Eine onkologische Erkrankung bedeutet oft einen tiefen Einschnitt im Leben von Patient*innen und ihren Familien. Ein großer Teil der Betroffenen kann die Erkrankung mit Hilfe persönlicher und sozialer Ressourcen gut bewältigen. Trotzdem können über die gesamte Zeitspanne - vom Moment der Diagnosestellung an, über die oft langwierige Behandlung und bis Jahre nach Abschluss der Therapie - Krisen oder Phasen stärkerer seelischer Belastung auftreten und eine psychoonkologische Unterstützung kann notwendig werden.

Die Psychoonkologie ist eine relativ junge Disziplin, ihre Anfänge liegen in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Seitdem ist die Psychoonkologie um die stetige (Weiter-)Entwicklung therapeutischer Ansätze bemüht, um die psychosoziale Versorgung von Betroffenen in allen Phasen der Krebserkrankung bestmöglich zu gewährleisten. Stellvertretend hierfür möchte ich in diesem Editorial zwei innovative Behandlungsansätze herausgreifen.

Interventionen für Patient*innen in einem weit fortgeschrittenen Erkrankungsstadium

In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der Patient*innen, die nicht von ihrer Krebserkrankung geheilt werden können und zum Teil über Jahre mit einer weit fortgeschrittenen Krankheit (über-)leben, deutlich erhöht. Diese Erkrankten sind daher auch in den Fokus der psychoonkologischen Versorgung gerückt und für sie wurden spezifische psychotherapeutische Ansätze entwickelt. Hierzu zählen sinn- und würdezentrierte therapeutische Interventionen, wie etwa die psychotherapeutische Kurzzeitintervention CALM ("managing cancer and living meaningfully"). Ein wichtiges Element dieser Ansätze ist die Erarbeitung einer persönlich sinnstiftenden verbleibenden Lebenszeit mit dem Ziel, die psychische Belastung am Lebensende zu lindern, Lebenssinn und Hoffnung zu stärken und die Lebensqualität zu verbessern.

Online- und videobasierte Interventionen in der Psychoonkologie

Immer wichtiger wird die Frage, wie man Patientengruppen erreicht, die wenig Zugang zu psychosozialen Unterstützungsangeboten haben, z. B. weil sie in ländlichen Regionen leben oder eine eingeschränkte Mobilität aufweisen. Eine Möglichkeit, diese Versorgungslücke zu schließen, können internetbasierte Ansätze sein, wie z. B. E-Health-Interventionen zum Nebenwirkungsmanagement oder zum Umgang mit psychischen Belastungen während und nach einer Tumorbehandlung. Deren Einsatz hat durch die COVID-19-Pandemie eine neue Legitimation erhalten. Auch "Remote"-Therapien, bei denen Einzel- oder Gruppensitzungen per Videokonferenz durchgeführt werden, gewinnen in der Psychoonkologie eine immer größere Bedeutung.

Aktuell wird z. B. am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) eine rein videobasierte musiktherapeutische Gruppenintervention für Patient*innen unter Tumortherapie in Heidelberg pilotiert. Im Rahmen dieses deutschlandweit einzigartigen Angebotes rezeptiver Online-Musiktherapie für Krebserkrankte zeigt sich, dass sowohl die technische Umsetzung als auch ein therapeutischer Prozess in einem solchen Setting gut gelingen kann. Rückmeldungen der Teilnehmenden machen deutlich, dass diese subjektiv profitieren und sich das Angebot gut in den oft fordernden Alltag der Patient*innen integrieren lässt. Insgesamt zeigen neben diesen praktischen Erfahrungen auch erste Forschungsergebnisse ermutigende Befunde, gerade auch in Bezug auf die Qualität und Stabilität der therapeutischen Beziehung im Online-Setting, und motivieren zur Entwicklung neuartiger Unterstützungsangebote.