Durch eine Cisplatin-basierte adjuvante Chemotherapie lässt sich bei Patienten mit NSCLC das Gesamtüberleben um 5 % steigern, allerdings ist dies mit deutlichen Nebenwirkungen behaftet. Erfolgreiche Therapiekonzepte aus dem palliativen Setting haben mittlerweile Einzug gehalten: Es liegen Zulassungen aus dem Bereich zielgerichtete Therapie sowie der Immuntherapie vor. Im Folgenden soll ein Überblick über die aktuelle Datenlage in der adjuvanten Therapiesituation gegeben werden.

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© Mathias Ernert, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen, Heidelberg (Symbolbild mit Fotomodellen)

Adjuvante Strategien bei Patienten mit NSCLC: Neue Therapien, die sich in der palliativen Situation bewährt haben, sollen das Behandlungsarsenal bereichern.

Die chirurgische Resektion ist bei Patienten in einem primär operablen Stadium (Stadium I und II) des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms ein wichtiger Bestandteil der Therapie in kurativer Intention. Vereinzelt sind auch Patienten im Stadium III einer primären Operation zugänglich. Abhängig vom Tumorstadium und der Tumorgröße nimmt nach alleiniger operativer Therapie das 5-Jahres-Überleben stark ab: Bei Tumoren < 1cm liegt es bei 92 %, bei einer Tumorgröße von 4-5 cm nur noch bei 60 %. Insbesondere der Befall der mediastinalen Lymphknoten wirkt sich negativ aus: Sind N1-LK betroffen (mind. Stadium IIB), liegt das 5-Jahres-Überleben bei 52 %, bei befallenen N2-LK (Stadium IIIA) nur noch bei 36 % [1]. Gründe hierfür sind neben Lokalrezidiven vor allem Fernmetastasen, die durch okkulte extrapulmonale Mikrometastasen entstehen [2, 3].

Ansätze zur Verbesserung des Outcome sind neben der adjuvanten (post-operativen) Strahlentherapie die neoadjuvante (prä-operative) und die adjuvante (post-operative) Systemtherapie. Nach Betrachtung des Stellenwertes einer neoadjuvanten Therapie in dieser Ausgabe soll im Folgenden ein Überblick über den Stellenwert einer adjuvanten Therapie gegeben werden.

Erfolgsparameter in der adjuvanten Therapiesituation

Die zur frühen Evaluation des Tumoransprechens auf eine neoadjuvante Therapie verwendeten Paramater wie der Anteil der viablen Tumorzellen (residual vital tumor, RVT) bzw. die major pathologic response (MPR) oder auch die pathologische Komplettantwort (pCR) liegen in der adjuvanten Therapiesituation nicht vor. Da Daten zum Gesamtüberleben oft erst mit deutlicher zeitlicher Latenz vorliegen, wird häufig das Tumor-freie Überleben (disease free survival, DFS) zur Evaluation herangezogen.

Stellenwert der adjuvanten Chemotherapie

Ergänzend zur bereits erfolgten breiten Diskussion der Daten im vorhergehenden Artikel dieser Ausgabe (Prof. A. Gillissen, S. 32; https://doi.org/10.1007/s15033-022-3448-2) lässt sich zusammenfassend sagen: Mehrere kontrollierte randomisierte Studien konnten den Benefit einer postoperativen Cisplatin-basierten Therapie zeigen [4, 5, 6]. In einer gepoolten Metaanalyse verbesserte die Gabe einer Cisplatin-basierten Therapie das Gesamtüberleben um 5,4 % (HR 0,89, 95%-KI 0,82-0,96; p = 0,005) [7]. Dieser Benefit betrifft insbesondere die Stadien II-IIIA. Die begleitende Toxizität unter Cisplatin geht einher mit einem erhöhten Risiko für nicht krebsassoziierte Todesfälle, sodass im Stadium IA kein Benefit für das Gesamtüberleben gesehen werden konnte [7, 8]. Letztlich nicht geklärt ist die Situation im Stadium IB, bei dem Subgruppen-Analysen zunächst keine signifikante Verlängerung der Überlebenszeit zeigen konnten [9, 10]. Für Patienten mit einem Tumordurchmesser von ≥ 4 cm deutet sich in explorativen Analysen ein Überlebensvorteil an [9, 11]. Hierbei muss gesagt werden, dass alle vorliegenden Studien noch die frühere 7. TNM-Klassifikation als Einschlusskriterium verwendet haben. In der aktuellen 8. Version werden besagte Tumoren von 4-5 cm ohne LK-Befall (cT2bN0Mo) dem Stadium IIA zugeordnet, nicht mehr dem Stadium IB.

