Bei vielen Männern mit kastrationsresistentem Prostatakarzinom und Knochenmetastasen wird auf Knochenprotektiva verzichtet. Vor allem bei High-Volume-Erkrankungen könnte diese Zurückhaltung schädlich sein.

Laut Leitlinie soll Patienten mit in den Knochen metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom (mCRPC) der RANK-Ligand-Antikörper Denosumab oder das Bisphosphonat Zoledronsäure angeboten werden. Ziel ist es, Skelettkomplikationen zu vermeiden oder hinauszuzögern. Inzwischen mehren sich Hinweise, dass die beiden Knochenresorptionshemmer ("bone resorption inhibitors", BRI) zusätzlich positive Auswirkungen auf das Überleben haben, und zwar auch bei gleichzeitiger leitliniengemäßer Tumortherapie.

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Knochenschutz könnte das Gesamtüberleben von Krebspatienten verbessern.

Laut einer retrospektiven Studie scheinen vor allem Patienten mit einer High-Volume-Erkrankung durch BRI einen Überlebensvorteil zu haben. Die Teilnehmer der Studie (745 konsekutive Patienten) hatten alle eine mCRPC-Erstlinientherapie mit Abirateron und Prednison erhalten. 216 von ihnen (29 %) waren außerdem mit einem BRI behandelt worden. Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug knapp 2 Jahre. Im primären Studienendpunkt (Gesamtüberleben, OS), lag die BRI-Gruppe deutlich vor der Gruppe ohne BRI (median 31,8 vs. 23,0 Monate). Das entsprach einem um 35 % reduzierten Risiko, während der Nachbeobachtungszeit zu sterben. Diese Risikoreduktion blieb nahezu unverändert erhalten (-34 %), wenn weitere Faktoren berücksichtigt wurden, die nachweislich das Überleben und das Auftreten von Skelettkomplikationen beeinflussen.

Welches BRI die Patienten erhalten hatten (Denosumab oder Zoledronat), spielte keine Rolle. Überdurchschnittlich groß war der BRI-assoziierte Unterschied bei Patienten, die eine High-Volume-Erkrankung hatten, bei denen also viszerale Metastasen und/oder mindestens 4 Knochenmetastasen, davon mindestens eine außerhalb von Wirbelsäule und Becken, bestanden. Mit BRI überlebten sie im Mittel 33,6, ohne nur 19,7 Monate - eine Risikoreduktion um 49 %. Patienten mit Low-Volume-Erkrankung profitierten im Hinblick auf das OS dagegen nicht von einer BRI-Therapie (mit BRI 31,8 und ohne 33,0 Monate).

Entgegen den Erwartungen war die Zeit bis zum Auftreten von Komplikationen am Knochen in der BRI-Gruppe insgesamt nicht länger, sondern kürzer (32,4 vs. 42,7 Monate). Auch hier gab es je nach Krankheitsausbreitung Unterschiede: Bei einer High-Volume-Erkrankung war das Risiko für skelettassoziierte Komplikationen unter BRI zumindest tendenziell reduziert, bei einer Low-Volume-Erkrankung war es dagegen mehr als verdoppelt. Die Risikoerhöhung können sich die Forschenden allerdings nicht erklären. Aufgrund der Daten zum Gesamtüberleben schließen die Forscher, "dass der Einsatz von BRI in Kombination mit Abirateron plus Prednison in der Erstlinientherapie des mCRPC von Nutzen sein kann". Aufgrund des retrospektiven Designs weist die Studie allerdings Schwächen auf. Unter anderem gab es keine Informationen zur Art der Komplikationen am Skelett, die etwa eine palliative Radiotherapie einschließen, die möglicherweise eher Patienten mit Low-Volume-Erkrankung zuteil wurde. Der Überlebensvorteil der BRI-Patienten sollte daher in prospektiven Studien überprüft werden.

Fazit: mCRPC-Patienten mit Knochenmetastasen profitieren wahrscheinlich von der Hinzunahme von BRI zur Erstlinientherapie: Mit BRI (Denosumab oder Zoledronat) überleben Patienten länger als ohne. Der größte Nutzen zeigt sich bei einer High-Volume-Erkrankung. In der retrospektiven Studie fehlten allerdings Angaben zur Art der Skelettkomplikationen.

Francini E et al. Association of Concomitant Bone Resorption Inhibitors With Overall Survival Among Patients With Metastatic Castration-Resistant Prostate Cancer and Bone Metastases Receiving Abiraterone Acetate With Prednisone as First-Line Therapy. JAMA Netw Open. 2021; 4: e2116536