Die Eradikation von Helicobacter (H.) pylori ist ein wesentlicher Beitrag zur Risikoreduktion beim Magenkarzinom. Für Karzinome des gastroösophagealen Übergangs ist die Eradikation dagegen ein Risikofaktor.

Magenkrebs sei nicht selten, betonte Arne Kandulski vom Universitätsklinikum Regensburg anlässlich des DKK 2022 in Berlin. Das Magenkarzinom ist weltweit die 5. häufigste Krebserkrankung und ist die 3. häufigste Ursache für einen Krebstod nach Lungen- und Darmkrebs. Allerdings ist Deutschland ein Land mit intermediärem Erkrankungsrisiko. Deshalb kommt ein allgemeines Screening asymptomatischer Personen wie in Hochrisikoregionen in Asien nicht infrage. "Wir müssen die Hochrisikogruppen identifizieren, die wir in ein Screen-to-Treat-Programm integrieren", erklärte Kandulski.

Das Risiko der Progression zum Magenkarzinom ist bei prämalignen Läsionen wie Atrophie oder Dysplasie deutlich erhöht. Die Kaskade von Gastritis, Atrophie, Metaplasie, Dysplasie zum Karzinom wird vor allem durch die Besiedelung mit H. pylori, aber auch durch Lebensstilfaktoren wie Ernährung, Alkohol oder Rauchen beeinflusst. Das mit dem Epstein-Barr-Virus assoziierte Magenkarzinom ist ein dagegen eigener, Gastritis-unabhängiger Subtyp. Ein erhöhtes Magenkrebsrisiko besteht auch bei perniziöser Anämie/Autoimmungastritis, bestimmten genetischen Dispositionen und wenn ein erstgradiger Angehöriger bereits von einem Magenkarzinom betroffen war.

Eradikation und Endoskopie

Der aktuelle europäische Konsensus bezeichnet die Eradikation von H. pylori als die effektivste Maßnahme zur Magenkrebsprävention vor Beginn der Entwicklung einer schweren chronischen atrophen Gastritis, also wenn noch keine Metaplasie oder Dysplasie entstanden ist [Malfertheiner P et al. Gut. 2022;https://doi.org/10.1136/gutjnl-2022-327745]. Der Effekt schwächt sich mit zunehmendem Alter ab. Die Eradikation ist aber auch eine effektive Maßnahme zur Sekundärprävention nach einem ersten Magentumor. Bei asymptomatischen Personen mit betroffenen Familienmitgliedern wird ab einem Alter von 45 Jahren eine regelmäßige endoskopische Kontrolle zur Primärprävention empfohlen. Die endoskopische Kontrolle sollte auch bei fortgeschrittenen präneoplastischen Veränderungen der Magenschleimhaut nach H.-pylori-Eradikation durchgeführt werden.

Die H. pylori-Eradikation hat eine Kehrseite: Seit sie zur Prävention des Magenkarzinoms verbreitet durchgeführt wird, scheinen sich Karzinome am gastroösophagealen Übergang zu häufen, berichtete Michael Quante, Freiburg. Daneben führte er die Zunahme des Adenokarzinoms des Ösophagus insbesondere auf Lebensstilfaktoren und die Zunahme der Prävalenz der Adipositas zurück.

Barrett ist nicht alles

Die Barrett-Metaplasie gilt als der größte Risikofaktor für die Entwicklung eines Ösophagus-Adenokarzinoms. Daher wird eine endoskopische Kontrolle empfohlen, um Dysplasien früh erkennen und behandeln zu können. Allerdings ist die Progression zum Karzinom insgesamt doch selten (etwa 0,1 % pro Jahr). Das ist anders, wenn eine Dysplasie vorliegt (niedriggradig 1,5 %/Jahr, hochgradig 5-10 %/Jahr). Insgesamt ist der Anteil der von einem Magenkarzinom Betroffenen ohne Reflux oder Barrett-Ösophagus größer als die Risikogruppe derjenigen mit Barrett-Ösophagus [Hvid-Jensen F et al. N Engl J Med. 2011;365(15):1375-83]. "Da muss man schon fragen, ob wir die richtigen screenen", meinte Quante. Die wichtigste Prävention des Ösophaguskarzinoms ist die Vermeidung von Risikofaktoren für einen Barett-Ösophagus wie Übergewicht, Rauchen oder auch die Therapie einer großen Hiatushernie. Die H.-pylori-Infektion mindert das Risiko für Adenokarzinom des Ösophagus - ein Zwiespalt, der aktuell nicht aufgelöst werden kann.

Bericht vom 35. Deutschen Krebskongress (DKK) in Berlin vom 13. bis 16. November 2022