Bei der Prävention und Therapie krebsbedingter venöser Thromboembolien ist zu berücksichtigen, dass Wechselwirkungen mit der Krebstherapie auftreten können. In einer Übersichtsarbeit wurden die aktuellen Erkenntnisse zu diesem Thema zusammengefasst.

Wechselwirkungen zwischen Antikoagulanzien und Krebstherapeutika können einerseits ein erhöhtes Blutungsrisiko, andererseits ein erhöhtes Risiko für erstmalige oder erneute venöse Thromboembolien (VTE) zur Folge haben. Außerdem können sie die Wirksamkeit und Sicherheit der Krebstherapie und anderer Arzneimittel, die zur Behandlung von Begleiterkrankungen eingesetzt werden, beeinträchtigen.

Zur Prävention und Therapie von VTE kommen niedermolekulare Heparine (NMH) und direkte orale Antikoagulanzien (DOAK) zum Einsatz. Diese Substanzklassen unterscheiden sich jedoch in der Verstoffwechslung und in den pharmakokinetischen Parametern. Während DOAK über CYP3A4 und P-Glykoprotein (P-gp) metabolisiert werden, ist dies bei NMH nicht der Fall. Dementsprechend kann die gleichzeitige Anwendung eines DOAK und eines mäßigen oder starken Modulators von CYP3A4 oder P-gp mit erheblichen Wechselwirkungen einhergehen. Dies ist insofern bedeutsam, da viele Medikamente, die in der Krebstherapie verwendet werden, ebenfalls ein Substrat, Inhibitor und/oder Induktor von CYP3A4 und P-gp sind. NMH sind dagegen nicht mit pharmakokinetischen Wechselwirkungen assoziiert und bleiben daher die erste Wahl für das langfristige Management krebsbedingter Thrombosen. Deshalb wird empfohlen, die Medikation und das Risiko für mögliche Wechselwirkungen bei den Patienten regelmäßig zu überprüfen. Ggf. sollten die Therapien entsprechend dem Risiko und den Bedürfnissen angepasst werden. Die Einbindung des Apothekers in das Behandlungs- und Überwachungsteam und die automatisierte elektronische Analyse von Arzneimittelinteraktionen sind unerlässlich.

Fazit: Arzneimittelwechselwirkungen sind eine Herausforderung für die Behandlung von Krebspatienten und Patienten mit krebsbedingten Thrombosen. Der Identifizierung potenzieller Wechselwirkungen sollte mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Tsoukalas N et al. Complexity and clinical significance of drug-drug interactions (DDIs) in oncology: challenging issues in the care of patients regarding cancer-associated thrombosis (CAT). Support Care Cancer. 2022;30(10):8559-73