Das Kalzium-bindende Protein Calretinin im Blut eignet sich vermutlich nicht nur als Biomarker für Mesotheliome. Auch beim Ovarialkarzinom konnte eine Korrelation mit der Prognose aber auch mit einer Platinresistenz festgestellt werden.

Calretinin (CRT) ist an der Kalzium-Signaltransduktion im Zytoplasma beteiligt, es wird vor allem in Neuronen exprimiert, aber auch in Zellen des Mesothels oder im Stroma der Ovarien. Dies macht man sich bei der Diagnostik von Mesotheliomen zunutze: CRT wird als immunhistochemischer Marker zur Abgrenzung von Adenokarzinomen genutzt, außerdem kann CRT im Blut wahrscheinlich die Früherkennung dieser Tumoren unterstützen.

Auch in bis zu 40 % der Ovarialkarzinome, vor allem vom serösen Subtyp, wird CRT produziert. Möglicherweise kann CRT bei diesen Tumoren als Blutmarker genutzt werden. In einer deutschen Studie erwies sich das Serum-CRT (sCRT) als unabhängiger Prädiktor sowohl für das Überleben der Patientinnen als auch für eine Platinresistenz der Tumoren. Die Forscher hatten mittels ELISA in Serumproben von 134 Patientinnen mit Ovarialkarzinom und 116 gesunden Frauen die CRT-Konzentration bestimmt. Die Proben der erkrankten Frauen waren bei der Erstdiagnose, überwiegend im FIGO("Fédération Internationale de Gynécologie et d'Obstétrique")-Stadium III oder IV, und zu verschiedenen Zeiten während der Therapie sowie bei einem Rezidiv gezogen worden.

Bei der Diagnosestellung waren die sCRT-Spiegel etwa 0,3 ng/ml höher als in der Kontrollgruppe, in der die Konzentration im Mittel etwa 0,2 ng/ml betrug. Damit wurde eine akkurate Unterscheidung zwischen Krebspatientinnen und gesunden Frauen möglich. Nach der tumorreduzierenden Operation ging die sCRT-Konzentration stark zurück, sie blieb aber selbst nach abgeschlossener Chemotherapie auf einem etwas höheren Niveau als bei den gesunden Frauen. Bei einem Rezidiv (n = 16) kam es zu einem erneuten Anstieg des sCRT.

Höhere sCRT-Spiegel bei Diagnosestellung korrelierten mit einer weiter fortgeschrittenen Erkrankung, einem ausgeprägteren Aszites sowie mit mehr Residuen nach operativer Tumorreduktion. Die Ausgangskonzentration an sCRT erwies sich zudem als unabhängiger Prognosefaktor: Hohe Werte waren im Vergleich zu niedrigen mit einem kürzeren progressionsfreien Überleben (Hazard Ratio [HR] 2,0) und einem kürzeren Gesamtüberleben (HR 15,4) assoziiert.

Auch für die Therapieplanung könnte der sCRT-Wert hilfreich sein: In der Studie war die Wahrscheinlichkeit einer primären Platinresistenz deutlich erhöht, wenn bei Diagnosestellung eine hohe Serumkonzentration an CRT gemessen wurde (Odds Ratio [OR] 5,0) oder wenn die Werte zwischen Operation und Chemotherapie nach oben gingen (OR 2,4).

Fazit: sCRT könnte ein zusätzlicher Blutmarker sein mit dem sich bei der Erstdiagnose eines Ovarialkarzinoms die Tumorlast und das Risikoprofil der Patientin sowie die Platinsensitivität des Tumors abschätzen ließen.

Link T et al. Serum calretinin as an independent predictor for platinum resistance and prognosis in ovarian cancer. Int J Cancer. 2019;146(9): 2608-18