Die beste Evidenz findet sich aktuell für eine Cisplatin-basierte Therapie in der Kombination mit Vinorelbin [6, 9, 10]. Eine prospektive randomisierte Studie untersuchte den Einsatz von 4 Chemotherapie-Regimen mit dem Backbone Cisplatin ± Bevacizumab und Hinzugabe entweder von Vinorelbin, Gemcitabin, Docetaxel/Paclitaxel oder Pemetrexed. Hier zeigte sich kein Unterschied in Bezug auf des Gesamtüberleben [12]. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass die Verträglichkeit von Pemetrexed als Kombinationspartner bei ähnlichem Gesamtüberleben besser ist [13]. Zusammenfassend empfiehlt auch die - sich aktuell in Überarbeitung befindende - S3-Leitlinie "Lungenkarzinom" bei Patienten in gutem Allgemeinzustand (Eastern Cooperative Oncology Group-Performance-Status, ECOG 0/1) die Gabe einer Cisplatin-haltigen Kombination über 4 Zyklen. Diese sollte nach Abschluss der Wundheilung und innerhalb der ersten 60 Tage nach R0-Resektion starten. Ergänzend sollte bei Patienten mit Zustand nach Pneumonektomie aufgrund der hohen Komplikationsrate eine besonders sorgfältige individuelle Risikoabwägung erfolgen [15].

Die Verbesserung des Gesamtüberlebens durch eine adjuvante Chemotherapie ist zwar statistisch signifikant, bewegt sich aber im Bereich einer Steigerung des Gesamtüberlebens um 5 % und ist mit deutlichen Nebenwirkungen behaftet. Angesichts der großen Fortschritte in der palliativen Therapielandschaft in den letzten Jahren kann dies nicht zufriedenstellend sein. Der Gedanke liegt somit nahe, erfolgreiche Therapiekonzepte aus der palliativen Therapiesituation in der Adjuvanz einzusetzen. Zu nennen sind hier vor allem die Immuntherapie sowie auch die zielgerichtete Therapie (targeted therapy). Beide Therapiekonzepte gehen im palliativen Setting mit einer sehr hohen Wirksamkeit und vor allem auch besseren Verträglichkeit einher im Vergleich zur Standard-Chemotherapie.

Immuntherapie in der Adjuvanz

In der palliativen Situation werden bereits seit Jahren "Checkpoint-Inhibitoren" allein oder in Kombination mit Chemotherapie eingesetzt, wobei die Verträglichkeit und der Therapieeffekt gut sind. Neben PD-L1-Inhibitoren (Nivolumab, Pembrolizumab, Cemiplimab) und PD-1-Inhibitoren (Atezolizumab, Durvalumab) werden hier auch CT-LA4-Inhibitoren (Ipilimumab) im Rahmen einer Zulassung eingesetzt. In der adjuvanten Situation liegen reife Daten zu Pembrolizumab und Atezolizumab vor. Zahlreiche weitere Studien prüfen zusätzlich den Einsatz von Nivolumab und Durvalumab in verschiedenen Konstellationen.

