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Wer hat wirklich Asthma? Eine Spirometrie sichert die Diagnose ab.

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Bei jedem dritten Patienten mit ärztlich festgestelltem Asthma lässt sich die Diagnose nicht objektiv bestätigen: Fast 90 % haben selbst ein Jahr nach dem Absetzen jeglicher Asthmamedikation keinerlei Hinweise auf ein Asthma. Das hat eine prospektive Untersuchung von zufällig ausgewählten erwachsenen Asthmapatienten in Kanada ergeben. Ob der Wegfall der Diagnose auf Spontanremissionen oder auf anfängliche Fehldiagnosen zurückzuführen war, ließ sich rückblickend nicht genau feststellen. Auffällig war, dass diejenigen Diagnosen, die später revidiert wurden, häufiger nicht aufgrund einer Spirometrie gestellt worden waren.

Bedingung für die Studienteilnahme war eine Asthmadiagnose innerhalb der letzten fünf Jahre. Die Patienten durften keine oralen Steroide erhalten, nicht schwanger sein oder stillen und keine Kontraindikation gegen eine bronchiale Provokation aufweisen. Patienten mit Raucherhistorie von mehr als zehn Packungsjahren waren wegen der Möglichkeit einer COPD ebenso ausgeschlossen. Von 701 Patienten konnten 613, die an allen Untersuchungen teilgenommen hatten, in der Analyse berücksichtigt werden. Von ihnen wendeten die meisten (86,6 %) zu Studienbeginn Asthmamedikamente an, etwas weniger als die Hälfte (44,5 %) nutzte täglich Controllermedikamente (inhalierbare Kortikosteroide [ICS] und/oder Leukotrienantagonisten).

Jede dritte Diagnose nicht (mehr) zutreffend

Zur Überprüfung der Asthmadiagnose schlichen alle Patienten unter ärztlicher Überwachung ihre Dauermedikation aus. Zur Beurteilung wurden Symptome, Peak-Flow-Messungen, Spirometrie und bronchiale Provokationstests genutzt. Die Asthmadiagnose galt als gesichert, wenn sich die Einsekundenkapazität (FEV1) nach Inhalation eines Bronchodilatators um mindestens 12 % verbesserte, eine Provokation mit Metacholin positiv ausfiel (FEV1-Rückgang um mind. 20 %) oder der mittlere exspiratorische Spitzenfluss tagesabhängig um mehr als 10 % schwankte. Bei 410 Patienten wurde die Diagnose gesichert, die übrigen 203 (33,1 %) litten demnach aktuell nicht an Asthma.

Der Vergleich beider Gruppen enthüllte mehrere Faktoren, die die Bestätigung einer früheren Asthmadiagnose wahrscheinlicher machten. Dies waren niedrigerer FEV1, täglicher Gebrauch von Asthmamitteln, objektive Bestätigung der Atemflusslimitation bei Erstdiagnose und Wheezing in der Anamnese. Von den Patienten mit Ausschluss eines Asthmas hatten anfänglich nur 43,8 % eine Spirometrie absolviert, in der Gruppe mit nachgewiesenem Asthma waren es immerhin 55,6 %.

2 % Fehldiagnosen von schweren Erkrankungen

Von den 203 Patienten, bei denen ein Asthma ausgeschlossen wurde, hatten 22 im folgenden Jahr einen positiven Provokationstest. Sechs von ihnen waren auch sonst symptomatisch und nahmen ihre Asthmatherapie wieder auf. Bei 181 Patienten gab es weiterhin keine Hinweise auf ein Asthma. Unter den langfristig symptomfreien Teilnehmern waren auch 68, die zuvor täglich Controllermedikamente angewendet hatten; das war jeder vierte Patient aus dieser Gruppe.

Bei widerlegter Asthmadiagnose wurden teilweise andere, zumeist harmlose Erkrankungen festgestellt, etwa eine allergische Rhinitis oder Refluxkrankheit. Bei zwölf Patienten (2 %) erwies sich das vermeintliche Asthma als Fehlinterpretation von schweren kardiorespiratorischen Erkrankungen, darunter vier mit einer KHK, zwei mit einer subglottischen Stenose, zwei mit Bronchiektasien und je einer mit interstitieller Lungenerkrankung, Lungenhochdruck, Sarkoidose und Tracheobronchomalazie.

Erstdiagnose durch Tests sichern!

Den Studienautoren von der Universität Ottawa zufolge ist bei einigen Teilnehmern von einer Remission auszugehen. Dies gelte vor allem für jene 11,3 % mit nicht bestätigtem Asthma, bei denen die Erstdiagnose auf der Basis von Lungenfunktionsuntersuchungen erfolgt war. „Die Studie spricht aber auch dafür, dass es im ambulanten Bereich zu Fehldiagnosen von Asthma kommt“, so die Ärzte um Shawn D. Aaron. Sie mahnen daher, sich bei der Erstdiagnose nicht allein auf Symptome zu verlassen, sondern „wann immer möglich“ objektive Untersuchungen zu veranlassen. Zudem unterstreiche das Ergebnis die Wichtigkeit der Leitlinienempfehlung, bei Patienten mit langfristig kontrolliertem Asthma einen Versuch zur Reduktion der Asthmatherapie zu machen.