Hintergrund und Fragestellung: Es ist klar, dass ein geordneter Schluckakt den Pharynx sauber hält. Aktuelle Daten geben Hinweise darauf, dass stille Aspiration und Mikroaspirationen v. a. bei Älteren Ursachen für Pneumonien sind. Zusätzlich könnte die nächtliche Pharynx-Clearance bei alten Patienten mit obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) noch mehr eingeschränkt sein. Da das nächtlichen Schlucken in diesem Zusammenhang noch nicht wirklich untersucht wurden, prüften die Autoren, inwieweit ein OSAS — zusätzlich zum oft gestörten Schluckakt bei alten Menschen — das Atemmuster beeinflusst.

Patienten und Methoden: In der retrospektiven Fallgruppenstudie wurden Patienten im Alter > 75 Jahre mit OSAS und Apnoe-Hypopnoe-Index von 43,8 einbezogen. Bei allen urde eine Polysomnografie erstellt und ein Oberflächenelektromyogramm (EMG) abgeleitet, um den Schluckvorgang zu erfassen. Die 30-Sekunden-Episoden wurden durch einen „sleep technician“ und einen spezialisierten Arzt ausgewertet. Der Atem-Schluck-Akt wurde über das EMG an der thyreoidalen und suprathyreoidalen Muskulatur gemessen. Man erfasste auch den nasalen Luftstrom und die abdominellen Atemexkursionen. Alle erhobenen Daten wurden zwischen OSAS- und Non-OSAS-Gruppe verglichen.

Ergebnisse: Bei den Patienten mit OSAS erfolgte der Schluckakt weniger häufig und fand während der Apnoe- oder Hypopnoephasen gar nicht statt. Ein Viertel des Schluckaktes fand während der Arousals nach der Apnoephase statt. In der Polysomnografie sah man eine deutliche zeitliche Verzögerung zwischen dem Wiedereinsetzen der Atmung und dem Schluckakt. Während der REM-Schlaf-Phasen erfolgten die wenigsten Schluckvorgänge. Die längste schluckfreie Periode betrug 70 min. Bei den Älteren ohne OSAS erfolgte der Schluckakt in 30 % nach der Inspiration, gefolgt von einer erneuten Inspiration, bei den Älteren mit OSAS in 40 %. Die Clearance von Pharynx und Ösophagus während der Schlafphase war bei den älteren Patienten mit OSAS deutlich reduziert. Die Schluckperiode war fragmentiert, der Schlafzyklus deutlich unterbrochen und ineffektiv und es zeigte sich eine gestörte Schlafstruktur. Zusätzlich erfolgte der Schluckakt fast regelhaft nach einer Inspirationsphase.

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Erholsamer Schlaf ist für betagte Menschen in vielerlei Hinsicht ein kompliziertes Kapitel und erfordert oft besondere Betreuung.

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Schlussfolgerung: Bei älteren Patienten mit OSAS zeigt sich ein inkonstanter und nicht immer an den Atemrhythmus angepasster Schluckakt. Dies birgt ein hohes Risiko für aspirationsassoziierte Erkrankungen.

Kommentar von Univ.- Prof. Dr. med. Hans Jürgen Heppner

Besonders erhöhtes Aspirationsrisiko bei Schlafapnoe

Ungeachtet des schlechten Schlafes bei OSAS kommt es diesen Ergebnissen zufolge zu einer deutlichen Reduktion der Clearance des Pharynx bei älteren Patienten mit OSAS. Zusätzlich zur oft bestehenden Presbyphagie, also dem gestörten Schluckakt, erhöht das OSAS in dieser Population das Risiko der Aspiration deutlich. Weiterhin findet der Schluckakt meist nach einer Inspirationsphase in der OSAS-Gruppe statt, was dazu führt, dass retiniertes Sekret und ggf. ösophagealer Reflux inspiriert/aspiriert und dann erst geschluckt wird. Dies steigert das Risiko für Aspirationspneumonien und die damit verbundene Morbidität und Mortalität in der Gruppe der Älteren mit OSAS dramatisch. Daher sollte bei rezidivierenden Aspirationen immer neben dem Dysphagie-Screening die Untersuchung auf OSAS erfolgen. Bei bekanntem OSAS sollten Patienten über das Risiko aufgeklärt und ggf. angehalten werden, mit erhöhtem Oberkörper zu schlafen.

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Univ.- Prof. Dr. Hans Jürgen Heppner