Asthmapatienten in Deutschland verwenden zu viel kurzwirksame Betamimetika und zu wenig inhalative Kortikosteroide.

Was Lungenspezialisten immer wieder beklagen, hat sich in einer retrospektiven Datenanalyse von über 15.000 Asthmapatienten bestätigt: eine Überversorgung mit kurzwirksamen Betamimetika (SABA) und eine Unterversorgung mit inhalativen Kortikosteroiden (ICS). Das gelte einerseits bei Patienten mit noch mildem Asthma, erklärte Prof. Heinrich Worth aus Fürth beim digitalen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Andererseits seien Patienten mit schwerem und sehr schwerem Asthma oft nicht kontrolliert. Pneumologen werben seit längerem dafür, bereits bei leichtem und mildem Asthma ICS anzuwenden, z. B. in Fixkombination mit Betamimetika, weil sich dies prognostisch günstig auswirkt. Nationale wie internationale Leitlinien sind entsprechend angepasst worden. In der von Worth zitierten Auswertung der bundesweiten repräsentativen IMS Disease Analyzer-Datenbank (IQVIA) waren Daten von 15.640 Patienten mit Asthma im Alter von mindestens 12 Jahren und mit mindestens einer SABA-Verordnung bei über 900 Hausärzten und 22 Pneumologen ausgewertet worden. Ein Verbrauch von 3 SABA-Inhalatoren/Jahr wurde als übermäßiger Gebrauch definiert. Mehr als ein Drittel aller Hausärzte sowie fast 40 % der Pneumologen verordneten demnach zu oft SABA, z. T. waren es >12 Inhalatoren/Jahr. Auch wichtig: Teilnehmern am DMP "Asthma bronchiale" waren mehr SABA-Inhalatoren verschrieben worden als Nichtteilnehmern. "Weiterhin wurde beobachtet, dass 93 % der Patienten in GINA (Global Initiative for Asthma)-Stufe 2 eine gegenüber der Empfehlung der Fachinformation geringere Zahl an ICS-Hüben einsetzten", so Worth. Eine Erklärung für diese Ergebnisse ist die gute Erfahrung der Patienten mit der schnellen Wirksamkeit von SABA, während ICS subjektiv keinen unmittelbaren Nutzen spüren lässt. Aus Studien geht jedoch hervor, dass selbst bei scheinbar leichtgradiger Erkrankung aufgrund der chronischen Entzündung ein substanzielles Risiko für schwere Asthmaanfälle besteht. Nach Ansicht von Worth sind weitere Studien nötig, um den erhöhten SABA-Gebrauch besser zu verstehen.

Quelle: Digitaler DGP-Kongress, Poster P257, Vorstellung vom 2.6.2021