Linksventrikuläre Assist Devices (LVAD) sind in den ersten beiden Jahren der Herztransplantation bzgl. Überleben zumindest gleichwertig – aus diesem Statement leuchtet eine große Sorge: In Deutschland seien die Transplantations-Langzeitergebnisse schlechter als der internationale Mittelwert, berichtete Prof. Hermann Reichenspurner, Direktor des universitären Herzzentrums in Hamburg und amtierender Präsident der Internationalen Gesellschaft für Herz- und Lungentransplantation.

Reichenspurner wählte einen programmatischen Titel für sein Referat: „Herztransplantation versus Therapie mit Unterstützungssystemen: Wechselt der Goldstandard?“ Seit 1967 Prof. Christiaan Barnard erstmals einem Menschen ein Spenderherz einpflanzte, gilt die Transplantation als Goldstandard in der Therapie des finalen Herzversagens und wurde weltweit über 110.000 Mal durchgeführt. In Deutschland sinken die Transplantationszahlen, auch aus Gründen, die von einigen Zentren selbst zu vertreten sind: Publik gewordene Unregelmäßigkeiten haben die Öffentlichkeit verstört. Das bedeutet, dass die Wartezeiten, bis ein passendes Spenderorgan verfügbar wird, steigen.

Langzeitergebnisse mangelhaft?

Zudem fiel auf, dass die Langzeitresultate in Deutschland im Vergleich zu internationalen Daten abfallen. Sind unsere Herzchirurgen weniger qualifiziert für den Eingriff als internationale Kollegen? Sicher nicht, im Gegenteil, sie zählen zur Weltspitze. Es dürfte in erster Linie eine Frage der Indikation sein. Noch im Jahr 2000 war die Herzverpflanzung ein elektiver Eingriff – in etwa 90 % aller Fälle. Nur an die 10 % erfolgten als Notfalltransplantation (HU: High emergency). Das hat sich radikal verändert. Heute sind nur noch knapp 20 % der Transplantationen elektiv, 80 % laufen unter HU.

Auffällig ist die „Alterung“ der Spenderorgane: Stammten 1991 die Herzen in der Regel von 30-Jährigen, liegt ihr Alter nun über 45 Jahre. Reichenspurner ließ durchblicken, dass die älteren Spenderherzen manchmal schon an Koronarsklerose leiden, weshalb es nötig geworden ist, das Spenderorgan einer Koronarangiografie zu unterziehen.

Das Hauptproblem scheint aber die lange Wartezeit zu sein; zumindest wurden als Risikofaktoren für die Einjahres-Mortalität der Transplantierten ausgemacht: Temporäre Kreislaufunterstützung, auch mit linksventrikulären Pumpen, Dialysetherapie des Empfängers, intraaortale Ballonpumpen. Diese Risikofaktoren begründen eine HU-Transplantation nach Kriterienkatalog von Eurotransplant.

Reichenspurner plädierte für eine Neuorientierung der Zuteilungskriterien. Dringlichkeit und Erfolgswahrscheinlichkeit müssten ausbalanciert werden. Dies soll Niederschlag finden in einem neuen Zuteilungsscore („cardiac allocation score“), mit dem vermutlich 2016 zu rechnen sei.

Ventrikuläre Hilfspumpen boomen

Während in Deutschland immer weniger Herzen verpflanzt werden, erlebt die Implantation von Ventrikel-Hilfspumpen (L/RVAD) einen Boom: Erhielten 2005 nur 227 Patienten diese mechanischen Unterstützungssysteme, waren es 2014 bereits 915. Trend weiter steigend.Dabei gibt es verschiedene Typen:

  • Kunstherzen mit dem Anspruch, das Herz ganz ersetzen zu können;

  • Externe bzw. parakorporale Assist-Devices für linke oder rechte Ventrikel oder

  • implantierbare VADs, wobei bereits 3 Generationen unterschieden werden:

    • 1. Generation: pulsatile Pumpen;

    • 2. Generation: die oft verwendeten axialen Systeme ohne Pulswelle;

    • 3. Generation: miniaturisierte zentrifugale Systeme, ebenfalls ohne Pulswelle, die sich minimalinvasiv implantieren lassen (z. B. Heart Ware®).

Die P.C.I.-Teilnehmer konnten einen solchen Eingriff aus dem Hamburger Herzzentrum miterleben. Das Antriebsaggregat funktioniert folgendermaßen: Es wird in der Spitze der linken Ventrikels fest verankert, saugt dort sauerstofffreiches Blut an und leitet es über die Gefäßprothese in die Aorta und damit in den Blutkreislauf (Flow bis zu 10 l/min). Das Steuergerät trägt der Patient ständig in der schwarzen Umhängetasche bei sich. Die Intervention kommt ohne Sternotomie aus. Mit der Optimierung der Systeme ging eine signifikante Verbesserung der Überlebenszeiten einher. Die 3. Generation der implantierbaren VADs erreicht eine Zweijahres-Überlebenszeit von etwa 85 %, ein Wert, der mit Daten der Herztransplantation vergleichbar wird, aber nur auf internationalem Niveau. Die deutschen Transplantationsergebnisse lassen diese Prothesen hinter sich.

Erfahrungen aus dem ReVolve-Register, dem sieben europäische und zwei australische Zentren angeschlossen sind, zeigen, dass 60 % der Patienten das Device behielten, 22 % transplantiert wurden, 1,2 % erholten sich, sodass sie ohne Prothese auskamen, knapp 17 % verstarben innerhalb von zwei Jahren.

Die Komplikationsraten verlangen enge Nachsorge. Am häufigsten kam es zu Blutungen (28 %), auch zu gastrointestinalen (5 %). Besonders gefürchtet: Rechtsherzversagen: 9 %, Schlaganfall 8 %, Kabelinfektion 6 %, Sepsis 5 %. Im MVAD-Trial (multizentrisch, prospektiv, aber selbstverständlich nicht verblindet) nehmen drei deutsche Kliniken teil: Hannover, Berlin, Hamburg. Endpunkt ist das Überleben nach sechs Monaten.

Wie soll es weitergehen? Reichenspurner findet, es sei an der Zeit, die Indikationen für die Transplantation wie auch der VAD-Implantation zu überdenken. Die Transplantation wird aufgrund des Spendermangels ein seltener Eingriff bleiben; er sollte beschränkt bleiben für Patienten, deren Prognose mit hoher Wahrscheinlichkeit für einen Langzeiterfolg spricht.