Zwei Experten plädierten auf dem DAK 2021 dafür, die Luft in Klassenzimmern zu filtern, um dort vor allem die Belastung mit Viren, Allergenen und Feinstaub zu senken. Doch reichen dafür mobile Luftreiniger aus?

Prof. Dr. Jeroen Buters vom Zentrum Allergie und Umwelt (ZAUM), Technische Universität und Helmholtz Zentrum München und Dr. Thomas Lob-Corzilius von der Wissenschaftlichen Arbeitsgruppe Umweltmedizin der Gesellschaft Pädiatrische Allergologie Umweltmedizin waren sich einig, dass die Luft in deutschen Klassenzimmern verschmutzt ist und es einer technischen Filtration bedarf, um sie zu säubern - auch im Hinblick darauf, dass in der kalten Jahreszeit eine ausreichende Belüftung über geöffnete Fenster nicht praktikabel ist.

Untersuchungen von Buters und seinem Team ergaben eine Feinstaubbelastung in Münchner Schulen von bis zu 400 μg/m3, wobei die erlaubte Außenluftkonzentration laut Buters bei maximal 40 μg/m3 liegt. "Die Kinder sitzen in den Schulen und atmen eine Menge Feinstaub ein", alarmierte der Forscher. Hinzu kommen Allergene, die belastende Symptome bei Kindern mit entsprechenden Allergien auslösen. Zusätzlich können sich beim Sprechen, Singen, Husten und Niesen ausgeschiedene Aerosole in schlecht belüfteten Räumen leichter ausbreiten, womit sich die Gefahr für die Infektion mit Viren wie z.B. SARS-CoV-2 und Influenzviren erhöht.

Mobile Luftreiniger oder gleich raumlufttechnische Anlagen?

Nach Meinung Buters könnten mobile Luftreinigungsgeräte eine Lösung sein, um saubere "Bergluft" in den Schulen zu erzeugen. Lob-Corzilius zitierte hingegen das Umweltbundesamt, das in einer Pressemitteilung vom 9.7.2021 konstatierte, dass in circa 75% der Schulräume gute Lüftungsmöglichkeiten aufgrund lufttechnischer Anlagen (ca. 10% der Schulen) oder weit zu öffnenden Fenstern bestehen und hier Luftfilter keinen signifikanten Zusatznutzen bringen würden. Denn unter Pandemiebedingungen werde eine Förderleistung (Luftdurchsatz durch das Gerät) des 5- bis 6-fachen Raumvolumens pro Stunde als notwendig erachtet, um die Konzentration infektiöser Partikel um eine Größenordnung von bis zu 90% im Raum bereits während des Unterrichts und nicht erst gegen dessen Ende zu reduzieren. "Klassische mobile Luftreiniger können das nach bisherigem Wissen nicht genügend", erklärte Lob-Corzilius.

In 10-25% aller deutschen Klassenräume ist laut Umweltbundesamt allerdings die Lüftungsmöglichkeit eingeschränkt (keine raumlufttechnische Anlage, Fenster nur kippbar), was den Einbau einfach und rasch zu installierender Zu- und Abluftanlagen oder den Einsatz mobiler Luftreiniger rechtfertigen würde - vorausgesetzt, sie würden fachgerecht positioniert und betrieben, um die Wahrscheinlichkeit indirekter Infektionen zu minimieren. Mobile Luftreinigungsgeräte könnten aber die Notwendigkeit für das Lüften nicht ersetzen, denn die mobilen Geräte würden nicht die sich im Schulraum durch Atmung anreichernde Luftfeuchte, das CO2 und weitere chemische Gase aus Mobiliar und Bauprodukten beseitigen, gab Lob-Corzilius die Warnung des Umweltbundesamts weiter.

Perspektivisch Schulen, Arztpraxen und Allergiker-Wohnungen ausrüsten

Als großes Manko bezeichnete der Pädiater weiterhin, dass unabhängige Wirksamkeitsnachweise für mobile Luftfiltergeräte nach einem klaren Kriterienkatalog fehlten. Zumindest erarbeitet zurzeit eine Sonderarbeitsgruppe vom Verband Deutscher Ingenieure und des Umweltbundesamtes Vorgaben zu den Prüf- und Einsatzbedingungen mobiler Luftreiniger.

Das Fazit von Lob-Corzilius: "Wir benötigen nur sehr selektiv mobile Luftreiniger, stattdessen brauchen wir raumlufttechnische Anlagen, die in der Lage sind, Zu- und Abluft entsprechend zu filtern, den Austausch von Wärme und Kälte zu organisieren sowie CO2 zu reduzieren. Perspektivisch sollten alle Schulräume mit diesen raumlufttechnischen Anlagen versehen werden."

Für Buters sind Schulen erst der Anfang, er befürwortet die Nutzung von mobilen Luftfiltern auch in Arztpraxen und in privaten Räumlichkeiten vor allem von Allergikern.

16. Deutscher Allergiekongress, 30.9.-2.10.2021, Dresden und virtuell, Session: Brauchen wir Luftreiniger in Innenräumen?