Wenn Männer eine Brustkrebsdiagnose bekommen, löst das bei ihnen und ihrem Umfeld oft einen besonderen Schock, Ungläubigkeit und Scham aus. Um die emotionalen und medizinischen Bedürfnisse kümmern sich dann in der Regel meist weibliche Angehörige. Wie es ihnen ergeht, hat ein britisches Team erfragt.

Männer sind eine sehr kleine Untergruppe unter den von einem Mammakarzinom Betroffenen, aber ihr Leiden ist oft groß. Praktische und emotionale Unterstützung erhalten sie in der Regel vornehmlich von ihren Partnerinnen und Partnern, engen Angehörigen oder Bekannten. Doch deren Erfahrungen finden keinen Eingang in die Fachliteratur. Deshalb hat sich eine britische Studie der Aufgabe gewidmet, die Erfahrungen der pflegenden Angehörigen von Männern mit Brustkrebs zu erforschen sowie den Bedarf an psychosozialer Unterstützung zu identifizieren.

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© Hector /sttock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)

Beim Mann kann die Diagnose Brustkrebs bei ihm und seinen Angehörigen zu Entsetzen, Ungläubigkeit und Stress führen.

Mit Hilfe von Telefoninterviews oder Videocalls wurden unterstützende Angehörige von Männern mit Brustkrebs nach ihren Erfahrungen gefragt. Die Forschenden wollten wissen, wie die Pflegenden Unterstützung gewähren, worin die besonderen psychosozialen Herausforderungen liegen, denen sie sich gegenüber sehen, und welchen Einfluss die Krankheit auf sie selbst und auf ihre Beziehung mit dem Patienten hat. Auch wurde gefragt, inwiefern die Pflegenden selbst Unterstützung erfahren haben und welche Unterstützung sie sich wünschen.

An der Studie nahmen 12 pflegende Angehörige teil - 11 Frauen und ein Mann. Die Interviewmitschriften wurden mit Hilfe einer qualitativen Datenanalysesoftware ausgewertet. Identifiziert wurden 4 Schlüsselthemen:

  1. 1.

    "Einfluss der Pflege": Die Teilnehmenden beschrieben, wie sie von Beginn an eine integrale Rolle bei der Unterstützung des Patienten spielten. Oft war es so, dass sie den Mann dazu brachten, überhaupt einen Arzt zu konsultieren, was letztlich zur Diagnose führte. Auch bei weiteren Arztkonsultationen nahmen sie die Rolle des Pförtners ein. Neben der Verantwortung für die medizinischen Belange fühlten sie sich auch für das emotionale Wohlergehen des Patienten zuständig. Ihr Leben wurde durch die Krankheit fast rund um die Uhr und in vielerlei Aspekten beeinflusst.

  2. 2.

    "Mangel an Bewusstsein": Die Pflegenden trafen häufig auf eine breite Unkenntnis über Männer mit Brustkrebs - sowohl im medizinischen Betrieb als auch in der Öffentlichkeit. Auch nur 2 der Pflegenden selbst hatten zuvor davon gehört, dass auch Männer Brustkrebs bekommen können, sie reagierten auf die Diagnose mit Entsetzen, Ungläubigkeit und Stress. Zudem fanden sie es schwierig, mit einem Mann darüber zu reden und ihn zu unterstützen, der eine Krankheit hatte, die üblicherweise als weiblich angesehen wird.

  3. 3.

    "Isoliert und allein": Bedingt durch die Besonderheit dieser Krebserkrankung fühlten sich die pflegenden Angehörigen oft sehr allein, womöglich stärker als Angehörige von Patientinnen und -patienten mit anderen Tumoren.

  4. 4.

    "Etwas verändern": Viele pflegende Angehörige berichteten, dass sie zu Anwälten der gesamten Gruppe von männlichen Patienten mit Brustkrebs wurden. Sie teilten ihre Geschichten, um mehr Aufmerksamkeit, Unterstützungsmöglichkeiten für andere Patienten und ihre Angehörigen zu schaffen.

Fazit: Der körperliche, emotionale, finanzielle und soziale Aufwand, einem Mann mit einer Brustkrebsdiagnose emotionale und praktische Unterstützung zu gewähren, kann erheblich sein. Eine größere Aufmerksamkeit und mehr Forschung wird benötigt, um den psychosozialen Einfluss und die Unterstützungsbedürfnisse für die Angehörigen besser zu verstehen.

Herring B et al. Exploring the experiences and psychosocial support needs of informal carers of men with breast cancer: a qualitative study. Support Care Cancer. 2022;30(8):6669-76