Fragestellung: Macht Leberzirrhose Diabetes mellitus Typ 2?

Hintergrund: Ob Leberfett mit Diabetes assoziiert ist, wird heiß diskutiert. Es gibt immer mehr Studien, die zeigen, dass eine Reduktion von Leberfett die Diabetessituation von Patienten verbessert. Insbesondere Fasten scheint dabei eine entscheidende Rolle zu spielen. Wie aber die Beziehung zwischen Leberfett und Leberzirrhose (alkoholisch und nicht alkoholisch) aussieht, ist nicht wirklich geklärt. Ist dabei Leberfett gleich Leberzirrhose oder gibt es Unterschiede und welche klinische Bedeutung hat die Genese für den Diabetes mellitus? Diese Studie aus Taiwan hat sich dieser Frage von epidemiologischer Seite genähert.

Patienten und Methoden: Als Bestandteile einer nationalen Gesundheitsstudie des Taiwan National Health Insurance Research Database wurden zwischen 2001 und 2008 Patienten mit Leberzirrhose identifiziert. Dabei wurden 9.313 Patienten, die älter als 20 Jahre waren, mit Leberzirrhose unterschiedlicher Ursachen mit 37.252 nicht zirrhotischen Personen gematcht und verglichen. Die Leberzirrhose wurde dabei nach alkoholischer und nicht alkoholischer Leberzirrhose unterschieden. Der Typ-2-Diabetes wurde basierend auf der klinischen Diagnose zwischen Januar 2001 und Dezember 2011 dokumentiert.

Ergebnisse: Die Diabetesinzidenz pro 1000 Personenmonate für Typ-2-Diabetes lag in der Gruppe von Patienten ohne Zirrhose bei 1,14 (95%-KI 1,09–1,20), in der Gruppe der Zirrhotiker bei 1,88 (95%-KI 1,76–2,01), bei nicht alkoholischer Zirrhose bei 1,62 (KI 1,48-1,78) und bei alkoholischer Zirrhose bei 2,92 (KI 2,64–3,23). Männer wie Frauen mit alkoholischer Zirrhose hatten ein erhöhtes Risiko im Vergleich zu Menschen mit nicht alkoholischer Zirrhose (adjustierte Hazard Ratio (aHR) Männer: 1,690; KI 1,455–1,963; aHR Frauen: 1,715; KI 1,113–2,645).

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Offensichtlich gibt es auf dem Weg zum Diabetes starke und stärkere Risikofaktoren. Alkohol ist ein stärkerer.

Schlussfolgerungen: Die Autoren schlussfolgern daher, dass eine alkoholische Leberzirrhose einen stärkeren Risikofaktor für Typ-2-Diabetes mellitus darstellt als die nicht alkoholische Zirrhose.

Kommentar von Prof. Dr. med. Peter E. H. Schwarz

Kann man Leberfett gleichsetzen mit Leberzirrhose?

Es ist eigentlich eine sehr einfache Studie, die uns aber helfen könnte, die Rolle der Leber in der Genese des Typ-2-Diabetes besser einzuschätzen. Der Risikosprung von einem nicht alkoholischen Zirrhotiker zu einem alkoholischen Zirrhotiker im Hinblick auf das Typ-2-Diabetes-Risiko ist enorm. Es scheint also nicht nur das Fett in der Leber zu sein, welches das Diabetesrisiko drastisch beeinflusst, sondern es scheint einen Unterschied zu machen, ob das Fett ernährungsbedingt in der Leber landet oder alkoholbedingt in der Leber akkumuliert.

Einschränkend muss man allerdings sagen, es ist nicht bekannt, ob man Leberfett gleich Leberzirrhose setzen kann oder ob dort noch andere Pathomechanismen eine Rolle spielen. Epidemiologisch ist das aber egal. Ein Alkoholiker mit Leberzirrhose (Leberfett) hat ein deutlich höheres Risiko als ein Patient mit Fettleber ohne übermäßigen Alkoholkonsum. Das ist eine einfache Formel, die uns, wenn wir unsere Patienten sehen, bei einer Risikoeinschätzung helfen kann.

Natürlich stellt sich dabei die Frage, ob man etwas dagegen tun kann. Die wenigen Studien, die bisher gezeigt haben, dass mit strikter Kalorienreduktion (und häufig auch Kohlenhydrat-reduktion) das Leberfett verschwinden kann, könnten ggf. genausogut bei den hier benannten Zirrhotikern wirken.

Auf alle Fälle zeigt die Studie, dass Alkohol nicht nur Leberzirrhose macht, sondern auch noch das Diabetesrisiko erhöht. Die Quintessenz dieser Studie ist also ein kleines bisschen Wein ist vielleicht gut fürs Herz (und den Geist), aber zuviel täglicher Wein macht Leberzirrhose und dann macht die Leberzirrhose auch noch Diabetes.

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Prof. Dr. med. Peter E. H. Schwarz