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Dr. med. Justus de Zeeuw Innere Medizin, Pneumologie, Schlafmedizin Rolshover Str. 526, 51105 Köln justus.dezeeuw@rub.de

Der Report der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) 2017 ist eine grundlegend überarbeitete Version der Strategie bei COPD. Die wichtigsten Neuerungen finden sich in der Klassifikation der Erkrankung und in den Therapieempfehlungen. Dabei ergibt sich manch Widersprüchliches.

Früher steuerte mit dem Einsekundenvolumen FEV1 in der weltweiten GOLD-Strategie nur ein einziger Lungenfunktionswert das therapeutische Vorgehen bei COPD. Es folgte der multidimensionale Ansatz unter Einbeziehung des Exazerbationsrisikos und der Symptomatik. Aus drei Parametern wurde eine Vierfeldertafel abgeleitet, die zur Bestimmung der sog. Risikogruppe A bis D diente. Erste Zweifel an dieser Einteilung ergaben sich, als bei retrospektiven Analysen eine fehlende Korrelation zwischen Mortalität und Risikogruppe auffiel. Patienten in Gruppe B hatten eine höhere Sterblichkeit als jene in Gruppe C. Allerdings lag dieser Wahrnehmung ein Trugschluss zugrunde: Gruppe A bis D spiegeln keine kontinuierlich steigenden Schweregrade der COPD wider, somit war C nicht pauschal schlimmer als B.

Bei einem FEV1 von 79 % vom Soll und zwei leichten Exazerbationen im vorausgegangenen Jahr erfolgte bei Patienten mit nur geringer Symptomatik die Zuordnung in Gruppe C. Eine mit einem FEV1 von 51 % vom Soll deutlich eingeschränkte Lungenfunktion mit entsprechenden Symptomen wurde bei nur einer stattgehaben Exazerbation der Gruppe B zugeordnet. Berücksichtigt man die Unschärfe bei der anamnestischen Erfassung von Exazerbationen, ist einleuchtend, dass ein aufgrund der eingeschränkten Lungenfunktion symptomatischer Patient in Gruppe B eine schlechtere Prognose hat als ein Patient, der bei geringer Symptomatik und fast normaler Lungenfunktion aufgrund der Exazerbationshistorie der Gruppe C zugeordnet wird.

Nur noch zwei Achsen bestimmen die Vierfeldertafel

GOLD 2017 geht nun einen anderen Weg. Die Lungenfunktion bestimmt den Schweregrad, der wie gehabt anhand der bekannten Grenzwerte für das FEV1 als GOLD 1–4 klassifiziert wird. Symptome und Exazerbationshistorie bestimmen die Zuordnung zu den Gruppen A bis D. Sowohl der Schweregrad als auch die Gruppe werden dann angegeben. So ist nun auch die Zuordnung zu den Gruppen C und D eindeutig, da die Vierfeldertafel nur noch von zwei Achsen bestimmt wird. Klar ist nun auch, dass ein Patient von Visite zu Visite einer anderen Gruppe zugeordnet werden kann, unabhängig von der Krankheitsschwere. So ist ein Wechsel von D nach B (bei Reduktion der Exazerbationen) als auch nach C (Verbesserung der Symptomatik) nun nachvollziehbar.

Einige Fragen bleiben noch offen

Die Aufteilung der Klassifikation in Schweregrad und Gruppe scheint auf den ersten Blick den Stellenwert der Lungenfunktionsdiagnostik zu bestätigen. Ein widersprüchlicher Eindruck ergibt sich allerdings bei Betrachtung der Therapiealgorithmen: Diese beziehen sich nur auf die Einteilung der Gruppen, berücksichtigen also nur Exazerbationshäufigkeit und Symptomatik. Es wird angegeben, dass bei Patienten mit deutlicher Diskrepanz zwischen Symptomatik und Einschränkung der Lungenfunktion eine weitere Evaluation berechtigt sei. Ansonsten werde die Therapie allein durch die aktuellen Beschwerden und die Exazerbationen in der Vorgeschichte bestimmt.

Daraus ergeben sich Fragen: An wen richtet sich GOLD? Werden die Fähigkeiten der Fachärzte mit Zugriff auf Spirometrie, Bodyplethysmografie und weitere Diagnostik nur initial benötigt? Wie wird der oft diffusen Definition der Exazerbation Rechnung getragen? Dieser Parameter rückt bei der Therapieentscheidung zunehmend in den Vordergrund, ist jedoch im wahren Leben schwer zu erfassen. Und vor allem: Wie wird die Diskrepanz zwischen dem Zulassungsstatus der Medikamente (der sich vor allem am FEV1 orientiert) und den auf Symptomatik und Exazerbationen basierenden Therapieempfehlungen in GOLD aufgelöst?

Und: Anstatt der zuvor verwendeten tabellarischen Darstellung verwendet GOLD 2017 nun Diagramme zur Illustration der Therapiealgorithmen. Dabei sind bevorzugte Pfade grün (s. Abb. 1 Seite 31 im Heft). Leider verschwindet die farbliche Hervorhebung im Ausdruck eines gewöhnlichen Schwarz-Weiß-Druckers, die Grafiken sind so weniger übersichtlich, der sinnvolle Ansatz, ein bevorzugtes Therapieschema abzubilden, geht verloren.

GOLD 2017 stellt einerseits eine sehr hilfreiche, praxisnahe Weiterentwicklung dar. Andererseits ist der Stellenwert der Lungenfunktion in der aktuellen Version sehr ambivalent.

Wie GOLD 2018 sich dahingehend weiterentwickelt, bleibt spannend.