Fragestellung: Welche Informationen bezüglich der Krankheitsaktivität bei pulmonaler Sarkoidose kann man mithilfe von mit Technetium-99m (99mTc) markiertem Infliximab gewinnen?

Hintergrund: Bei den meisten Patienten mit Sarkoidose kommt es zu einer Spontanremission. Eine schwere Organbeteiligung erfordert allerdings eine immunsuppressive Therapie, in erster Linie Kortikosteroide. Versagen diese, so werden Azathioprin und Methotrexat und in jüngster Zeit auch TNF-α-Antagonisten wie Infliximab versucht. Die bisherigen Erfahrungen mit Infliximab bei schwerer pulmonaler und extrapulmonaler Sarkoidose sind unterschiedlich, mit Ansprechraten zwischen 38 und 88%, je nach Voraussetzungen, Therapiedauer und Organbeteiligung. Wegen der durchaus vorhandenen Risiken und der hohen Kosten wäre es wünschenswert, das Stadium von Versuch und Irrtum zu verlassen und prädiktive Parameter für einen Therapieerfolg zu entwickeln. Hier zeichnet sich ein nuklearmedizinischer Ansatz ab.

Patienten und Methoden: Zehn Patienten eines holländischen Krankenhauses mit histologisch gesicherter pulmonaler Sarkoidose wurden im Verlauf von zwei Jahren mit radioaktiv markierten 99mTc-Infliximab untersucht. 6 und 20 Stunden nach intravenöser Applikation von 370 MBq 99mTc-Infliximab erfolgten Ableitungen von Thorax und Abdomen mit der Gammakamera und eine SPECT-CT des Thorax. Neben konventionellem Thoraxröntgen wurden Untersuchungen wie PET und CT, Lungenfunktionstests, und Bestimmungen der CO-Diffusionskapazität durchgeführt. Zur Evaluierung der Krankheitsaktivität bestimmte man den löslichen Interleukin-2-Rezeptor und ACE.

Ergebnisse: Es zeigte sich eine selektive und variable Anreicherung von 99mTc-Infliximab im Zielgewebe, die im Bereich der Hiluslymphknoten am stärksten war. Die Anreicherung war bei einigen Patienten massiv, bei anderen nur sehr gering. Dies spricht dafür, dass eine individuell unterschiedliche Expression von TNF-α besteht. Die Anreicherung korrelierte positiv mit den für die Krankheitsaktivität relevanten Laborparametern und negativ mit Lungenfunktionsparametern. Die Korrelation der Anreicherungsintensität von 99mTc-Infliximab war besser als die der TNF-α-Konzentration im Serum oder der 18FDG PET-CT. Das markierte Infliximab spiegelt in situ die anti-TNF-α-Expression eines Individuums wieder und liefert somit wertvolle Informationen über die Indikation zur systemischen Therapie und ein mögliches Ansprechen auf Infliximab.

Schlussfolgerung: Die szintigrafische Untersuchung mit markierten Infliximab trägt möglicherweise zur individualisierten Therapie der Sarkoidose und in bestimmten Fällen sogar zur Erstlinientherapie mit Infliximab bei.

Kommentar von Prof. Dr. med. Hermann S. Füeßl

Manchmal kommt Infliximab vielleicht als Erstlinientherapie infrage

Die Studie wurde zwar nur an einer kleinen Patientengruppe durchgeführt, sie könnte aber wegweisend bei die Auswahl einer maßgeschneiderten Therapie für Patienten mit pulmonaler Sarkoidose sein. Sie bestätigt damit Ergebnisse, wie sie auch schon bei Patienten mit rheumatoider Arthritis an den Gelenken gewonnen wurden. Allerdings schickt sich auch hier ein Verfahren nicht für alle. Bei Patienten mit Morbus Crohn gelang es der Infliximab-Szintigrafie nicht, Aussagen zum klinischen Verlauf zu machen. Möglicherweise reicht die anti-TNF-α-Produktion im Darm nicht aus, um zu einer entsprechenden Nuklidanreicherung zu führen. Trotz des zweifellos vorhandenen Nutzens in bestimmten Fällen ist es fraglich, ob sich das Verfahren wirklich durchsetzt. Probleme liegen in der kurzen Halbwertszeit des markierten Infliximab von nur 6 Stunden, was einen Scan innerhalb von 24 Stunden nach Injektion des Radionuklids erforderlich macht. Bemerkenswert scheint auch die schlechte Korrelation zwischen den TNF-α-Konzentration im Serum und den klinischen Parametern. Offensichtlich ist für die Feststellung der Ausbreitung und Krankheitsaktivität eine Quantifizierung der TNF-α-Expression im Gewebe unabdingbar. Aus den Befunden ergibt sich möglicherweise bei bestimmten Patienten mit Sarkoidose die Indikation für den frühzeitigen Einsatz von Infliximab sogar als Erstlinientherapie in ähnlicher Weise, wie man es heute bei rheumatoider Arthritis macht.

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Prof. Dr. med. H. S. Füeßl