Bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom ist eine DAPT-Verkürzung auf nur einen Monat keine gute Idee - zumindest nicht, wenn die Monotherapie anschließend mit Clopidogrel erfolgt.

Kürzer ist besser, was die DAPT nach koronarer Stenttherapie betrifft - so legen es die Ergebnisse einer wachsenden Anzahl von klinischen Studien nahe, etwa die beim ACC 2019 vorgestellte STOPDAPT-2-Studie oder die beim ESC 2021 präsentierte MASTER-DAPT-Studie.

1 Monat DAPT, dann 11 Monate Clopidogrel

Doch nun zeigen die ebenfalls beim ESC-Kongress 2021 publizierten Resultate der STOPDAPT-2-ACS-Studie, dass dies nicht unbedingt für Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) gilt. Wenn man bei diesen Patienten ASS nach einem Monat absetzt und für weitere elf Monate nur mit Clopidogrel behandelt, dann kann für diese Behandlungsstrategie im Vergleich zu einer DAPT mit ASS/Clopidogrel über zwölf Monate keine Nichtunterlegenheit gezeigt werden. Zwar traten weniger Blutungen auf, doch es kam zu mehr sekundären kardiovaskulären Komplikationen, berichtete Dr. Hirotoshi Watanabe, Universitätskrankenhaus in Kyoto.

Dieses Ergebnis steht im Kontrast zu der vor zwei Jahren von der gleichen Autorengruppe vorgestellten STOPDAPT-2-Studie, bei der aber 62 % der Patienten an einem chronischen Koronarsyndrom (CCS) litten und nur 38 % an einem ACS.

Über 4.000 ACS-Patienten

Für die STOPDAPT-2-ACS-Studie nahmen die Studienautoren zum einen die ACS-Patienten aus der ersten Studie her (n = 1.148). Zum anderen rekrutierten sie 2.988 neue ACS-Patienten und behandelten diese nach dem gleichen Protokoll wie in der Vorgängerstudie. Im Summe ergab das einen Datensatz von 4.136 ACS-Patienten.

Mehr thrombotische Komplikationen

Primäres Augenmerk in beiden Studien galt dem klinischen Nettonutzen nach einem Jahr, der primäre Endpunkt bestand sowohl aus thrombotischen als auch aus Blutungskomplikationen (kardiovaskulärer Tod, Herzinfarkt, Stentthrombose, Schlaganfall, TIMI-major- oder TIMI-minor-Blutungen). Diese Endpunkte waren bei 3,2 % (ein Monat DAPT) bzw. 2,83 % (ein Jahr DAPT) aufgetreten - die Nichtunterlegenheit wurde verfehlt. Beim wichtigen sekundären kardiovaskulären Endpunkt (primärer Endpunkt ohne Blutungen) lautete die Bilanz 2,76 % (ein Monat DAPT) zu 1,86 % (ein Jahr DAPT).

Signifikante Unterschiede zeigten sich beim Herzinfarkt (1,59 vs. 0,85 %) und den Blutungskomplikationen (0,54 vs. 1,17 %), wobei der Vorteil zugunsten der verkürzten DAPT in dieser Studie nicht mehr so eindrucksvoll war, wie in der STOPDAPT-2-Studie mit überwiegend CCS-Patienten, so Watanabe. Aber auch der numerische Unterschied bei den Stentthrombosen (0,45 vs. 0,2 %) scheint der Erwähnung wert. Die aktuelle Datenlage legt nahe, dass Patienten mit ACS und CCS hier unterschiedlich zu beurteilen sind. Sowohl in der STOPDAPT-2- als auch in der MASTER-DAPT-Studie lag der Anteil der ACS-Patienten unter 40 %.

Weitere Rollen mögen der verwendete Stent und die Blutungsrisiken spielen: In den STOPDAPT-Studien wurde mit dem Xience-Stent, der eine permanente Polymerbeschichtung aufweist, gearbeitet, in MASTER-DAPT mit dem Ultimaster-Stent mit biologisch abbaubarem Polymer. Die Patienten in MASTER-DAPT wiesen hohe Blutungsrisiken auf, viele von ihnen nahmen zusätzlich Antikoagulanzien ein. Letztere waren in den STOPDAPT-Studie ausgeschlossen.

Nach ACS: Clopidogrel der falsche P2Y12-Inhibitor?

Die Diskutanten der Studie verwiesen darauf, dass Clopidogrel bei ACS-Patienten mit hohem Risiko nicht erste Wahl für eine elfmonatige Monotherapie sein dürfte. Ob man mit potenteren P2Y12-Inhibitoren die DAPT nach ACS auf einen oder drei Monate verkürzen kann, muss untersucht werden. Einstweilen empfehlen die ESC-Leitlinien noch zwölf Monate DAPT als Standard, sofern keine besonderen Risikofaktoren für Blutungen vorliegen.

Watanabe H: One-month dual antiplatelet therapy followed by clopidogrel monotherapy in acute coronary syndrome, HOT LINE - STOPDAPT-2 ACS; ESC Congress 2021 - The Digital Experience, 27.-30.8.2021