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„Die echte resistente Hypertonie ist seltener als angenommen.“

Prof. Dr. med. Walter Zidek

Med.Klinik IV mit SP Nephrologie Charité — Universitätsmedizin Berlin

Für den diesjährigen Hypertonieschwerpunkt bieten sich die derzeitigen kontroversen Diskussionsthemen an. Die Pro- und Kontra-Diskussion geht um die Hypertoniebehandlung bei älteren Patienten (Rainer Düsing und Timm Westhoff). Hier ist einer der transatlantischen Unterschiede in den aktuellen Therapieempfehlungen der Fachgesellschaften. Letztlich wird es schwierig sein, allgemeingültige Empfehlungen hinsichtlich der Blutdruckzielwerte in dieser Altersgruppe zu geben, die sich auf alle betroffenen Patienten anwenden lassen. Begleiterkrankungen bzw. Multimorbidität stellen eine wesentliche Determinante dar, welche Blutdrucksenkung der einzelne ältere Hypertoniker toleriert. Unterschiedliche Studienergebnisse spiegeln unter anderem auch Kollektive mit unterschiedlichem Allgemeinzustand wider.

Im Beitrag von Markus van der Giet werden die Unterschiede zwischen den US-amerikanischen und europäischen Leitlinien kritisch diskutiert. Ein wesentlicher Unterschied betrifft die Definition der Hypertonie (USA: ≥ 130/80 mmHg, Europa: ≥ 140/90 mmHg). Diese auf den ersten Blick sehr unterschiedliche Definition führt allerdings bei näherem Hinsehen zu keinen wesentlichen Unterschieden in der Vorgehensweise: Die europäischen Leitlinien empfehlen auch bei einem nach ihrer Definition „hochnormalen“ Blutdruck zwischen 130 und 139 mm Hg systolisch eine medikamentöse Behandlung bei sehr hohem kardiovaskulären Risiko. Die US-amerikanischen Leitlinien empfehlen ebenfalls eine medikamentöse Therapie in diesem Bereich, der dort als Hypertonie definiert ist, bei hohem kardiovaskulären Risiko. Fazit: identische Therapie trotz unterschiedlicher Definition.

Invasive Verfahren in der Hypertonietherapie

Ein anderes Thema dieses Hypertonieschwerpunkts ist der künftige Stellenwert invasiver Verfahren der renalen Denervation (Christopher Gohlisch und Alexander Reshetnik). Während neue Studien in diesem Jahr den Weg zur Anwendung der renalen Denervation über die resistente Hypertonie hinaus auch für breitere Patientengruppen geöffnet haben, empfehlen die europäischen Leitlinien weiterhin eine eher restriktive Vorgehensweise. Die Praxis der letzten Jahre zeigt, dass die renale Denervation für wenige Fälle von resistenter Hypertonie einen langfristigen Stellenwert hat.

Der Beitrag von Markus Tölle macht deutlich, dass die echte resistente Hypertonie wahrscheinlich seltener ist, als wir in den letzten Jahren angenommen haben. Deswegen wird die Zukunft der renalen Denervation unter anderem davon abhängen, ob der Sprung in die unkomplizierte essenzielle Hypertonie langfristig akzeptiert wird.

Ich wünsche allen Hypertonie-Interessierten viel Vergnügen und einen kleinen Erkenntnisgewinn beim Lesen des diesjährigen Hypertonieschwerpunkts.

Ihr

Walter Zidek