Die prospektive Kohortenstudie von Sultan et al. untersuchte die Daten der UK‘s Clinical Practice Research Datalink (CPRD). Demnach haben Männer nach der Erstdiagnose von Gicht ein um 31 % höheres Risiko für eine erektile Dysfunktion als Kontrollpatienten ohne Gicht. Multivariate Analysen ergaben, dass ein erhöhtes Risiko für eine erektile Dysfunktion schon Jahre vor der Gichtdiagnose vorhanden war. Interessanterweise zeigte auch eine frühere CPRD-Studie, dass verschiedene Risikosituationen wie Herz-Kreislauf-Komplikationen oder Depression schon mehr als zehn Jahre vor der eigentlichen Diagnose der klinisch manifesten Gicht auftraten. Depressive Episoden korrelierten eindrucksvoll mit der Prävalenz und Inzidenz von Gicht. Das könnte ursächlich mitverantwortlich sein für die höhere Rate an erektiler Dysfunktion. Die Autoren fordern deshalb weitere prospektive Kohortenstudien zur Objektivierung von Mechanismen, die bei Gicht zur erektilen Dysfunktion führen.

figure 1

Uratablagerungen in den Füßen eines Gichtpatienten (DECT-Aufnahme).

© PD Dr. Alexander Huppertz, Imaging Science Institute, Charité Berlin

Außerdem ergaben die Daten der vorliegenden Studie keine protektiven Effekte einer uratsenkenden medikamentösen Behandlung auf die Inzidenz der erektilen Dysfunktion. Allerdings bekamen die Patienten mit Gicht in dieser Studie nur suboptimale Dosen an harnsäuresenkenden Medikamenten (ein optimaler Zielwert für die Harnsäure wäre < 6 mg/dl).

Kommentar

Wir sollten bei unserer täglichen klinischen Arbeit bedenken, dass ein erhöhter Harnsäurespiegel ein deutlicher Risikofaktor für die Entstehung einer erektilen Dysfunktion ist. Gicht ist neben Diabetes mellitus, Übergewicht und Fettstoffwechselstörungen sowie arterieller Hypertonie ein Risikofaktor ersten Grades für die Entstehung einer vorzeitigen und schweren Arteriosklerose.

Vermutlich wird diese Tatsache vielfach unterschätzt. Dabei ist die Gicht heute eine Volkskrankheit. Und Gicht ist eben mehr als eine Gelenksentzündung. Die betroffenen Patienten haben ein deutlich höheres Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko. Leider ist die Studienlage für diese Zusammenhänge sehr dünn. Eine kleinere Studie zeigt auch eindrucksvoll die Zusammenhänge zwischen einer Harnsäuresenkung mit Allopurinol und einer Verbesserung der Endothelfunktion.

Die Hyperurikämie sollte mittel- und langfristig durch eine Gewichtsabnahme behandelt werden. Die Indikation für eine begleitende Allopurinolgabe sollte großzügiger gestellt werden.

figure 2

Prof. Dr. med. Curt Diehm