wesentlicheren Dingen zu befassen, nämlich wie viele Subtypen von Insulinrezeptoren es gibt und wie viele Adipokine an der Entstehung der Adipositas beteiligt sind. Doch es bestehen Befürchtungen, dass die Apps bald ihre Kassenzulassung zurückgeben könnten...