Adjuvante Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren

Atezolizumab ist der erste Checkpoint-Inhibitor, für den seit Anfang 2022 eine Zulassung in der adjuvanten Therapiesituation vorliegt. Grundlage hierfür sind die Daten der IMpower010-Studie [16, 17]. Im Rahmen der Studie wurden 1.280 Patienten im Stadium IB-IIIA NSCLC (UICC Version 7) ohne Vorliegen einer EGFR- oder ALK-Mutation nach R0-Resektion einer Cisplatin-basierten adjuvanten Therapie über 4 Zyklen zugeführt. In der Folge wurden 1.005 Patienten 1:1 auf die Gabe von Atezolizumab (1.200 mg Fixdosis q3w) über 1 Jahr oder den Beobachtungsarm randomisiert. Primärer Endpunkt war das tumorfreie Überleben (DFS). Erstmalig konnte eine signifikante Überlegenheit einer Immuntherapie in Bezug auf das DFS insbesondere für die Population mit einer PD-L1-Expression ≥ 1 % im Tumorstadium II-IIIA gezeigt werden (DFS HR, 0,66; 95%-KI 0,50-0,88), wobei der Benefit für Patienten mit einer PD-L1-Exposition > 50 % besonders klinisch relevant war (DFS HR, 0,43; 95%-KI 0,27-0,68). Basierend auf diesen Daten erfolgte eine Zulassung nach vollständiger Resektion und platinbasierter Chemotherapie bei erwachsenen Patienten mit hohem Risiko für ein Rezidiv (Tumorgröße > 5 cm bzw. Befall der mediastinalen LK), wenn eine PD-L1-Expression auf ≥ 50 % der Tumorzellen vorliegt und eine EGFR- oder ALK-Mutation ausgeschlossen ist.

Auf der WCLC (World Conference on Lung Cancer) wurde kürzlich eine Interims-Analyse mit ersten Daten zum Gesamtüberleben bei noch geringer Datenreife präsentiert [18]. Hier ergab sich ein Trend im Gesamtüberleben zugunsten von Atezolizumab bei Patienten im Stadium II-IIIA und einer PD-L1-Expression ≥ 1%. (HR, 0,71; 95%-KI 0,49-1,03). In der Subgruppe innerhalb dieser Tumorstadien mit einer PD-L1-Expression ≥ 50 % zeigte sich eine klinisch relevante Verbesserung des Gesamtüberlebens zugunsten von Atezolizumab (HR, 0,43; 95%-KI 0,24-0,78). In Bezug auf die Sicherheit lässt sich sagen, dass insgesamt eine gute Verträglichkeit bestand. Bei 10,7 % der Patienten kam es zu Therapie-assoziierten Nebenwirkungen Grad 3-4, davon bei 7,9 % zu immunassoziierten Nebenwirkungen. Diese waren am häufigsten Hautausschlag (18,4%), Hepatitis (17,4 %) und Hypothyreose (17,4 %). Eine Pneumonitis fand sich bei 3,8 % der Patienten. Ein Therapieabbruch war bei 18,2 % der Patienten notwendig, Therapie-assoziierte Todesfälle traten bei 4 Patienten (0,8 %) auf.

Pembrolizumab: Auch Pembrolizumab wurde im adjuvanten Therapieansatz untersucht. In der PEARLS/KEYNOTE-091 wurden 1.177 Patienten nach kompletter Resektion im Tumorstadium IB-IIIA NSCLC (UICC Version 7) inkludiert und entweder auf eine Therapie mit 200 mg Pembrolizumab oder Placebo über 12 Monate randomisiert. Die Auswahl einer adjuvanten Chemotherapie erfolgte nach Ermessen des Prüfarztes und wurde für die Stadien II-IIIA stark befürwortet, im Stadium I konnte sie erwogen werden. Letztendlich erhielten knapp 86 % der Studienteilnehmer eine solche. Im Verlauf zeigte sich für die Gesamtpopulation eine signifikante, klinisch bedeutsame Verbesserung des DFS gegenüber Placebo mit einem medianen DFS von 53,5 Monaten unter Pembrolizumab gegenüber 42,0 Monaten unter Placebo (HR 0,76; 95%-KI 0,63-0,91; p = 0,0014). Konträr zur Erwartung und der bekannten Datenlage zeigte sich für Patienten mit einer PD-L1-Expression ≥ 50 % kein erhöhter Benefit bei fehlender Signifikanz (HR 0,87; 95%-KI 0,67-1,15; p = 0,17 [20].

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Neue Hoffnungsträger in der adjuvanten Therapiesituation - Immun-Checkpoint-Inhibitoren wie Pembrolizumab (Abb.) oder das bereits zugelassene Atezolizumab.

