Bei A1-AT-Mangel wird im Krankheitsverlauf das Lungengewebe zerstört und es entsteht ein Emphysem, verbunden mit einem frühen und schnell voranschreitenden Verlust der Lungenfunktion. Unter den seltenen Erkrankungen ist der A1-AT-Mangel eine der häufigsten potenziell lebensverkürzenden, chronischen, angeborenen Störungen. Von der Erkrankung betroffen sind nach Schätzungen etwa 8000 bis 16.000 Menschen in Deutschland. Das fehlende A1-AT lässt sich dem Körper per Infusion zuführen. Das seit Oktober 2015 in Deutschland verfügbare humane A1-AT (Respreeza®) von CSL Behring, das sich in diesem Jahr um den Galenus-Preis bewirbt, ist als Erhaltungstherapie zugelassen, um das Fortschreiten eines Lungenemphysems bei Erwachsenen mit nachgewiesenem schwerem A1-AT-Mangel zu verzögern. Es handelt sich um das erste und bislang einzige A1-AT, für das in der Substitution ein statistisch signifikanter Vorteil in der Lungendichtereduktion versus Placebo nachgewiesen werden konnte. Die Zulassung dieses humanen A1-AT ist im Gegensatz zu anderen Präparaten nicht auf Patienten mit einem bestimmten Bereich der Einsekundenkapazität (FEV1) beschränkt.

Bei gesunden Erwachsenen liegen die A1-AT-Normalwerte bei 20–50 mmol/l. Ziel der Substitutionsbehandlung bei A1-AT-Mangel ist es, den Spiegel oberhalb des protektiven Leitwerts von 11 mmol/l zu stabilisieren. Große Observationssowie 2 Interventionsstudien ergaben bislang nur Hinweise auf einen Vorteil der Substitution, es konnte aber kein statistisch signifikanter Nutzen nachgewiesen werden.

Dies gelang nun erstmalig in der im vergangenen Jahr publizierten internationalen RAPID-Studie (Randomized, Placebo-Controlled Trial of Augmentation Therapy in Alpha 1 Protease Inhibitor Deficiency), einer placebokontrollierten, doppelblinden und randomisierten Phase-III/IV-Studie. Sie hatte das Ziel, die klinische Wirksamkeit und Sicherheit der Substitutionstherapie mit dem humanen A1-AT-Präparat bei A1-AT-Mangel zu untersuchen. Mit 180 Patienten ist RAPID die bislang größte abgeschlossene Studie zur Substitutionsbehandlung in dieser Indikation. Die in die Studie aufgenommenen Patienten litten an einem schweren A1-AT-Mangel mit einem A1-AT-Serumspiegel von im Schnitt 6,38 mmol/l in der Verum- und 5,94 mmol/l in der Placebogruppe. Über einen Zeitraum von 24 Monaten erhielten sie das A1-AT-Präparat in einer wöchentlichen Dosis von 60 mg/kg Körpergewicht (n = 92) oder Placebo (n = 85). Primärer Studienendpunkt war die mittels serieller CT gemessene Lungendichte. Die Abnahme der Lungendichte, gemessen bei maximaler Einatmung (Total Lung Capacity), wurde im aktiven Studienarm statistisch signifikant um durchschnittlich 34% bzw. 0,74 g/l pro Jahr im Vergleich zu Placebo reduziert: Die Lungendichte verringerte sich unter dem A1-AT-Präparat jährlich um 1,45 g/l und mit Placebo um 2,19 g/l (p = 0,03). Damit konnte zum ersten und bislang einzigen Mal ein signifikanter Nutzen für ein Präparat in der Erhaltungstherapie bei A1-AT-Mangel versus Placebo in Bezug auf die verlangsamte Abnahme der Lungendichte belegt werden. Die Substitutionstherapie erwies sich als gut verträglich, das Nebenwirkungsprofil lag annähernd auf Placeboniveau.

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