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In den letzten Jahren hat es Paradigmenwechsel in der Diabetologie gegeben, u. a. in den Empfehlungen zur Lebensstilintervention und Medikation. Viele Studien wie Look AHEAD [1, 2] haben uns aber auch die Grenzen einer intensivierten Lebensstilintervention (nach wie vor einer der Grundpfeiler der Diabetestherapie) verdeutlicht. Wir können zwar mikrovaskuläre Endpunkte reduzieren, makrovaskuläre Endpunkte werden jedoch nur wenig beeinflusst. Die Gewichtsreduktion ist im ersten Jahr nach Lebensstiländerung am größten (ca. 8 % des Initialgewichts), lässt längerfristig aber nach (ca. 6 %). Für deutlich Übergewichtige ist das ein Tropfen auf den heißen Stein.

SGLT-2-Hemmer oder GLP-1-Rezeptoragonisten helfen beim Abnehmen, Letztere können das Gewicht um bis zu weitere 8 % im ersten Jahr reduzieren, allerdings lässt der Effekt auch hier im zweiten Jahr nach [3]. Für Vertreter dieser Substanzenklassen spricht zusätzlich, dass sie kardiovaskuläre Komplikationen reduzieren und nur eine geringe Hypoglykämiegefahr bergen. Aber auch die Kombination einer Lifestyleänderung mit diesen Antidiabetika kann in vielen Fällen die notwendige Gewichtsreduktion nicht herbeiführen und eine dauerhafte Vollremission des Diabetes bleibt selten.

Für einige Patienten ist deshalb die Adipositas- und metabolische Chirurgie (AMC) eine Option mit hohem Stellenwert, auch für übergewichtige Typ-2-Diabetiker. Das wird einem bewusst, wenn man deutsche Adipositasleitlinien [4, 5, 6], oder die Leitlinien der Amerikanischen Diabetesgesellschaft ADA [7] liest. Eine exzellente Plattform für Diskussionen bot dieses Jahr übrigens das 10. Adipositas-Symposium in Norderstedt. Dort wurde sowohl über Methoden als auch über aktuelle Entwicklungen in der Adipositas-Chirurgie gesprochen. Die Soforteffekte der AMC sind beeindruckend, unmittelbar nach OP ist schon eine deutliche Reduktion der Diabetesmedikation möglich. Dies birgt aber auch Risiken, z. B. bei mit Insulin behandelten Patienten, die mit ihrer gewohnten Therapie postoperativ unterzuckern können. Deshalb ist eine perioperative Betreuung durch einen diabetologisch versierten Arzt unabdingbar. In unserer Klinik in Fürth besteht zu diesem Zweck eine sehr enge Kooperation zwischen der Allgemein- und Viszeralchirurgie und der Diabetologie.

Auch die längerfristigen Effekte der Adipositas-Chirurgie können sich sehen lassen: In einer Studie lag die prozentuale Gewichtsreduktion nach zehn Jahren mit dem Magenband bei 14 %, bei Sleevemagen bei 16 % und nach Magenbypass bei 25 % [8]. Insgesamt führt die Adipositas-Chirurgie zu einer deutlichen Besserung oder gar Normalisierung des Blutzuckers, der Dyslipidämie und des Blutdrucks, einer eventuellen Schlafapnoe sowie zu einer besseren Lebensqualität [4]. Die Mortalität innerhalb von 7–11 Jahren konnte in verschiedenen Studien ebenfalls um 29–40 % reduziert werden. Deutlich adipöse Patienten mit Typ-2-Diabetes können von diesen Operationen besonders profitieren; bis zu 75 % erreichen eine Vollremission des Diabetes [4].

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Prof. Dr. med. Joachim Labenz

Die restriktiven und malabsorptiven Verfahren (Magenbypass mit Roux-en-Y-Anastomose oder die biliopankreatische Diversion) bedingen die größten Gewichtsreduktionen. Bei der Malabsorption ist jedoch eine lebenslange Nachsorge nötig, um Mangelsyndrome (vor allem Hypovitaminosen) rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln [6]. Auch wenn der Stellenwert der Nachsorge zunehmend anerkannt wird (▸ s. a. Kongressbericht S. 46) [6]: Ihre Regelung ist noch eines der ungelösten Probleme, denn Hausärzte sind oft budgetär überfordert, Empfehlungen uneinheitlich. Es bleibt also viel zu tun.