Schwere Nebenwirkungen Grad 3-5 traten bei 34,1 % der Patienten auf. Die häufigsten Beschwerden über Placebo-Niveau waren Pruritus (21,6 %), Hypothyreose (20,7 %), Arthralgien (18,6 %) sowie Diarrhöen (18,3 %) und Fatigue (16,6 %). Therapie-assoziierte Todesfälle traten bei 0,7 % der Patienten auf, bei 38,1 % wurde die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen [20].

Im Herbst 2022 wurden auf dem ESMO weitere Daten zur Gruppe der Hochexprimierer gezeigt [21]: die Autoren verweisen auf eine gute Ausbalanciertheit zwischen den Armen, ohne besondere andere Charakteristika im Hoch-Exprimierer-Arm, insbesondere auch ohne eine vermehrte Anzahl an Nebenwirkungen. Wie erwartet, zeigte sich eine numerische Verbesserung im DFS gegenüber der Subgruppe mit PD-L1 1-49 % bzw. auch den PD-L1-negativen Patienten. Erstaunlicherweise trat diese gute Performance auch unter Placebo auf. Kommende Analysen mit zunehmender Datenreife werden daher mit Spannung erwartet, ebenso eine mögliche Zulassung inklusive der Verlautbarung in Bezug auf den PD-L1-Status und eventuelle EGFR- oder ALK- Mutationen.

Zielgerichtete Therapeutika in der Adjuvanz

Mit eine der häufigsten medikamentös angehbaren Mutationen beim NSCLC ist die EGFR-Mutation.

In der palliativen Therapiesituation gibt es bereits eine ganze Reihe zugelassener Tyrosin-Kinase-Inhibitoren (TKI; Afatinib, Dacomitinib, Erlotinib, Gefitinib, Osimertinib). Für das adjuvante Setting finden sich Daten sowohl für den Einsatz von Erstgenerations-TKIs (Erlotinib, Gefitinb) als auch eine Zulassung für den Drittgenerations-TKI Osimertinib.

Erstgenerations-TKIs Erlotinib und Gefitinib

Es liegen einige Daten vor, die den Einsatz eines Erstgenerations-EGFR-TKIs mit einer Cisplatin-basierten adjuvanten Chemotherapie vergleichen [22, 24-28]. Als primärer Endpunkt wurde das DFS gewählt, für eine Aussage über den sekundären Endpunkt Gesamtüberleben bestand keine ausreichende statistische Power. Für den adjuvanten Einsatz von Erlotinib beim EGFR-mutierten Patienten im Vergleich zur platinbasierten Chemotherapie zeigten frühere Daten [23] keine Verbesserung hinsichtlich DFS und Gesamtüberleben; in der EVAN-Studie ließ sich jedoch eine signifikante Verbesserung des DFS von 21 auf 42 Monate nachweisen (HR 0,268; p < 0,5) nachweisen [24]. Ähnlich widersprüchliche Daten finden sich zur adjuvanten Therapie mit Gefitinib: Sowohl in der BR-19-Studie im Vergleich zu Placebo nach adjuvanter Chemotherapie als auch in der IMPACT-Studie im Vergleich zur platinbasierten adjuvanten Therapie konnten keine Unterschiede im DFS und beim Gesamtüberleben gezeigt werden [25, 26]. Die adjuvante Phase-III-Studie CTONG 1104 zeigte eine signifikante Verbesserung des DFS, eine Übersetzung in eine signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens gelang allerdings nicht [27, 28]. Insgesamt konnten die Erstgenerations-TKIs Erlotinib und Gefitinib somit keinen Stellenwert in der adjuvanten Therapie erlangen.

