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Prof. Dr. med. Alfred Wirth Bad Rothenfelde, Adipositas

Wie schon in einigen anderen Studien sah man auch hier, dass das kardiovaskuläre Risiko (kardiovaskulärer Tod oder nicht tödlicher Myokardinfarkt bzw. Schlaganfall) bei Hypertonikern innerhalb von drei Jahren bei Normalgewichtigen höher war (7%) als bei Übergewichtigen (6%) oder bei Adipösen (5%). Bei Hypertonikern mit der Kombination Benazepril/Amlodipin wirkte sich ein unterschiedlicher Body-Mass-Index nicht auf das kardiovaskuläre Risiko aus. Unter der Kombination Benazepril/Hydrochlorothiazid war dieses (pro 1000 Patientenjahre) jedoch deutlich vom BMI abhängig: Normalgewichtige 30,7, Übergewichtige 21,9 und Adipöse 18,2.

Bei Normalgewichtigen war die Kombination Benazepril/Amlodipin der Kombination Benazepril/Hydrochlorothiazid um 43%, bei Überwichtigen um 24% und bei Adipösen um 11% (nicht signifikant) überlegen. Bei Übergewichtigen und Adipösen ergab sich kein diesbezüglicher Unterschied.

Kommentar: Aus dieser großen Studie lassen sich einige Schlussfolgerungen für die Praxis ziehen:

  1. 1.

    Normalgewichtige Hypertoniker haben ein höheres kardiovaskuläres Risiko als übergewichtige oder adipöse. Die Studie bestätigt damit Ergebnisse früherer Untersuchungen (SHEP, INVEST). Diese Beobachtung, auch als Adipositas-Paradox bekannt, ist bei einigen anderen Krankheiten (z.B. KHK, Herzinsuffizienz, Typ-2-Diabetes) ebenfalls beschrieben. Möglicherweise liegt bei normalgewichtigen Personen eine andere Form der Hypertonie vor als bei adipösen.

  2. 2.

    Normalgewichtige Personen mit einer Hypertonie profitieren stärker von einer Kombinationstherapie mit Amlodipin als mit Hydrochlorothiazid. Bei Normalgewichtigen ist die Blutdrucksteigerung von neuroendokrinen Mechanismen, von einer Aktivierung des Sympathikus und des Renin-Angiotensin-Systems, abhängig. Kalziumantagonisten wirken hier effektiver als Diuretika, die diese Systeme zusätzlich stimulieren können. In der SHEP-Studie erhöhte Chlorthalidon im Vergleich zu Placebo bei Normalgewichtigen die Mortalität.

  3. 3.

    Bei adipösen Personen mit Hypertonie sind bei einer Kombinationsbehandlung Amlodipin und Hydrochlorothiazid hinsichtlich kardiovaskulärer Ereignisse gleich wirksam. Ursache für die Blutdruckerhöhung bei Adipösen ist vorwiegend eine Volumenbelastung aufgrund eines erhöhten Blutvolumens mit der Folge eines gesteigerten Cardiac Outputs. Diuretika wirken hier effektiv. Schon immer galt, dass jeder adipöse Hypertoniker ein Diuretikum erhalten sollte.

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Adipositas-Paradox: Normalgewichtige haben ein höheres kardiovaskuläres Risiko als Dicke.

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Wenngleich ACCOMPLISH überzeugende Daten liefert, bleiben einige Fragen in der antihypertensiven Behandlung von adipösen Hypertonikern offen: Da die Hypertonie mit dem Taillenumfang enger assoziiert ist als mit dem BMI, ist denkbar, dass eine Klassifikation der Adipositas nach dem Taillenumfang andere Ergebnisse liefert. Ergebnisse hierzu liegen bisher nicht vor.

In ACCOMPLISH wurden zwei Kombinationstherapien verglichen. Wünschenswert sind Studien zur Monotherapie mit allen gängigen Antihypertensivaklassen.