_ Eine langfristige Antikoagulationsbehandlung, wie sie bei Vorhofflimmern und erhöhtem Risiko für thromboembolische Komplikationen notwendig wird, sollte immer so sicher wie möglich durchgeführt werden. Aber nicht auf Kosten der Wirksamkeit.

Zur Sicherheit der Therapie gehört, dass der Arzt die Nierenfunktion im Auge behält, erklärte Dr. Günther Claus, Asklepios-Klinikum Melsungen. Viele Patienten mit Vorhofflimmern sind über 75 Jahre alt. Bei vielen Patienten lässt die Nierenfunktion im Alter nach, bei 30 % ist sie bereits bei der Ersteinstellung eingeschränkt. Nierenschwäche geht mit erhöhten Risiken für Schlaganfälle und Blutungen einher, so Claus.

Die aktuellen ESC-Leitlinien empfehlen, bei der Ersteinstellung den neuen oralen Antikoagulanzien den Vorrang vor Vitamin-K-Antagonisten zu geben. Vom Einsatz von Plättchenhemmern raten sie ab.

Im Falle einer Nierenfunktionseinschränkung (Kreatinin-Clearance 15–49 ml/min) wird bei Rivaroxaban (Xarelto®) die Dosis von 1 × 20 mg/d auf 1 × 15 mg/d reduziert. Es ist die einzige Stellgröße für eine Dosisanpassung bei Rivaroxaban, das in dieser Hinsicht einfacher zu handhaben ist als andere NOAKs, so Claus.

Bereits in der Zulassungsstudie ROCKET-AF war diese Dosisreduktion für Patienten mit Niereninsuffizienz vorgesehen. Analysen zeigen, dass die Wirksamkeit bei reduzierter Dosis erhalten blieb: Schlaganfälle oder systemische Embolien traten bei 2,3 % der Patienten auf (Warfarin: 2,8 %), tödliche Blutungen bei 0,3 % (Warfarin 0,7 %).

Mit abnehmender Nierenfunktion kommt es zu einem Wirkverlust des Vitamin-K-Antagonisten, berichtete Claus. Post-hoc-Analysen der ROCKET-AF-Studie zeigen zudem, dass die Nierenfunktion unter Warfarin stärker abnahm als unter Rivaroxaban.

In die gleiche Richtung deuten die Ergebnisse einer Datenbankanalyse aus der Mayo-Klinik. Bei nach dem Propensity-Score-Matching-Verfahren vergleichbaren Patienten zeigte sich unter Rivaroxaban eine signifikant geringere Verschlechterung relevanter Nierenfunktionsparameter als unter Warfarin, so Claus.

In einer weiteren Analyse untersuchte die gleiche Autorengruppe anhand einer großen Abrechnungsdatenbank u. a. die Auswirkungen, wenn NOAKs bei Patienten ohne Niereninsuffizienz in reduzierter Dosis verschrieben wurden. Eine solche Unterdosierung wurde bei 13,3 % von 13.392 Vorhofflimmern-Patienten registriert. Unterdosierungen von Rivaroxaban oder Dabigatran hatten in der Studie keine Folgen auf die Schlaganfall- und Blutungsrate. Bei Apixaban hingegen stieg die Schlaganfallrate signifikant an. Die Botschaft von Dr. Claus: Ohne Grund sollten NOAKs nicht in der Dosis reduziert werden.

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Ältere Patienten mit Vorhofflimmern haben oft auch eine Nierenschwäche.

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