Kinder und Jugendliche sind bislang kaum schwer an COVID-19 erkrankt. Spurenlos geht die Pandemie dennoch nicht an ihnen vorbei. So kommt es gehäuft zu schweren RSV (Respiratory Syncytial Virus)-Infektionen, von der psychischen Belastung ganz zu schweigen. Auch die Langzeitfolgen sind unklar.

Ob gesunde Kinder, die an COVID-19 erkranken, pulmonale Langzeitfolgen davontragen, lasse sich nicht abschließend beurteilen, sagte Prof. Monika Gappa von der Klinik für Kinder und Jugendliche, Evangelisches Krankenhaus Düsseldorf. Noch nicht gut verstanden sind etwa protrahierte respiratorische Symptome nach einer COVID-19 bei Kindern und Jugendlichen. Beobachtet wurden sie etwa in einer Studie mit 29 Kindern im mittleren Alter von 13 Jahren (4 bis 19 Jahre), die in den vorangegangenen ein bis sechs Monaten eine SARS-CoV-2-Infektion hatten. Fast alle, nämlich 97 %, klagten über Kurzatmigkeit in Ruhe und bei Belastung, 52 % über Husten und 48 % über Belastungseinschränkungen. Sechs von neun Kindern zeigten einen auffälligen 6-Minuten-Gehtest. Was noch auffiel: Die betroffenen Kinder waren häufig übergewichtig, bei einem Drittel war Asthma in der Anamnese bekannt [Leftin Dobkin SC et al. Pediatr Pulmonol. 2021;56(12):3682-7].

Bessere Symptomkontrolle im Lockdown

Asthmatiker scheinen während der Pandemie nicht in besonderem Maße zu leiden. In einem tertiären Asthmazentrum in Italien zeigte sich vielmehr, dass die Symptomkontrolle des Asthmas bei kleinen Kindern im Lockdown verbessert ist. Beobachtet wurde das bei 89 Vorschulkindern zwischen zwei und fünf Jahren mit mindestens drei obstruktiven Episoden in zwölf Monaten und/oder mindestens einer Episode mit Einsatz systemischer Kortikosteroide. Im Vergleich der Krankheitskontrolle während und nach dem Lockdown per Asthmakontrolltest und klinischer Fragebögen zeigte sich ein Rückgang der Wheezing-Episoden von 51 auf 0 Hospitalisierungen und Notfallvorstellungen waren auch nicht erforderlich [Ullmann et al. Pediatr Pulmonal. 2021;56:1946-50].

figure 1

© Medupdate

RSV-Infektionen versus Coronavirus-Infekte

Kinder mit respiratorischen Erkrankungen scheinen also eher unproblematisch durch die Pandemie zu kommen. Doch es dürfen die indirekten Effekte nicht vergessen werden. Und die wiegen schwer. Besonders auffällig ist dabei das gehäufte Auftreten schwerer RSV-Infektionen bei Säuglingen und Kleinkindern zu Coronazeiten, wohl eine Folge des im Zuge der Coronamaßnahmen kaum trainierten Immunsystems. Potenzielle Langzeitfolgen einer RSV-Infektion sind bis ins Erwachsenenalter hinein lange bekannt, erläuterte Gappa und verwies auf eine prospektive, monozentrische Studie, in der 206 Kinder nach schwerer RSV-induzierter Bronchiolitis im ersten Lebensjahr begeleitet wurden [Kitcharoensakukki et al. Pediatric All Immunol. 2021;332-57]. Eine Spirometrie war wenigstens zweimal zwischen dem fünften und 16. Lebensjahr erfolgt, eine Methacholinprovokation mit sieben und zwölf Jahren. Das Ergebnis war eine reduzierte Lungenfunktion. Zudem zeigte sich eine persistierende, im Verlauf leicht eingeschränkte bronchiale Hyperreagibilität. Risikofaktoren waren männliches Geschlecht, die ärztliche Diagnose "Asthma" sowie eine inhalative Sensibilisierung. Ähnlich wichtig wie etwaige indirekte respiratorische Konsequenzen sind allerdings die psychosozialen Folgen der Pandemie mit einem Anstieg psychiatrischer Erkrankungen um das Zehnfache. Das seien klare Lockdown-Effekte, betonte Gappa.

Keine SABA-Monotherapie

Im Stufenschema der NVL Asthma 4. Aufl. 2020 (www.Asthma-Versorgungsleitlinien.de) wird für Kinder und Jugendliche als Bedarfstherapie in Stufe 1 ein SABA oder, ab zwölf Jahren, eine Fixkombination aus niedrigdosiertem ICS und Formoterol empfohlen. Für Gappa ist die alleinige Verordnung von SABA allerdings obsolet. Die Empfehlung "ICS/Formoterol als Bedarfstherapie" sei auch für Jugendliche eindeutig. Sorgen vor übermäßigem ICS-Gebrauch unter ICS-haltiger Bedarfstherapie seien nicht evidenzbasiert. Sie verwies auf schwedische Registerdaten von Patienten mit einem mittleren Alter von 27 Jahren, bei denen der Gebrauch von SABA mit erhöhter Morbidität und Mortalität assoziiert war. Die retrospektive Auswertung von Hausarztdaten aus UK machte deutlich, dass SABA viel zu häufig, nämlich mehr als 50 % zu viel, verordnet werden, bis zu 46 Hüben pro Woche. Schlecht war die Kortikosteroidadhärenz: Von etwa 10.000 ICS-Verordnungen wurden nur 49 % abgeholt.

Quelle: PneumoUpdate 12./13. November 2021