Patientinnen mit frühem HER2-negativem Brustkrebs mit hohem klinischem Risiko und Nachweis einer BRCA1/2-Keimbahnmutation profitierten in der OlympiA-Studie von einer Behandlung mit Olaparib nach (neo)adjuvanter Chemotherapie. Doch wie viele Patientinnen betrifft das im klinischen Alltag?

In der OlympiA-Studie wurde kürzlich gezeigt, dass eine einjährige Olaparib-Therapie die Überlebenswahrscheinlichkeit bei HER2-negativem Brustkrebs (HER2- eBC) mit hohem Risiko und BRCA1/2-Keimbahnmutation um 35 % nach 3,5 Jahren verbessert [Geyer CE Jr et al. Ann Oncol. 2022;33(12):1250-68]. Schon früher war hier ein Überlebensvorteil für die Therapie mit dem PARP-Inhibitor gezeigt worden [Tutt ANJ et al. N Engl J Med. 2021;384(25):2394-405]. Die Zulassung von Olaparib wurde entsprechend erweitert und die Testung auf eine BRCA1/2-Keimbahnmutation damit bei mehr Patientinnen als bisher therapierelevant. Die Indikation zur Testung leitet sich aus den Empfehlungen des Deutschen Konsortiums Familiärer Brust- und Eierstockkrebs ab, ist aber mit der erweiterten Zulassung nicht mehr von einer festgestellten familiären Belastung abhängig.

Wie viele Patientinnen auf BRCA1/2-Mutationen testen?

Ein Team um Henning Schäffler, Ulm, prüfte retrospektiv, wie viele Patientinnen mit eBC, die zwischen Januar 2018 und Dezember 2020 an den Universitätsfrauenkliniken in Ulm und Tübingen behandelt worden waren, den klinischen Einschlusskriterien der OlympiA-Studie entsprochen hatten. Sie interessierte insbesondere, wie viele Frauen die Testkriterien des Konsortiums nicht erfüllten, aber nach der OlympiA-Studie zusätzlich hätten getestet werden müssen. Insgesamt standen Daten von 2.384 Patientinnen mit eBC zur Verfügung. Davon wiesen 72,9 % ein HR+ HER2- eBC auf, 15,5 % ein HER2+ eBC und 12,6 % ein tripelnegatives Mammakarzinom (TNBC).

Viele verpasste Therapiechancen

Insgesamt erfüllten 271 Patientinnen (11,4 %) die Einschlusskriterien der OlympiA-Studie, darunter 13,3 % der Frauen mit HER2- eBC. Unter den 130 Patientinnen mit HR+ HER2- eBC lag der Anteil bei 7,5 %, unter den 141 Patientinnen mit frühem TNBC bei 47 %. Würde eine BRCA1/2-Testung nur nach den Kriterien des Deutschen Konsortiums Familiärer Brust- und Eierstockkrebs durchgeführt, würde mehr als die Hälfte der Patientinnen (55 %), die für eine Therapie mit Olaparib infrage kämen, keine BRCA1/2-Keimbahntestung erhalten und damit keine Therapie mit dem PARP-Inhibitor. Der Anteil verpasster Therapiechancen war besonders hoch bei Patientinnen mit HR+ HER2- eBC. Hier hätten 96 von 130 Betroffenen mit BRCA1/2-Keimbahnmutation (74 %) die Testung und damit die Indikation für eine Olaparib-Therapie nicht erhalten. Bei den Frauen mit TNBC lag der Anteil bei 38 %.

Bericht vom 42. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Senologie, der vom 6. bis 8. Juli 2023 in München stattfand.