Bariatrische Eingriffe, also in der Regel Magenbypass oder Sleeve-Gastrektomie (Schlauchmagenbildung), werden in Deutschland im internationalen Vergleich eher selten vorgenommen. Rund 8.000 Eingriffe erfolgen hierzulande jährlich, bezogen auf die Gesamtbevölkerung etwa 5 Mal weniger als etwa in den USA oder der Schweiz, berichtete Prof. Arne Friedrich, Leiter des Bereichs Bariatrische Chirurgie am Universitätsklinikum Leipzig.

Indiziert sind bariatrische Eingriffe aktuell bei Patienten mit einem Body Mass Index (BMI) >40 bzw. >35 plus assoziierter Begleiterkrankung, wenn längerfristige konservative Therapien (Ernährungsumstellung, Sport) fehlgeschlagen sind. In Deutschland werden die Eingriffe nach Erfahrung von Friedrich wegen Restriktionen bei der Erstattung meistens erst bei Patienten mit einem BMI ≥50 vorgenommen. Jedoch sollte man sich bei der Indikationsstellung nicht ausschließlich auf den BMI fokussieren, sagte der Adipositas-Chirurg. Denn auch Personen mit einem BMI von 50 können metabolisch gesund sein. Aussagekräftiger als der BMI seien die viszerale Fettmasse, das Hüfte-Taille-Verhältnis oder das Edmonton-Obesity-Scoring-System.

Bis zu 90%ige Remission der Schlafapnoe

Adipositas korreliert nicht nur mit einem erhöhten Risiko für metabolische und kardiovaskuläre, sondern auch für pneumologische Erkrankungen wie Asthma bronchiale und Schlafapnoe. Bei übergewichtigen Asthmapatienten seien auch die Asthmakontrolle schlechter und das Risiko für Exazerbationen höher als bei normalgewichtigen Patienten, sagte Friedrich. Bekanntenslich ist ein obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom (OSAS) sehr häufig bei adipösen Patienten und korreliert mit dem metabolischen Syndrom. Zudem können Insulinresistenz, metabolisches Syndrom und Adipokindysregulation zur Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie beitragen.

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Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) vom 2. bis 5. März 2016 in Leipzig

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Entsprechend trägt eine starke Gewichtsreduktion infolge einer Magenverkleinerung zu einer Verringerung pneumologischer Symptome bei. In einer Studie an 113 bariatrischen Patienten mit Asthma oder OSAS sei es bei 50% der Asthma- und 80% der OSAS-Patienten zu einer kompletten Remission der Beschwerden gekommen, berichtete Friedrich (Hewitt et al., Obes Surg 2014). Laut einer Metaanalyse von 164 Studien mit mehr als 160.000 OSAS-Patienten betrug die Remissionsrate der Schlafapnoe nach bariatrischer OP sogar 90% bis 96% (Chang et al., JAMA Surg 2014). Die Nachbeobachtungszeiten betrugen je fünf Jahre.

Überdiagnose von Asthma bei Übergewichtigen

Es besteht die Gefahr, dass bei adipösen Patienten mit respiratorischen Symptomen fälschlicherweise die Diagnose Asthma gestellt wird. Rund die Hälfte der Kandidaten für bariatrische Eingriffe haben nach Angaben von Friedrich pneumologische Beschwerden. In einer Studie bei 86 Patienten mit geplanter bariatrischer Chirurgie, darunter 32 mit Asthma-Diagnose, konnte diese Diagnose tatsächlich nur bei 19 Patienten (59%) bestätigt werden, berichtete Friedrich (van Huisstede et al., Respir Med 2013). Jedoch zeigte sich in dieser Studie genauso die Gefahr der Unterdiagnose eines Asthma bronchiale bei stark Übergewichtigen. So wurde bei 17 der 54 Patienten (31%) ohne bekanntes Asthma ein Asthma diagnostiziert.

Nutzen überwiegt die Risiken

Der Nutzen der bariatrischen Chirurgie überwiegt nach Ansicht von Friedrich bei richtiger Auswahl der Patienten die Risiken deutlich. „Bariatrische Eingriffe sind auch bei pulmonal Vorerkrankten sicher durchführbar und stellen gelegentlich die einzige kausale Therapieoption dar.“ Die 30-Tage-Mortalität nach einem bariatrischen Primäreingriff liegt bei rund 0,15 %. Der Eingriff sei sicherer als eine Routine-Cholezystektomie, so Friedrich. Die Komplikationsraten liegen eingriffsspezifisch bei 10 % bis 17 % (beim Magenband höher als bei Sleeve-Gastrektomie) und hängen auch vom Alter, BMI und Vorerkrankungen ab. Auf der Haben-Seite stehen neben teilweise deutlichen Gewichtsreduktionen und günstiger Beeinflussung von Begleiterkrankungen auch ein langfristiger Überlebensvorteil.