Drittgerenerations-TKI Osimertinib

Im Rahmen der ADAURA-Studie wurden 682 Patienten im Stadium IB-IIIA (UICC Version 7) mit häufigen EGFR-Mutationen (Del19, L858R) nach kompletter Resektion und - sofern klinisch aus Sicht des Prüfarztes indiziert - platinbasierter Chemotherapie auf eine adjuvante Therapie mit 80 mg Osimertinib oder Placebo über 3 Jahre randomisiert. Primärer Endpunkt war das krankheitsfreie Überleben im Stadium II und IIIA [29]. Aufgrund der sehr guten Daten einer Interimsanalyse wurde die Studie auf Vorschlag des Independent Data Monitoring Committee frühzeitig entblindet: Nach 24 Monaten waren 90 % der Patienten im Stadium II-IIIA in der Osimertinib-Gruppe (95%-KI 84-93) und 44 % der Patienten in der Placebo-Gruppe (95%-KI 37-51) tumorfrei und am Leben (HR für Rekurrenz der Tumorerkrankung oder Tod 0,17; 99,06%-KI 0,11-0,26; p < 0,001). Aufgrund dieser Daten erfolgte eine Zulassung in der EU am 21.3.2021. Aktualisierte Zahlen vom ESMO 2022 zeigen weiterhin einen klaren Vorteil hinsichtlich des DFS für die Therapie mit Osimertinib (HR 0,24; 95%-KI 0,18-0,30) mit einer Verbesserung des medianen DFS von 21,9 auf 65,8 Monate [30].

Das ZNS ist eine häufige Lokalisation für Fernrezidive bei Patienten mit EGFRm NSCLC, die EGFR-TKIs erhalten [22]. Bei der Betrachtung des Rezidivmusters zeigte sich unter Osimertinib deutlich seltener ein Rezidiv im ZNS (6%) im Vergleich zu Placebo (11%).

Nebenwirkungen > Grad 3 traten bei 23 % der Patienten auf, dies waren vor allem Diarrhö (3 %) und Stomatitis (2 %). Geringergradige Nebenwirkungen betrafen vor allem Diarrhö (47 %), Paronychien (27 %), trockene Haut (25 %) und Juckreiz (21 %). Eine Pneumonitis (Grad 1 und 2) fand sich bei 3 % der Patienten. Bei 13 % der Patienten musste die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen werden, therapieassoziierte Todesfälle sind nicht beschrieben [30, 31].

Erwähnenswert ist in diesem Kontext, dass im Rahmen der Studie 76 % der Patienten im Stadium II-IIIA und etwa 25 % der Patienten im Stadium IB (UICC Version 7) eine platinbasierte adjuvante Chemotherapie vor Randomisierung erhalten haben. Lediglich Patienten, die aus Sicht des Prüfarztes nicht eligibel für eine adjuvante Chemotherapie waren, haben diese nicht erhalten. Die HR für die Rekurrenz der Tumorerkrankung oder Tod betrug für die 410 Patienten mit adjuvanter Therapie 0,16 (95%-KI 0,10-0,26), für die 272 Patienten ohne 0,23 (95%-KI 0,13-0,40) [29]. Eine Aussage, ob eine adjuvante Therapie mit Osimertinib eine adjuvante Chemotherapie in diesem Setting ersetzen kann, lässt sich anhand der Studiendaten nicht treffen.

Weitere mögliche Targets für eine adjuvante Therapie

Neben der EGFR-Mutation stellt die ALK-Translokation (ALK: Anaplastic Lymphoma Kinase) in der palliativen Therapiesituation mit einem Auftreten von etwa 5 % eine weitere genetische Veränderung dar, die durch eine zielgerichtete Therapie erfolgreich behandelt werden kann [32]. Auch hier finden sich laufende Phase-II- und -III-Studien zur Überprüfung der Therapieoptionen im adjuvanten Setting, deren Ergebnisse in den nächsten Jahren erwartet werden: z.B. Alchemist (Crizotinib), Alina (Alectinib), NCT05186506 und NCT05241028 (Ensartinib) [32-34]. Auch für seltenere Veränderungen, wie zum Beispiel die RET-Fusion, finden sich adjuvante zielgerichtete Studienansätze [35].

Insgesamt ist damit zu rechnen, dass die zielgerichtete adjuvante Therapie in weiteren Konstellationen eingehend untersucht wird und zukünftig eine molekulare Testung auch im adjuvanten Setting sinnvoll sein wird. Darüber hinaus wird die Anwendung der zielgerichteten Therapie auch im neoadjuvanten Setting in zahlreichen Studien untersucht (siehe Artikel von Prof. A. Gillissen, S. 32).

