Angeborene Herzfehler sind die häufigste angeborene Fehlbildung überhaupt. Denn jedes 100ste Baby in Deutschland kommt mit einem Herzfehler zur Welt, das sind über 6.500 Kinder im Jahr. Hospitalisiert werden daher überwiegend Neugeborene und Kinder im ersten Lebensjahr, erklärte Prof. Brigitte Stiller, Kinderkardiologin in Freiburg/Bad Krozingen und 1. Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (DGPK) im Rahmen der Pressekonferenz zum Deutschen Herzbericht 2015 in Berlin.

Der Rückgang der Mortalität bei angeborenen Herzfehlern ist im Vergleich zu Sterbeziffern bei anderen Herzproblemen prozentual der höchste. Denn die Sterbeziffer sank in den vergangenen 24 Jahren von 1,5 auf 0,5 und liegt jetzt für Jungen bei 0,7 und für Mädchen bei 0,5. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes starben 2013 von 21.396 stationären Fällen 491 der Betroffenen (2 %), das waren 60 % weniger als 1990, in der Gruppe der Säuglinge waren es sogar 71 % weniger. Grund für die niedrigeren Sterberaten sind in erster Linie die bessere Bildgebung (Echo, CRT, CT), schonendere OP-Verfahren und Hybrideingriffe, verbesserte Intensivmedizin sowie innovative Herzkatheterinterventionen. So sind mittlerweile miniaturisierte 4-French-Kathetersysteme und mitwachsende Stents verfügbar. Die Anzahl der Herzkatheterinterventionen nimmt zu und die Zeiten an der Herz-Lungen-Maschine werden kürzer.

Gute Versorgungsstruktur

Auch die gute Versorgungsstruktur hierzulande spielt eine wichtige Rolle: Es gibt in Deutschland 30 Kinderherzzentren, die invasive Behandlungen durchführen, 67 Kinderkliniken mit 77 Kinderkardiologen stehen für konservative Eingriffe und Langzeitbehandlungen zur Verfügung und 171 niedergelassene Kinderkardiologen arbeiten in eigenen Praxen.

Im Jahr 2014 fanden bei Kindern mit angeborenen Herzfehlern in spezialisierten Kliniken 8.565 Herzkatheteruntersuchungen (davon 60 % mit Intervention) statt. Die Operationszahl betrug 7.923, darunter waren 5.779 kardiale Eingriffen, von denen 82 % mit einer Herz-Lungen-Maschine erfolgten, die anderen betrafen meist große Gefäße.

Mehr EMAH-Patienten

Weil sich die Lebenserwartung der Kinder stark verbessert hat, gibt es immer mehr Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern (EMAH), genauer gesagt etwa 200.000. Derzeit können diese Patienten 15 überregionale EMAH-Zentren und 284 zertifizierte Ärzte aufsuchen. Stiller sieht in den nächsten Jahren bei der Verbesserung der Versorgungssituation aber noch Handlungsbedarf.

Wichtig wird künftig für die Kinderkardiologie auch sein, ein Pulsoxyscreening bei Neugeborenen zu etablieren, die Qualitätssicherung der Eingriffe durch den G-BA, mehr Arzneimittelstudien und Zulassungen für Medikamente (über die Hälfte der bei Kindern eingesetzten Herzmedikamente sind dafür nicht zugelassen!), freie Arztwahl für EMAH-Patienten und genügend spezialisiertes Pflegepersonal, erklärte Stiller.