Eine häufige Frage an Kardiologen vor nicht kardialen Operationen betrifft die perioperative Medikation. Die 2009 publizierten Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie zum perioperativen Management bei nicht kardialen Operationen haben eine Klasse-I-Empfehlung für die perioperative Gabe von Betablockern (mit Titrierung der Dosis) bei Hochrisikopatienten (bekannte koronare Herzerkrankung, positiver Ischämienachweis, Hochrisikoeingriff) ausgegeben. Diese Empfehlung basierte auch auf den Ergebnissen der DECREASE-Studien, die Vorteile für die perioperative Betablockergabe zeigten. In letzter Zeit sind jedoch große Bedenken an der Validität der DECREASE-Studien aufgekommen. Zudem haben sowohl eine Metaanalyse aus dem Jahr 2008 wie auch die im gleichen Jahr publizierte POISE-Studie Zweifel am Nutzen der perioperativen Betablockergabe geweckt.

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Effekte der perioperativen Betablockergabe unter Ausschluss der DECREASE-Studien („secure trials“) im Vergleich zu den DECREASE-Studien („non secure trials“).

© Nach Heart doi:10.1136/heartjnl-2013-304262

Eine aktuelle Metaanalyse von neun Studien mit insgesamt über 10 000 Patienten unter Ausschluss der Ergebnisse der DECREASE-Studien zeigt nun unter einer Betablockergabe sowohl einen relativen Anstieg der perioperativen Mortalität um 27% sowie einen signifikanten Anstieg von nicht fatalen Schlaganfällen (73%) und Hypotensionen (51%; s. Abb.).

Kommentar: Die Ergebnisse dieser Metaanalyse stellen das bislang praktizierte und durch Leitlinien empfohlene Vorgehen zur perioperativen Gabe von Betablockern infrage. Welche Konsequenzen sollten daraus gezogen werden? Meines Erachtens sind mehrere Aspekte zu beachten:

  1. 1.

    Eine gründliche präoperative, leitlinienkonforme Risikostratifizierung ist erforderlich.

  2. 2.

    Eine bestehende Betablocker-Medikation sollte präoperativ nicht abgesetzt werden.

  3. 3.

    Falls eine Betablocker-Therapie präoperativ initiiert werden sollte, sind beta-1-selektive Betablocker zu bevorzugen und in ihrer Dosis sorgsam zu titrieren.

Es bleibt abzuwarten, ob und wie die Leitlinien-Komitees diese Unklarheiten in einer klinisch so wichtigen und häufigen Fragestellung auflösen werden.