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Wissenserwerb stand beim ERS-Kongress auch in der IndustrieAusstellung im Mittelpunkt.

© spa/Springer Medizin

Zur Vorbeugung von akuten Exazerbationen einer COPD (AECOPD) steht ein breites Spektrum an Interventionen zur Verfügung. „Die Prävention geht über die rein medikamentöse Therapie hinaus, und sie ist auch nicht nur Sache des Arztes“, betonte Prof. Judith Garcia Aymerich von der Universität in Barcelona.

Für Patienten in einer stabilen Phase der Erkrankung haben der Pneumologin zufolge fünf Maßnahmen eine Schutzwirkung:

  1. 1.

    Die jährliche Impfung gegen Influenza senkt laut einer Cochrane-Analyse das Risiko für Exazerbationen.

  2. 2.

    Lang wirksame Anticholinergika (LAMA) reduzieren AECOPD und COPD-bedingte Klinikeinweisungen. Das ist vor allem für Tiotropium gut belegt, gilt aber ähnlich für die neueren LAMA.

  3. 3.

    Lang wirksame Betamimetika (LABA) verhindern mittelschwere und schwere AECOPD.

  4. 4.

    Die Kombination inhalatives Kortikosteroid (ICS) und LABA schützt auch, und zwar besser als Placebo bzw. ICS allein.

  5. 5.

    Patienten mit integrierter Versorgung leiden seltener an AECOPD als Patienten mit „Standardversorgung“. Garcia Aymerich empfiehlt deswegen Schulungen und Selbstmanagement für Patienten mit Exazerbationen in der Anamnese.

Wenn die COPD trotzdem exazerbiert, kann durch die Behandlung mit systemischen Kortikosteroiden nicht nur die akute Situation gebessert, sondern auch das Risiko für weitere AECOPD gesenkt werden. „Es gibt aber keine Evidenz dafür, dass systemische Steroide langfristig Exazerbationen verhindern“, so die Ärztin. Prävention betreiben kann man außerdem, indem man die Patienten mit einer AECOPD — sofern das möglich ist — nicht im Krankenhaus, sondern zu Hause behandelt. Das Konzept „hospital at home“ kommt laut Garcia Aymerich nicht nur dem Wohlbefinden der Patienten zugute, sondern senkt auch das Exazerbationsrisiko. Eine pneumologische Reha nach überstandener AECOPD senkt die Rate weiterer Episoden ebenfalls, und zwar für die nächsten zwölf Monate.

Laut Garcia Aymerich gibt es aber auch Maßnahmen, die AECOPD vorbeugen, deren Nutzen aber möglicherweise nicht die Risiken überwiegt. Das gelte z. B. für die präventive Behandlung mit Makrolidantibiotika bei Patienten mit häufigen Exazerbationen. Ein breiter Einsatz komme wegen des Risikos der Resistenzentwicklung und Hörminderung nicht infrage. Bedenken gebe es auch im Hinblick auf die PDE-4-Hemmer — trotz belegter AECOPD-Prävention bei Patienten mit häufigen Exazerbationen. So sei z. B. mit einer deutlichen Zunahme von Insomnien zu rechnen. Für Mukolytika wie N-Acetylcystein haben Studien zwar einen Nutzen angedeutet. Garcia Aymerich beurteilt die Qualität dieser Untersuchungen aber als gering. Eine breite Anwendung sei daher nicht zu empfehlen. Umgekehrt verhält es sich bei Rauchstopp, Pneumokokkenimpfung und Rehamaßnahmen für stabile COPD-Patienten. Ob mit diesen Interventionen Exazerbationen verhindert werden, ist bisher zwar nicht ausreichend belegt. Wegen des „herausragenden Nutzens für die COPD-Prognose“, so die Pneumologin, sollte von diesen Maßnahmen aber unbedingt Gebrauch gemacht werden.

Keine systemische Steroiddauertherapie oder Statine

Eindeutig nicht zur Exazerbationsprophylaxe zu empfehlen sind laut Garcia Aymerich systemische Kortikosteroide als Dauertherapie sowie Statine.

Wie gut es gelingt, Exazerbationen zu verhindern, hängt auch von der Mitarbeit des Patienten ab. Idealerweise sollte er nicht rauchen, körperlich aktiv sein, gesund essen und sich möglichst wenig einer verqualmten Umgebung oder verschmutzter Luft aussetzen. „Daten zum Nutzen von Bewegung zeigen konsistent ein reduziertes Exazerbationsrisiko“, so Garcia Aymerich. Für besonders kritisch hält sie die Therapieadhärenz und hier vor allem die korrekte Anwendung der Inhaler. Nach einer Untersuchung aus dem Jahre 2011 werden dabei häufig grundlegende Fehler gemacht, weil die Patienten z. B. nach der Beladung in das Mundstück ausatmen, die Inhalation zu früh beenden oder danach nicht den Atem anhalten.

Die Pneumologin plädierte außerdem für Präventionsmaßnahmen auf Populationsebene, also Rauchverbote und Reduktion von Luftverschmutzung und beruflicher Exposition. Nach der Einführung von Rauchverboten in öffentlichen Gebäuden sei u. a. ein deutlicher Rückgang von stationären Aufnahmen wegen AECOPD beobachtet worden.

Welche der genannten Maßnahmen zum Einsatz kommen, ist laut Garcia Aymerich von den Eigenschaften und Präferenzen der Patienten abhängig zu machen. „Prävention ist eine Entscheidung. Unsere Aufgabe ist es, den Patienten diese Entscheidung zu ermöglichen, indem wir ihnen alle relevanten Informationen verständlich darlegen.“