Dem „genetischen Schicksal“ eines hohen KHK-Risikos kann man durch einen gesunden Lebensstil entgehen. Diese gute Nachricht vernahmen die Besucher auf dem diesjährigen AHA-Kongress in New Orleans.

Wie eine dort vorgestellte große Analyse verdeutlicht, geht eine hohe genetische „Belastung“ für die Betroffenen zwar mit einem fast doppelt so hohen relativen Risiko einher, in den nächsten zehn Jahren ein koronares Ereignis zu erleiden (Hazard Ratio, HR: 1,91).

Doch auf der anderen Seite konnten diese Menschen ihr genetisch bedingtes hohes KHK-Risiko um fast die Hälfte verringern, wenn sie einen gesunden Lebensstil praktizierten, verglichen mit Personen, die sich um ihre Gesundheit kaum (d. h. nur eines der Kriterien erfüllten) oder gar nicht kümmerten (HR: 0,54). Dazu mussten mindestens drei der folgenden Lebensstil-Kriterien erfüllt sein: Nicht rauchen, kein Übergewicht haben, körperlich aktiv sein und sich gesund ernähren.

Ein niedriges genetisches Risiko wiederum wurde durch einen ungesunden Lebensstil der Patienten praktisch wieder zunichte gemacht; das relative Risiko für ein koronares Ereignis stieg dann um 82 % im Vergleich zu denjenigen, die gesund gelebt haben.

Lebensstilmaßnahmen für jedermann sinnvoll

Für die Studienautoren um Amit Kehra aus Boston legen diese Ergebnisse nahe, dass sich bevölkerungsbasierte Maßnahmen zur Förderung eines gesunden Lebensstils für jedermann lohnen. „Die Studie liefert einen Beweis dafür, dass sich das individuelle Risiko unabhängig vom genetischen Risikoprofil der Patienten durch Lebensstilfaktoren stark modifizieren lässt“, schreiben sie in der zeitgleich erfolgten Publikation im „New England Journal of Medicine“.

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50 Risikoallele mit erhöhtem KHK-Risiko assoziiert

Seit 2007 konnten durch genomweite Assoziationsstudien mehr als 50 unabhängige Allele identifiziert werden, die mit einem erhöhten KHK-Risiko einhergehen. Einen aus diesen DNA-Polymorphismen gewonnenen polygenetischen Score haben die Studienautoren für ihre Analyse herangezogen, um jene Personen zu identifizieren, die einem hohem, mittleren und niedrigen KHK-Risiko ausgesetzt sind (oberstes, 2.–4. und niedrigstes Quintil).

Die insgesamt 55.685 Studienteilnehmer entstammten aus drei großen prospektiven Kohorten (7.814 aus der Artherosclerosis Risk in Communities [ARIC-]Studie, 21.222 aus der Women's Genome Health Study und 22.389 aus der Malmö Diet and Cancer Study) sowie aus der Querschnittsstudie BioImage (n = 4.260).

Wissen um genetisches Risiko als Motivationsschub?

Teilnehmer, die dauerhaft einen gesunden Lebensstil an den Tag legten, wiesen generell ein geringeres KHK-Risiko auf als jene, bei denen das nicht der Fall war — unabhängig von der jeweiligen genetisch vorgegebenen Suszeptibilität. Allerdings war die dadurch erreichte Risikosenkung am größten in der Gruppe mit dem höchsten genetischen Risiko.

Sinnvoll könne es daher sein, intensive Lebensstilmaßnahmen speziell auf diese Patienten auszurichten, da das Wissen um das erhöhte Risiko sie womöglich zu einer Lebensstiländerung motiviere, spekulieren Kehra und Kollegen. Ob sich das kardiovaskuläre Outcome mit einer solchen Informations-Übermittlung tatsächlich verbessern lässt, muss allerdings erst untersucht werden.

Studienlimitationen

Des Weiteren ging ein gesunder Lebensstil in der BioImage-Studie mit einer signifikant geringeren Kalzifikation der Koronararterien einher als eine ungesunde Lebensweise (28 vs. 46 Punkte nach Agatston-Score); je adhärenter sich die Teilnehmer zeigten, desto geringer war die Verkalkung tendenziell ausgeprägt.

Da in dieser Studie hinsichtlich der Adhärenz zu einem gesunden Lebensstil allerdings keine Randomisierung vorgenommen wurde, kann man nicht von einem kausalen Zusammenhang zwischen Lebensstil und KHK-Risiko ausgehen. Ebenso könnten Verhaltensänderungen oder andere Erkrankungen auf das jeweilige Risiko der Patienten Einfluss genommen haben.