Eine japanische Studiengruppe vermutet, dass die Immunreaktivität für den Tumorsuppressor p53 Einfluss darauf hat, ob eine Vitamin-D-Supplementation die Prognose von Patienten mit Tumoren des Gastrointestinaltrakts verbessert. Ihre Hypothese steht allerdings auf wackeligen Beinen.

Bisher konnte nicht eindeutig belegt werden, dass eine Vitamin-D-Supplementation die Prognose bei Krebserkrankungen bessern könnte. Eine Forschungsgruppe aus Japan glaubt nun, dass ein Faktor mit darüber entscheidet, ob eine Vitamin-D-Supplementation die Prognose speziell von Patienten mit Tumoren des Gastrointestinaltrakts verbessern kann: die Immunreaktivität für p53, definiert als Anti-p53-Antikörper im Serum plus die nukleäre Akkumulation von p53-Protein in mehr als 99 % der Krebszellen.

Ausgangspunkt für ihre Vermutung ist eine Post-hoc-Analyse der Studie AMATERASU RCT. Die 2019 publizierte Hauptstudie hatte ihr Ziel eines verlängerten rückfallfreien Überlebens (RFS) zwar verfehlt; Patienten, die täglich 2.000 IE Vitamin D supplementierten, unterschieden sich im 5-Jahres-RFS nicht von Patienten der Placebogruppe. In der jetzt veröffentlichten Analyse haben die Forscher nachträglich zwischen Teilnehmern mit und ohne p53-Immunreaktivität differenziert. Das Ergebnis: In der p53-immunreaktiven Untergruppe war das Risiko, innerhalb von 5 Jahren ein Rezidiv zu erleiden oder zu sterben, unter Vitamin-D-Einnahme signifikant reduziert.

In die Post-hoc-Analyse waren 392 Frauen und Männer einbezogen worden. Bei allen war ein gastrointestinaler Tumor (meistens Magen- oder Darmkrebs) im Stadium I-III in kurativer Absicht operiert worden, und sie hatten anschließend mit der einmal täglichen Einnahme von Vitamin D3 (n = 241) oder Placebo begonnen. 80 Personen waren p53-immunreaktiv, davon hatten 54 Vitamin D ergänzt, ihr 5-Jahres-RFS betrug 80,9 % - gegenüber 30,6 % bei den 26 Patienten mit Placebo (Hazard Ratio [HR] 0,27). Kein Unterschied im 5-Jahres-RFS zwischen Vitamin-D- und Placebogabe zeigte sich dagegen in der Gruppe ohne p53-Immunreaktivität (74,7 % vs. 74,1 %).

Fazit: Die Studiengruppe interpretiert ihre Resultate als Hinweis darauf, Vitamin D bei Patienten mit Tumoren des Verdauungstrakts und p53-Immunreaktivität die Prognose verbessern kann. Angesichts der Tatsache, dass es sich um eine Post-hoc-Analyse handelt, und der geringen Patientenzahlen ist das allerdings eine sehr weitreichende Deutung, die zunächst in größeren Studien prospektiv überprüft werden muss.

Kanno K et al. Effect of Vitamin D supplements on relapse or death in a p53-immunoreactive subgroup with digestive tract cancer: post hoc analysis of the AMATERASU randomized clinical trial. JAMA Netw Open. 2023;6(8):e2328886