Ein Bluttest auf Methylierungsmuster in zellfreier DNA eignet sich möglicherweise für ein generelles Krebsscreening. Allerdings ist die Sensitivität in frühen Tumorstadien recht gering.

Forscher um Michael Seiden vom Forschungsverbund "US Oncology" in Woodland, Texas, haben einen Test entwickelt, der in fortgeschrittenen Stadien mit hoher Genauigkeit feststellen kann, ob jemand an einem Tumor erkrankt ist und, wenn ja, an welchem.

Sie entwickelten den Test auf Basis des "Circulating Cell-free Genome Atlas" (CCGA) mit Plasmaproben von über 15.000 Teilnehmern. Von diesen sind 55 % an einem Tumor erkrankt; vertreten sind über 50 Tumorentitäten. Zusätzlich berücksichtigten sie Proben aus der Kohortenstudie STRIVE von Frauen ohne nachgewiesene Tumoren. Die Forscher analysierten zunächst die zirkulierende zellfreie DNA (cfDNA) von 3.000 Proben, wobei die Hälfte von Tumorpatienten stammte. Die cfDNA selbst ist allerdings nicht sehr tumorspezifisch, da auch normale Zellen cfDNA ins Blut abgeben. Die Forscher konzentrierten sich daher auf bestimmte Methylierungsmuster - diese sind bei Tumoren oft verändert, zudem weisen sie gewebespezifische Merkmale auf. Mithilfe der 3.000 Proben trainierten sie einen Algorithmus darauf, in den Mustern charakteristische Tumor- und Gewebemerkmale zu erkennen, also solche, die nur bei Tumorkranken und nur in bestimmten Geweben auftreten. Ausgewertet wurden über 100.000 DNA-Regionen mit rund 1,1 Millionen einzelnen Methylierungspositionen (CpG-Dinukleotide). Von jedem Tumorstadium (I-IV) waren ähnlich viele Proben vertreten.

Der Test ergab im Trainingsset eine sehr hohe Spezifität von 99,8 % und im Validierungsset von 99,3 % - es wurden also fast keine Gesunden fälschlicherweise als Krebspatienten klassifiziert; die Rate falsch positiver Ergebnisse geben die Forscher mit weniger 1 % an.

Ganz anders jedoch die Sensitivität: Diese hängt sehr stark vom Tumorstadium sowie der Tumorentität ab. Über alle Tumoren hinweg ergab sich eine Sensitivität von nur 18 % im Stadium I, 43 % im Stadium II, 81 % im Stadium III sowie 93 % im Stadium IV. Tumoren im sehr frühen Stadium werden von diesem Test also eher schlecht erkannt.

Immerhin gibt es einige Tumorentitäten mit einem sehr starken Methylierungssignal - hier sind die Unterschiede zwischen cfDNA aus Tumorzellen und normalen Zellen besonders groß. Dazu zählt etwa das Pankreaskarzinom. Dieses wurde schon mit einer Sensitivität von 63 % im Stadium I und 83 % im Stadium II erkannt. Da solche Tumoren klinisch meist sehr spät auffallen, könnte der cfDNA-Test hier besonders hilfreich sein.

Wird ein Tumor erkannt, lässt sich mit dem Test weitgehend unabhängig vom Stadium auch sagen, woher er kommt: 93 % der Tumorproben wurden dem richtigen Gewebe zugeordnet.

Fazit: Ein großer Vorteil des Tests ist die geringe Rate falsch-positiver Ergebnisse. Der Nutzen eines solchen Tests muss aber in weiteren Validierungsstudien geprüft werden. Immerhin scheinen die Methylierungsmuster präzisere Informationen zu liefern als reine cfDNA-Sequenzdaten mit Tumormutationen, geben die Forscher um Seiden zu bedenken.

Liu MC et al. Sensitive and specific multi-cancer detection and localization using methylation signatures in cell-free DNA. Ann Oncol. 2020; 31(6):745-59