Nahezu 50-75 % aller tumorbedingten Todesfälle könnten vermieden werden, wenn alle Maßnahmen der Prävention und Früherkennung ausgeschöpft würden. Nun planen das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) und die Deutsche Krebshilfe ein Nationales Krebspräventionszentrum.

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Das Symposium Vision Zero setzt sich ein für die Idee, keinen einzigen Krebstoten mehr akzeptieren zu wollen. Um dieser Vision nahe zu kommen, gilt es, den Hebel überall zugleich anzusetzen: beim Lebensstil, bei den Präventionsangeboten, bei der möglichst frühen Diagnostik, der Therapie, der Ursachenforschung und beim Studienstandort Deutschland. Im Rahmen dieses Symposiums stellte Karen Steindorf, Leiterin der Abteilung Bewegung, Präventionsforschung und Krebs am DKFZ in Heidelberg, das im Aufbau befindliche Nationale Krebspräventionszentrum vor.

Die Chancen und das Potenzial, die die Primärprävention biete, werden derzeit bei weitem nicht ausgeschöpft, erklärte Steindorf. Nach wie vor sei das Wissen um Primärprävention gering, in der Öffentlichkeit, im Gesundheitswesen, bei den Entscheidungsträgern und bei vielen weiteren Akteuren, die bei der Umsetzung eines solchen Projektes mitgenommen werden müssen. Ein Grund für die geringe Aufmerksamkeit, die der Prävention geschenkt werden, sei, dass sich präventives Handeln auf der Individualebene abspiele und Erfolge von Präventionsmaßnahmen für den Einzelnen nur schwer zu erleben seien. In den vergangenen Jahrzehnten, so Steindorf, sei daher viel Geld in die therapeutische Forschung geflossen - mit großem Erfolg. Das Budget für Prävention und Präventionsforschung sei dagegen seit Jahren nicht ausreichend. Auch im medizinischen Umfeld werde die Präventionsforschung eher stiefmütterlich behandelt. Zudem fehle es an Trägerinstitutuionen für umfassende multiprofessionelle und translationale Präventionsforschung und ihre Anwendungen. Dem hoffe man, mit dem Nationalen Krebspräventionszentrum entgegenzutreten.

Pioniereinrichtung im Sinne eines Comprehensive Prevention Centers

Das Nationale Krebspräventionszentrum sei gedacht als Pioniereinrichtung im Sinne eines "Comprehensive Prevention Centers" in Anlehnung an die Comprehensive Cancer Centers. Eine Säule werde eine Präventionsambulanz sein. Sie solle Anlaufstelle für die Bevölkerung sein. Ziel sei ein strukturiertes personalisiertes Präventionsangebot für jedermann, basierend auf individueller Risikoabschätzung und Früherkennung. Auch die Beratung zu Lebensstil und Lebensstiländerungen spielen Steindorf zufolge eine Rolle. Die Strategien sollen im Nationalen Krebspräventionszentrum erarbeitet, evaluiert und in der Breite implementiert werden. Die Idee dahinter sei, das Prinzip der Präventionsambulanz als Netzwerk über ganz Deutschland aufzubauen.

Bei der digitalen personalisierten Prävention - eine weitere Säule - stehe die gute und fundierte Erfassung von Daten im Vordergrund. Hier, so Steindorf, werde sicher auch auf E-Health-Systeme etwa auf Basis des Smartphones gesetzt. Nur wenn diese Daten mithilfe künstlicher Intelligenz auch genutzt werden können, kämen sie dann auch dem einzelnen Individuum zugute.

Darüber hinaus werden laut Steindorf Information und Kommunikation sowie Beratung in Sachen Prävention- etwa der Entscheidungsträger in der Politik - einen großen Raum einnehmen.

Ein weiteres Ziel sei die Ausbildung von Präventionsexperten, die sich national und global der Gesundheit widmen, denn: "Krebs kennt keine Grenzen", so Steindorf abschließend.

Bericht vom 6. Interdisziplinären Symposium der Reihe Innovations in Oncology "Vision Zero. Die Neuvermessung der Onkologie" am 20. Oktober 2020