Wie beginnen Sie Ihren Tag?

Anna Saborowski: Klassisch mit Kaffee, Schulbrotschmieren und leider immer etwas in Eile.

Was treibt Sie an?

Saborowski: Mich treibt die Überzeugung an, dass sich Engagement lohnt und anerkannt wird; auch die Faszination für das komplexe Konstrukt "Leben" und die Erkenntnis, dass die Beantwortung einer Frage unweigerlich weitere Fragen aufwirft; die Verantwortung, aber auch die Ehre, für einen Moment an einem oftmals kritischen Zeitpunkt meine Patientinnen und Patienten ein Stück weit zu begleiten und natürlich der Wunsch, eine möglichst kompetente Ansprechpartnerin zu sein.

Als Kind wollten Sie … ?

Saborowski: Ich habe eine duale Karriere als Detektivin und Tierärztin angestrebt, leider kam eine Katzen- und Pferdeallergie dazwischen. Das mit der Detektei hat offensichtlich ebenfalls nicht geklappt, aber ich finde, auch als Ärztin und Wissenschaftlerin arbeitet man investigativ.

Was beeindruckt Sie an anderen Menschen?

Saborowski: Menschlichkeit und Mut. Und im beruflichen Umfeld Menschen, die nicht scheuklappenartig ihren Weg gehen.

Was fasziniert Sie an Ihrem Fachgebiet?

Saborowski: In der Gastroonkologie arbeite ich an der spannenden Schnittstelle zwischen Hepatologie, Gastroenterologie und Onkologie. In meinem Berufsalltag greifen Krankenversorgung, klinische Studien und präklinische Forschung ineinander. Von der Bearbeitung grundlagenwissenschaftlicher Fragestellungen, über die Bewertung molekularpathologischer Befunde, bis hin zu den Tätigkeiten in der Endoskopie - es ist enorm abwechslungsreich und erfordert einen kontinuierlichen Austausch im Team.

Was braucht die onkologische Welt bzw. die Naturwissenschaft am dringlichsten?

Saborowski: Wir haben in den letzten Jahren viele "Proof-of-Concepts" gesehen, z. B. in der Immunonkologie. Um therapeutische Ansätze individueller zu gestalten sowie konzeptionell weiterzuentwickeln, müssen wir die molekularen Grundlagen von Therapieerfolg und -misserfolg besser verstehen. Ich bin überzeugt davon, dass eine Parallelität von Grundlagenforschung und klinischer Forschung hierfür essentiell ist.

Welches Buch oder Kunstwerk hat Sie in seinen Bann gezogen?

Saborowski: Man ist nie zu alt für die Weisheit und Wärme von Erich Kästners Werken.

Ein weiterer Text, der mich in meinem Berufsalltag insbesondere in schwierigen Situationen auffängt, ist das oft zitierte Werk von D. Bonhoeffer - "Von guten Mächten".

Wie halten Sie Balance in Ihrem Leben?

Saborowski: Ich suche regelmäßig das Gespräch mit Menschen, denen ich vertraue. Das gibt mir die Möglichkeit, mich selbst zu reflektieren, und meine eigene Position neu zu bewerten.

Wie beenden Sie Ihren Tag?

Saborowski: Leider allzu oft mit E-Mails. Aber ich achte darauf, meinen Kindern jeden Abend zu sagen, wie lieb ich sie habe.

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© Tom Figiel

"Translationale Medizin" darf nicht nur ein Schlagwort sein - sagt Clinical Scientist PD Dr. Anna Saborowski, die an der Schnittstelle zwischen Krankenversorgung und Grundlagenforschung der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) arbeitet. Ihr Ziel ist es, die Weiterentwicklung von individualisierten Therapieansätzen für die Behandlung von Gallengangkarzinomen voranzutreiben.

Bereits ihr Medizinstudium absolvierte die 40-Jährige an der MHH, ging dann als Postdoktorandin für 4 Jahre ans Memorial Sloan-Kettering Cancer Center nach New York, USA.

2013 kehrte sie wieder zurück an die MHH, einerseits als Ärztin zur Versorgung von Menschen mit gastrointestinalen Tumorerkrankungen, und andererseits als Wissenschaftlerin und Leiterin einer grundlagenwissenschaftlichen Arbeitsgruppe. Die Mutter von zwei Kindern engagiert sich darüber hinaus aktiv in der Nachwuchsförderung, z. B. als Gleichstellungsbeauftragte eines Sonderforschungsbereiches und innerhalb des Nachwuchsgremiums der Europäischen Leberforschungsorganisation EASL.

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Eine Sammlung bereits erschienener Kurzporträts finden Sie online unter: https://www.springermedizin.de/link/16397714