Stellenwert der adjuvanten Radiotherapie

Im Stadium I oder II konnte bisher weder für eine postoperative Radiotherapie noch für eine postoperative Chemoradiotherapie eine Verlängerung der Überlebens- bzw. der Rezidiv-freien Überlebenszeit gezeigt werden. Bei Befall von N2-Lymphknoten wurde die postoperative Radiotherapie (PORT) in den letzten Jahren vor allem auch aufgrund der verbesserten lokalen Kontrolle als therapeutische Option angesehen. Das Gesamtüberleben verbesserte sich hierbei um 5 % bei einer PORT von 50-54 Gy [14, 36-40]. Die neuere Lung-Art-Studie [41] erreichte ihr Ziel einer Verbesserung des Gesamtüberlebens um 10 % nach 3 Jahren nicht, zudem zeigte sich ein Anstieg an nicht krebsassoziierten Todesfällen im PORT-Arm. Somit sollte eine PORT nur im Stadium IIIA nach individueller Risikoabwägung bei einem hohen Risiko für ein Lokalrezidiv oder inkompletter Resektion (R1/R2) empfohlen werden.

Fazit und Ausblick

Anschließend an die bereits ausführlich erfolgte Diskussion der Daten und Datenqualität (siehe Artikel von Prof. A. Gillissen, S. 32) lässt sich analog für die adjuvante Therapie formulieren: Angesichts der aktuellen Datenlage ist im UICC-Stadium II-IIIA (TNM Version 8) weiterhin eine platinbasierte adjuvante Chemotherapie eine wichtige Säule bei der Behandlung der frühen Stadien des NSCLC. Im weiteren Verlauf steht aktuell für Patienten mit einer hohen PD-L1-Expression > 50% (ohne Nachweis von EGFR und ALK) eine adjuvante Immuntherapie mit Atezolizumab über 12 Monate zur Verfügung. Diese geht einher mit einer signifikanten Überlegenheit im DFS (HR 0,43; 95%-KI 0,27-0,68) sowie auch einer klinisch relevanten Verbesserung des Gesamtüberlebens (HR 0,43; 95%-KI 0,24-0,78) bei annehmbarem Nebenwirkungsprofil [16-18]. Eine Zulassung für das Präparat Pembrolizumab wird für das adjuvante Setting ebenfalls in Kürze erwartet.

Für Patienten mit dem Nachweis einer häufigen EGFR-Mutation besteht nach Abschluss der platinbasierten Chemotherapie durch die 3-jährige Gabe von Osimertinib die Möglichkeit einer deutlichen Verbesserung des DFS (HR 0,24; 95%-KI 0,18-0,30) [30], insbesondere auch mit einer deutlichen Verringerung der intrazerebralen Rezidive. Für Patienten, die nicht eligibel für eine adjuvante Chemotherapie sind, stellt der direkte Beginn einer adjuvanten Therapie mit Osimertinib eine wichtige Bereicherung der Therapieoptionen dar. Valide Daten zum Effekt auf das Gesamtüberleben stehen noch aus und werden im Jahr 2024 erwartet.

Laufende Studienkonzepte schließen meist einen neoadjuvanten sowie auch adjuvanten Therapieblock mit ein. Insbesondere für die Immuntherapie scheint hier die neoadjuvante Therapiephase mit noch vorhandenem Tumor-Mikro-Environment und möglichem Priming des Immunsystems einen wichtigen Impuls zu geben. Daraus leiten sich zukünftig wichtige Fragestellungen ab, zum Beispiel, nach welchem neoadjuvanten Therapieerfolg (pCR, MPR, VTC) zusätzlich eine adjuvante Therapie erfolgen sollte und welche Präparat-Auswahl (Chemotherapie, Immuntherapie oder eine Kombination) zu treffen ist. Auch die Dauer einer solchen Therapie muss dann näher in Studien definiert werden.

Abzuwarten bleibt, ob die kombinierten Therapiekonzepte mit neoadjuvanter und ggf. adjuvanter Therapiephase die rein adjuvante Therapie auf Dauer ablösen werden. In jedem Fall wird aber eine individuelle Therapieplanung mit enger Zusammenarbeit zwischen Thoraxchirurg und behandelndem (Pneumo-)Onkologen an Bedeutung gewinnen.